Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zur Erbringung bestimmter ärztlicher Leistungen
Orientierungssatz
1. Die vertragsärztliche Versorgung gliedert sich in einen hausärztlichen und einen fachärztlichen Versorgungsbereich. Allgemeinärzte, die im Wesentlichen spezielle Leistungen erbringen, können die Genehmigung zur ausschließlichen Teilnahme an der fachärztlichen Versorgung durch den Zulassungsausschuss beantragen. Ausnahmen vom Trennungsprinzip sind nur in einem engen Rahmen zulässig.
2. Der Zulassungsausschuss kann Allgemeinärzten und Ärzten ohne Gebietsbezeichnung, die im Wesentlichen spezielle Leistungen erbringen, die Genehmigung zur ausschließlichen Teilnahme an der fachärztlichen Versorgung erteilen, wenn eine bedarfsgerechte Versorgung nicht gewährleistet ist.
3. Bei der Einschätzung des Versorgungsbedarfs steht den zuständigen Gremien ein gerichtlich nur eingeschränkter Beurteilungsspielraum zu. Die bedarfsgerechte Versorgung ist dann nicht gewährleistet, wenn der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad bei der Arztgruppe der fachärztlichen Internisten nicht nur vorübergehend unterschritten wird.
4. Bei der Entscheidung über eine Sonderbedarfszulassung müssen sich die Zulassungsgremien ein genaues Bild der Versorgungslage im betroffenen Planungsbereich machen und ermitteln, welche Leistungen in welchem Umfang zur Wahrung der Qualität der versorgungsärztlichen Versorgung im Planungsbereich erforderlich sind, von den dort zugelassenen Ärzten aber nicht angeboten werden.
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgericht Duisburg vom 17.09.2008 abgeändert. Der Beklagte wird unter Aufhebung seines Beschlusses vom 04.06.2008 verpflichtet über den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid des Zulassungsausschusses vom 05.03.2008 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senates neu zu entscheiden. Der Beklagte und der Beigeladene zu 7) tragen die Kosten beider Rechtszüge zu je 1/2 als Gesamtschuldner. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob dem Beigeladenen zu 7) zu Recht eine Ausnahmeregelung nach § 73 Abs. 1a Sozialgesetzbuch 5. Buch (SGB V) hinsichtlich bestimmter gastroenterologischer und koloskopischer Leistungen erteilt worden ist.
Der 1974 geborene Beigeladene zu 7) ist seit 2006 Arzt für Innere Medizin und führt seit Mai 2007 die Schwerpunktbezeichnung "Gastroenterologie". Seit dem 01.07.2007 ist er als Facharzt für Innere Medizin mit Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung in Berufsausübungsgemeinschaft mit seinem Vater, Dr. X M, für den Vertragsarztsitz am O 00 in X zugelassen (Beschlüsse des Zulassungsausschusses für Ärzte - Düsseldorf - Kammer II vom 20.06.2007). Einen Antrag auf Teilnahme an der fachärztlichen internistischen Versorgung in X lehnten die Zulassungsgremien unter Hinweis darauf ab, dass kein Bedarf bestehe. Die hiergegen gerichtete Klage (S 19 KA 8/07 Sozialgericht (SG) Duisburg) endete durch Erledigungserklärung am 16.08.2007. Dem lag zu Grunde, dass der Zulassungsausschuss (Beschluss vom 25.07.2007) den Beigeladenen zu 7) mit Wirkung ab dem 26.07.2007 im Rahmen des Sonderbedarfs zur Erbringung ausschließlich gastroenterologischer Leistungen für den Vertragsarztsitz K-M1-Str. 0 in X zugelassen hatte. Auf den Widerspruch der Klägerin hob der Beklagte den Beschluss des Zulassungsausschusses auf. Die hiergegen gerichtete Klage des Beigeladenen zu 7) hatte Erfolg (Urteil des Sozialgerichts (SG) Duisburg vom 17.09.2008 - S 19 KA 1/08 -). Auf die Berufung der Klägerin ist der Beklagte zur Neubescheidung verurteilt worden (Senatsurteil vom 11.02.2009 - L 11 KA 98/08 -).
Mit Beschluss vom 05.03.2008 erteilte der Zulassungsausschuss dem Beigeladenen zu 7) eine Ausnahmegenehmigung nach § 73 Abs. 1a Satz 3 SGB V als Facharzt für Innere Medizin mit der Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung für Leistungen nach den Ziffern 01741, 01742, 13400 bis 13402 sowie 13421 bis 13424 EBM befristet bis zum 31.12.2010. Zur Begründung führte der Zulassungsausschuss u.a. aus: Die Anzahl der für den Bereich X ausgesprochenen Ermächtigungen zeige einen Bedarf für koloskopische und gastroskopische Leistungen auf. Die an Xer Krankenhäusern ermächtigten Ärzte erbrächten keine Leistungen nach der EBM-Ziffer 13421. Auch für kurative Koloskopien bestehe in X ein Bedarf, denn dem Ausschuss sei kein in X niedergelassener Arzt bekannt, der solche Leistungen anbiete oder abrechne. Den teilweise älteren Patienten sei nach einer Vorbereitung zur Koloskopie der weite Weg zu den in E niedergelassenen Gastroenterologen Dr. F-T/L nicht zuzumuten.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch begründete die Klägerin damit, dass der Beigeladene zu 7) als Internist zur Teilnahme an der hausärztlichen Versorgung zugelassen sei. Die genehmigten Leistungen seien nicht dem hausärztlichen Versorgungsbereich zugeordnet. Gastroenterologische Leistungen würden im Planungsbereich X durch den in N niedergelassenen Internisten Dr. Q sowie durch die Beruf...