Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft eines Grundsicherungsberechtigten
Orientierungssatz
1. Nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB 2 werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind.
2. Für einen Einpersonen-Haushalt gilt grundsätzlich eine Wohnfläche von 50 qm als angemessen.
3. Die zugrundeliegende Referenzmiete muss nach einem schlüssigen Konzept ermittelt werden. Dies ist der Fall, wenn es neben rechtlichen bestimmte methodische Voraussetzungen erfüllt und nachvollziehbar ist.
4. Hat der Grundsicherungsträger auf der Grundlage der durch den Mietspiegel gewonnenen Daten auf der Basis eines schlüssigen Konzepts die Angemessenheitsgrenze für die bei der Leistungsbewilligung zu berücksichtigenden Kosten der Unterkunft bestimmt, so ist dessen Bewilligungsbescheid nicht zu beanstanden. Dies gilt in gleicher Weise für die kalten Betriebskosten.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 25. Juli 2019 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Höhe der Kosten der Unterkunft und Heizung der Klägerin für den Zeitraum vom 01.01.2018 bis zum 31.12.2018.
Die 1967 geborene Klägerin bezieht seit 2005 vom Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Sie bewohnt seitdem durchgehend die Wohnung B-Str. 21 in Wuppertal. Der Beklagte übernahm die Kosten der Wohnung der Klägerin, die mit ihrem Sohn M O zusammenwohnte, zunächst vollständig iHv 516 EUR monatlich. Nach dem Auszug des Sohnes der Klägerin Ende 2007 wies der Beklagte mit Schreiben vom 23.04.2008 die Klägerin darauf hin, ihre Kaltmiete iHv 351,44 EUR übersteige die für eine Alleinstehende für angemessen gehaltene Kaltmiete iHv 222,75 EUR. Ab dem 01.11.2008 würden nur noch die angemessenen Kosten berücksichtigt. Die Klägerin teilte hierauf mit Schreiben vom 23.05.2008 mit, sie trage den Eigenanteil iHv 128,69 EUR zukünftig selbst, was ihr durch die Inanspruchnahme der "Wuppertaler Tafel" und die Reduzierung ihres Tabakkonsums möglich sei. Der Beklagte setzte die angekündigte Kürzung ab dem 01.11.2008 um. Nachdem der Beklagte aufgrund eines zwischenzeitlich erneuten Zuzugs des Sohnes zeitweise die tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung für die Wohnung der Klägerin übernommen hatte, forderte er die Klägerin mit Schreiben vom 05.11.2010 erneut zur Kostensenkung auf. Die nunmehr angemessene Kaltmiete belaufe sich auf 227,95 EUR, was sich aus dem aktuellen Wuppertaler Mietspiegel ergebe. Mit Schreiben vom 25.03.2011 kündigte der Beklagte an, ab dem 01.07.2011 nur noch eine Kaltmiete der Klägerin iHv 218,25 EUR zu berücksichtigen, und setzte diese Entscheidung in der Folge um. Ab dem 01.06.2012 erkannte der Beklagte, der nunmehr 50 m² statt 45 m² als angemessene Wohnfläche für Alleinstehende ansah, eine Kaltmiete iHv 242,50 EUR monatlich an. Grundlage für die Berechnung der Kaltmiete der Klägerin war in den Folgejahren durchgehend der auf der Basis des "Mietspiegels 2010" ermittelte Quadratmeterpreis iHv 4,85 EUR.
Zum 22.12.2016 wurde der "Mietspiegel 2016" der Stadt Wuppertal wirksam. Dieser war von der Stadt Wuppertal erstellt worden, begleitet vom Arbeitskreis Wuppertaler Mietspiegel, der maßgeblich von Mieter- und Vermieterverbänden getragen wird. Mit Erstellung des Mietspiegels war ein Gutachten gefertigt worden, in dem Datengrundlage, Datenerhebung und das Verfahren der Datenauswertung dargestellt werden. Der "Mietspiegel 2016" beruht hiernach maßgeblich auf einer Eigentümer- bzw. Vermieterbefragung. Er hatte eine Laufzeit bis zum 21.12.2018. Der zugrundegelegte Gebäudebestand basiert auf Daten der Abteilung "Statistik und Wahlen" der Stadt Wuppertal. Die hierdurch erstellte Gebäudedatei wurde um Gebäude, die nicht zu Wohnzwecken bestimmt sind oder als Wohnheim dienen, sowie um Einfamilienhäuser bereinigt. Die hierbei ermittelten 21.468 Gebäude wurden in Baualtersklassen eingeteilt, wobei die Baualtersklasse bis 1948 44,9 % des Bestands ausmachte und die späteren Baualtersklassen einen prozentual immer geringeren Anteil am Gesamtbestand hatten (im Einzelnen: Baualtersklasse 1: bis 1948, Baualtersklasse 2: 1949 bis 1960, Baualtersklasse 3: 1961 bis 1977, Baualtersklasse 4: 1978 bis 1989, Baualtersklasse 5: 1990 bis 2004, Baualtersklasse 6: 2005 und später). Die ab 1977 fertiggestellten Gebäude, die weniger als 10 % des Gebäudebestandes ausmachten, wurden "übergewichtet", d. h. überproportional einbezogen. Aus der so "bereinigten" Gebäudedatei wurde eine Zufallsstichprobe von 6.156 Gebäuden gezogen, die im Vergleich zum ungewichteten Gesamtbestand neuere Baualtersklassen verstärkt ausweist und den Anteil einzelner Stadtteile am Wohnungsbestand leicht verschiebt. Zu den Gebäuden ermittelte die Stadt Wuppertal 5.991 Anschriften von Wohnungseigentümern, wobei teilweise mehrere Wohnungseigentümer innerhalb ...