nicht rechtskräftig
Verfahrensgang
SG Köln (Entscheidung vom 11.03.2003; Aktenzeichen S 9 KR 49/02) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 11.03.2003 geändert. Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten für einen schwenkbaren Autositz.
Die bei der Beklagten versicherte 1964 geborene Klägerin leidet an einer chronischen Polyarthritis, die zu einer massiven Gelenkdeformität mit einer hochgradigen Gebrauchsunfähigkeit der großen Gelenke geführt hat. Wegen der Erkrankung kann sie weder gehen noch stehen und ist ständig auf den Gebrauch eines Rollstuhls angewiesen. Der Rollstuhl der Klägerin ist mit einem Hilfsantrieb ausgestattet, ferner verfügt sie über ein sogenanntes Rollfiets. Nach ihrer Angabe kann sie wegen der Behinderung an den Händen keinen Elektrorollstuhl bedienen.
Einen Antrag der Klägerin auf Gewährung eines elektrisch verstellbaren Autoschwenksitzes lehnte die Beklagte zunächst mit Schreiben vom 26.08.2000 ab, da eine Einstiegshilfe für ein Kraftfahrzeug keine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung sei. In diesem Schreiben verwies sie auf einen möglichen Anspruch auf Eingliederungshilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz. Nachdem der Landschaftsverband Rheinland mit Bescheid vom 07.11.2000 einen entsprechenden Antrag der Klägerin abgelehnt hatte, weil für Fahrten zu Arztterminen und stationären Behandlungen die Zuständigkeit der Beklagten gegeben und für den privaten Bereich kein von der Sozialhilfe zu deckender Bedarf erkennbar sei, beantragte die Klägerin bei der Beklagten erneut diese Leistung.
Mit Bescheid vom 19.12.2000 lehnte die Beklagte den Antrag wiederum unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 06.08.1998 (SozR 3-2500 § 33 Nr. 29) ab. Die Benutzung eines KFZ sei kein Grundbedürfnis im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung, so dass die behindertengerechte Ausstattung eines KFZ als Hilfsmittel nicht in Betracht komme. Für Fahrten zu Arztterminen könnten öffentliche Verkehrsmittel, ggf. bei medizinischer Notwendigkeit ein Krankentransportwagen benutzt werden. Mit ihrem Widerspruch machte die Klägerin geltend, sie könne mit ihrem Rollstuhl öffentliche Verkehrsmittel nicht benutzen. Die Kosten für die Fahrten zu Arztterminen seien langfristig höher als der beantragte Schwenksitz. Mit Widerspruchsbescheid vom 14.02.2002 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Klägerin hat sich schon vor Erlass des Widerspruchsbescheides den Schwenksitz selbst beschafft, hierfür sind ihr Kosten in Höhe von 6.200,00 DM (3.170,01 Euro) entstanden.
Zur Begründung der Klage hat die Klägerin vorgetragen, sie benötige den Autoschwenksitz vor allem für Fahrten zu Arztterminen, bei denen sie öffentliche Verkehrsmittel nicht benutzen könne.
Das Sozialgericht hat Berichte von dem Arzt für Allgemeinmedizin Dr. N vom 23.08.2002, von dem Orthopäden Dr. B vom 04.09.2002 und von dem Arzt für Allgemeinmedizin Dr. B1 vom 21.10.2002 eingeholt. Alle Ärzte haben bestätigt, dass die Klägerin nicht in der Lage ist, in ein Fahrzeug allein einzusteigen. Sie sei auch außerhalb ihres Hauses ständig auf fremde Hilfe angewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf die genannten Berichte verwiesen.
Mit Urteil vom 11.03.2003 hat das Sozialgericht die Beklagte antragsgemäß zur Erstattung der für die Beschaffung des Autoschwenksitzes entstandenen Kosten verurteilt. Es hat gemeint, dieser sei zur Befriedigung elementarer Grundbedürfnisse erforderlich, und auf die Entscheidung des 8. Senats des BSG vom 26.02.1991 (SozR 3-2500 § 33 Nr. 3) hingewiesen.
Die Beklagte vertritt im Berufungsverfahren die Auffassung, nach dem Urteil des BSG vom 06.08.1998 zähle das eigenständige Führen eines PKW nicht zu den von der Krankenversicherung zu befriedigenden Grundbedürfnissen. Insoweit könne es keinen Unterschied machen, ob der PKW selbst geführt oder als Beifahrer genutzt werde. Im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung hätten die Kassen nur die Hilfsmittel zur Verfügung zu stellen, die zur Erschließung eines gewissen körperlichen Freiraums im Sinne eines Basisausgleichs erforderlich seien, wobei Besonderheiten am Wohnort des Versicherten unbeachtlich seien.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 11.03.2003 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und meint, die Entscheidung des BSG vom 06.08.1998 betreffe nur die Frage, ob das selbständige Führen eines PKW ein Grundbedürfnis sei. In ihrem Fall sei jedoch der Schwenksitz zur Schaffung eines körperlichen Freiraums notwendig, denn sie könne ohne fremde Hilfe sich weder mit dem Rollstuhl noch dem PKW fortbewegen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewese...