Entscheidungsstichwort (Thema)

Ermittlung der Rechtsanwaltsgebühr im Vorverfahren nach dem Gegenstandswert

 

Orientierungssatz

1. Die Behörde, die die Kostenentscheidung getroffen hat, setzt auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest. Hat ein Ausschuss die Entscheidung getroffen, obliegt die Kostenfestsetzung der Behörde, bei der der Ausschuss gebildet ist.

2. Zulassungs- und Berufungsausschuss sind als Gremien der gemeinsamen Selbstverwaltung von Ärzten und Krankenkassen rechtlich und organisatorisch verselbständigt und nicht den Kassenärztlichen Vereinigungen als Rechtsträger zugeordnet.

3. Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts für dessen Tätigkeit im Verfahren richten sich bis zum Inkrafttreten des RVG am 1. 7. 2004 nach der BRAO. Sofern eine Materie betroffen ist, bei der sich die Anwaltsgebühren in einem sozialgerichtlichen Verfahren nach dem Gegenstandswert richten, errechnen sich die Anwaltsgebühren für das Widerspruchsverfahren ebenfalls auf der Grundlage des Gegenstandswertes.

4. Der Gegenstandswert richtet sich auch im Widerspruchsverfahren nach der für den Betroffenen sich ergebenden Bedeutung der Sache. Abzustellen ist auf dessen wirtschaftliches Interesse an der erstrebten Entscheidung und ihren Auswirkungen.

 

Normenkette

SGB X § 63 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 1 2. Hs; RVG § 23 Abs. 3; BRAGO § 116 Abs. 2, § 8 Abs. 2 S. 2, § 12

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin werden die Urteile des Sozialgerichts Köln vom 19.07.2006 abgeändert. Die Beschlüsse des Beklagten vom 22.12.2004 betreffend die Widerspruchsverfahren 159/01 und 197/01 werden abgeändert. Die der Beigeladenen zu 5) zu erstattenden Kosten für das Widerspruchsverfahren 159/01 werden auf 1.320,66 Euro festgesetzt, die der Beigeladenen zu 5) zu erstattenden Kosten für das Widerspruchsverfahren und 197/01 werden auf 1.294,27 Euro festgesetzt. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, in welcher Höhe der Beigeladenen zu 5) in Vorverfahren entstandene Kosten zu erstatten sind.

Die Beigeladene zu 5) ist auf die Behandlung von Patienten mit schweren Formen der familiären Hypercholesterinämie mittels LDL-Apherese spezialisiert. Sie wurde über ca. 20 Jahre regelmäßig zur Durchführung der LDL-Apherese ermächtigt, wobei die Ermächtigungen jeweils auf zwei Jahre befristet waren. Dementsprechend war die Beigeladene zu 5) mit Beschluss des Zulassungsausschusses vom 16.06.1999 zur Durchführung der LDL-Apherese auf Überweisung von allen Vertragsärzten bis zum 30.06.2001 ermächtigt worden.

Unter dem 16.03.2001 beantragte sie die Verlängerung der Ermächtigung. Diesem Antrag gab der Zulassungsausschuss nicht statt; er stellte vielmehr fest, dass die bis zum 30.06.2001 befristete Ermächtigung mit dem 30.06.2001 ende (Beschluss vom 13.06.2001); die beantragten Leistungen würden von niedergelassenen Ärzten erbracht und sichergestellt. Dagegen legte die Beigeladene zu 5) mit Schreiben vom 25.06.2001 und - nunmehr anwaltlich vertreten - mit Schreiben vom 24.07.2001 Widerspruch ein. Das Widerspruchsverfahren wurde vom Beklagten unter dem Aktenzeichen (Az.) W 159/01 geführt.

Mit Beschluss vom 18.07.2001 erteilte der Zulassungsausschuss der Beigeladenen zu 5) eine Ermächtigung zur Durchführung der LDL-Apherese für sechs Monate (vom 01.07.2001 bis zum 31.12.2001) begrenzt auf 8 Patienten. Auch gegen diese Entscheidung legte die Beigeladene zu 5) Widerspruch ein; der Beklagte führte dieses Verfahren unter dem Az. W 197/01.

Mit weiterem Beschluss vom 19.09.2001 "berichtigte" der Zulassungsausschuss seinen Beschluss vom 18.07.2001: Die Beschränkung auf die Behandlung von 8 Patienten sei offensichtlich fehlerhaft, da für weitere Patienten Leistungsbescheide der Krankenkassen vorlägen. Es verbleibe allerdings bei der Befristung der Ermächtigung zum 31.12.2001. Mit ihrem Widerspruch begehrte die Beigeladene zu 5) eine Befristung der Ermächtigung bis zum 30.06.2003. Der Beklagte hat dieses Verfahren unter dem Az. W 280/01 erfasst.

In seiner Sitzung vom 31.10.2001 verband und verhandelte der Beklagte die drei o.a. Verfahren und befristete sodann mit bindend gewordenem Beschluss die Ermächtigung der Beigeladenen zu 5) bis zum 31.12.2002.

Die Beigeladene zu 5) beantragte daraufhin die Erstattung der ihr in den Verfahren entstanden Kosten, und zwar letztlich für das Verfahren W 159/01 in Höhe von (i.H.v.) 7.712,84 EUR, für das Verfahren W 197/01 i.H.v. 7.669,92 EUR (beide nach einem Gegenstandswert von 570.000 EUR) und für das Verfahren W 280/01 i.H.v. 2.951,04 EUR (Gegenstandswert 380.000 EUR), alle "beruhend auf durch Abrechnungsbescheide der KVNo nachgewiesene Behandlungsentgelte". Auf den Kostenantrag entschied der Beklagte, dass der Beigeladenen zu 5) ¾ der entstanden Kosten zu erstatten seien. Die Quotelung beruhe darauf, dass Ziel der Beigeladenen zu 5) eine Ermächtigung bis zum 30.06.2003 gewesen sei; Erfolg habe sie aber nur zu ¾, nämlich Ermächtigung bis zum 31.12.2002, ge...

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