Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluss eines Anspruchs auf Bewilligung eines Mehrbedarfs wegen Kinderbetreuung durch den Grundsicherungsträger
Orientierungssatz
Kosten der Kinderbetreuung sind unter dem Gesichtspunkt der Bewilligung eines Mehrbedarfs i. S. von § 21 Abs. 6 S. 2 SGB 2 nicht vom Grundsicherungsträger zu übernehmen. Das ergibt sich aus dem in § 10 Abs. 3 S. 1 SGB 8 statuierten Vorrang des SGB 8 vor dem SGB 2. Ein entsprechender Anspruch scheidet bereits dem Grunde nach wegen des Vorrangs des Jugendhilferechts aus. Im Übrigen ist bei zu verneinender Härtefallkonstellation ein Anspruch nach § 21 Abs. 6 SGB 2 zu verneinen.
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dortmund vom 28.08.2018 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob der Beklagte Kinderbetreuungskosten zu übernehmen hat.
Die Kläger zu 1) und 2) bezogen 2014 in Bedarfsgemeinschaft mit dem 2005 geborenen Kläger zu 3), dem 2007 geborenen Kläger zu 4), der 2008 geborenen Klägerin zu 5), dem 2009 geborenen Kläger zu 6), dem 2011 geborenen Kläger zu 7), der 2012 geborenen Klägerin zu 8) und der 2013 geborenen Klägerin zu 9) vom Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Mit Bescheid vom 28.04.2014 bewilligte der Beklagte Leistungen vom 01.05.2014 bis zum 31.10.2014. Änderungsbescheide ergingen am 19.05.2014, 03.06.2014, 11.07.2014 und 19.08.2014, die geringfügige Änderungen des Leistungsanspruchs zum Gegenstand hatten. Am 22.05.2014 beantragten die Kläger beim Beklagten eine Zusicherung zur Kostenübernahme für einen Umzug aus ihrer bisherigen Wohnung H-Str. 3 in die H-Str. 2 in M und am 19.06.2014 darüber hinaus die Übernahme von Kosten für die Kinderbetreuung während ihres für den 03.07.2014 geplanten Umzuges. Die Kläger zu 1) und 2) müssten beim Umzug zugegen sein und könnten sich nicht um die Kläger zu 3) bis 9) kümmern, die nicht über Betreuungsplätze verfügten. Die Betreuung der Kläger zu 3) und 4) müsse an den Umzugstagen für die Zeit nach der Schule stattfinden, die Betreuung der Kläger zu 5) bis 9) von 7 bis 15 Uhr. Mit Schreiben vom 30.06.2014 stellten die Kläger klar, einen Anspruch auf Kinderbetreuungskosten auch über den Zeitraum des Umzuges hinaus geltend zu machen. Soweit die Stadt M keine Betreuung anbiete, würden Kosten für die Ersatzbeschaffung gemäß § 16 a SGB II geltend gemacht, "um dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stehen". Wenn der Beklagte der Auffassung sei, die Kosten seien durch die Stadt M zu übernehmen, werde um Weiterleitung des Antrages gebeten. Ab dem 01.07.2014 werde die Betreuung durch einen "qualifizierten Babysitter" wahrgenommen. Die Kosten betrügen 9 EUR pro Stunde je Kind. Anträge für die Betreuung der Kinder im Rahmen der frühkindlichen Förderung seien gestellt, die Klägerin zu 5) habe ab dem 01.08.2014 einen Kita-Platz.
Die Kläger zogen am 03.07.2014 und 04.07.2014 von der Wohnung H-Str. 3 in M in die Wohnung H-Str. 2 in M. Gemäß einem Aktenvermerk vom 21.07.2014, der auf Angaben eines Mitarbeiters des von den Klägern betrauten Umzugsunternehmen beruht, waren die Kläger zu 1) und 2) während des Umzugs nicht anwesend, sondern gingen spazieren. Mit Schreiben vom 09.07.2014 beantragten die Kläger durch das Sozialberatungszentrum M beim Beklagten über die bereits geltend gemachte Übernahme der Betreuungskosten an den Umzugstagen hinaus die generelle Übernahme von Kinderbetreuungskosten für die Kläger zu 5) bis 9) bis zur Zuweisung eines Betreuungsplatzes. Unabhängig von einem Anspruch nach dem SGB VIII bestehe dieser auch als Mehrbedarf nach dem SGB II. Die Kostenübernahme wurde auch bei der Stadt M beantragt, der Beklagte werde aber vorrangig in der Leistungspflicht gesehen. Mit Schreiben ebenfalls vom 09.07.2014 beantragten die Kläger bei der Stadt M die Übernahme von Betreuungskosten bis zur Zuweisung eines Betreuungsplatzes.
Mit Bescheid vom 11.07.2014 lehnte der Beklagte den Antrag auf Bewilligung eines Mehrbedarfs für die Kinderbetreuung ab. Er habe bei seiner Entscheidung auch die Bescheide vom 19.05.2014 und 03.06.2014 überprüft. Der Mehrbedarf sei nicht anzuerkennen, weil es sich bei der Betreuung von Kindern nicht um eine atypische Lebenslage handele.
Am 19.08.2014 erhoben die Kläger, vertreten durch das Sozialberatungszentrum M, Widerspruch gegen den Bescheid vom 11.07.2014. Sie nahmen weiterhin Bezug auf § 21 Abs. 6 SGB II.
Die Stadt M lehnte den Antrag auf Übernahme der Kinderbetreuungskosten mit Bescheid vom 21.08.2014 ab. Bei der von den Klägern in Anspruch genommenen Betreuung durch die Firma "N" handele es sich nicht um eine frühkindliche Förderung nach § 24 Abs. 2 SGB VIII in einer Tageseinrichtung oder Kindertagespflege oder um eine Förderung in einer Tageseinrichtung auf der Grundlage von § 24 Abs. 3 SGB VIII, denn diese verfüge nicht über eine dementsprechende Erlaubnis. Ein Anspruch auf einen Betreuungsplatz sei indes noch nich...