Entscheidungsstichwort (Thema)

Anforderungen an die Darlegungslast im Sozialgerichtsprozeß: Behauptung ins Blaue hinein

 

Orientierungssatz

Auch im sozialgerichtlichen Verfahren ist es, ebenso wie im Zivilprozess, unzulässig, eine Behauptung ohne Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich, gleichsam "ins Blaue hinein" aufzustellen; ein entsprechender Beweisantrag kann abgelehnt werden (hier: Bestreiten der befreienden Auszahlung eines Vorschusses nach § 42 SGB 1 an den zum Empfang von Geld bevollmächtigten Rechtsanwalt unter Behauptung einer Unterschlagung beim Arbeitsamt).

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 18.03.2008; Aktenzeichen B 11a AL 30/07 BH)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 23.08.2004 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist ein Zahlungsanspruch des Klägers gegenüber der Beklagten in Höhe von 14.000,00 DM (= 7.158,09 EUR) nebst 4 % Zinsen seit 11.12.1985.

Mit Urteil des Sozialgerichts (SG) Duisburg vom 04.03.1985 - S 6 Ar 70/84 - wurde die Beklagte verurteilt, dem Kläger ab 30.11.1981 Arbeitslosenhilfe zu gewähren. Das Urteil wurde bestandskräftig, die Berufung der Beklagten blieb erfolglos (LSG NRW vom 14.11.1985 - L 9 Ar 115/85).

Nach dem erstinstanzlichen Urteil wandte sich der damalige Bevollmächtigte des Klägers, Rechtsanwalt (RA) S, mit folgendem Schreiben vom 23.04.1985 an die Beklagte, zu Händen Herrn N:

"Sehr geehrter Herr N! Bezugnehmend auf die mit Ihnen geführte telefonische Unterredung überreiche ich Ihnen anliegend eine von Herrn Q unterzeichnete Prozessvollmacht, aus der sich auch meine Geldempfangsvollmacht ergibt. Für den Fall, dass gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 04.03.1985 ein Rechtsmittel eingelegt wird, darf ich Sie höflichst bitten, kurzfristig eine Abrechnung vorzunehmen und den auszuzahlenden Betrag auf mein angegebenes Postscheckkonto zu überweisen. Sollte sich die Ausrechnung längere Zeit hinziehen, darf ich Sie höflichst bitten, vorab einen angemessenen Vorschuss auf mein angegebenes Postscheckkonto zu überweisen." ..."Gleichzeitig darf ich Sie bitten, mir die Bescheide über die Gewährung von Arbeitslosenhilfe zu zusenden."

Die beiliegende Vollmacht datierte vom 23.04.1985 und war vom Kläger unterschrieben. Im Betreff hieß es: In Sachen Q./. Arbeitsamt P wegen Arbeitslosenhilfe. Sie ermächtigte auch zur Empfangnahme von Geldern. Das Original des Schreibens vom 23.04.1985 und der Vollmacht befindet sich in der Klagehandakte der Beklagten zum Verfahren SG Duisburg - S 6 Ar 70/84 - S. 119. Zur Auszahlung an RA S kam es zunächst nicht. Nach Ende des Berufungsverfahrens bat RA S ausweislich eines Aktenvermerks vom 11.12.1985 um sofortige Vorschusszahlung. Nach dem Vermerk wurde ihm ein Vorschuss in Höhe von 14.000,00 DM zugesagt. RA S legte eine Vollmacht vom 04.12.1985 vor, die die Unterschrift des Klägers trägt und auch zur Empfangnahme von Geldern berechtigt.

In einem Schreiben der Beklagten an den Kläger vom 11.12.1985, dass diesem am selben Tag persönlich ausgehändigt wurde, heißt es:

"Unter Bezugnahme auf unsere telefonische Unterredung vom 11.12.1985 und der Vorlage der auf Sie ausgestellten Geldempfangsvollmacht erhalten Sie mittels Barzahlung eine Vorschusszahlung im Sinne des § 42 Abs. 1 SGB I in Höhe von 14.000,00 DM für den Leistungszeitraum vom 29.11.1981 bis 30.09.1982."

Dementsprechend wurden am 11.12.1985 zwei Sonderzahlungsverfügungen in Höhe von 9.000,00 EUR und 5.000,00 DM veranlasst, die durch Barzahlung oder durch Aushändigung eines Barschecks ausgeführt wurden. Eine Durchschrift des Schreibens an RA S vom 11.12.1985 wurde dem Kläger mit Postzustellungsurkunde mit der Bitte um Mitteilung zugestellt, ob die von ihm an RA S erteilte Geldempfangsvollmacht weiterhin aufrecht erhalten bleibe.

Am 19.12.1985 gaben die Eheleute Q bei einer persönlichen Vorsprache bei der Beklagten die Erklärung ab, dass der noch ausstehende Nachzahlungsbetrag dem Kläger persönlich mittels LZB-Barschecks ausgezahlt werden solle.

Am selben Tag ergingen die Bewilligungsbescheide vom 19.12.1985 für die jeweiligen Bewilligungsabschnitte für die Zeit vom 29.11.1981 bis Mitte 1985 unter Ermittlung eines Anrechnungsbetrages aus dem Einkommen der Ehefrau. Teilweise waren Erstattungsansprüche des Sozialamts zu befriedigen. Teilweise lagen Pfändungen vor. Einem Bearbeitungsbogen zur Berechnung von Nachzahlungsbeträgen in der den Kläger betreffenden Leistungsakte der Beklagten vom 18.12.1985 für die Zeit vom 01.10.1984 bis 30.09.1985 ist zu entnehmen, dass sich für diesen Zeitraum ein Gesamtnachzahlungsbetrag in Höhe von 18.154,97 DM ergab, abzüglich Sozialamtsleistung von 1.881,60 DM und einer Pfändung des RA M in Höhe von 262,98 DM. Daraus ergab sich der Auszahlungsbetrag in Höhe von 16.010,39 DM. Ein weiterer Bearbeitungsbogen für die Gesamtzeit vom 29.11.1981 bis 30.09.1985 enthält den Gesamtnachz...

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