Entscheidungsstichwort (Thema)

Bemessung der Geschäftsgebühr für die anwaltliche Tätigkeit in einem Widerspruchsverfahren über ein defensives vertragsärztliches Konkurrentenverfahren

 

Orientierungssatz

1. Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts für die Tätigkeit im Vorverfahren, die grundsätzlich erstattungsfähig sind, ergeben sich aus den Bestimmungen des anwaltlichen Gebührenrechts.

2. Der Gegenstandswert richtet sich auch im Widerspruchsverfahren grundsätzlich nach der sich aus dem Antrag des Widerspruchsführers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache. Abzustellen ist auf das wirtschaftliche Interesse des Widerspruchsführers an der erstrebten Entscheidung und ihren Auswirkungen. Steht der Wert des Streitgegenstandes nicht fest, so ist er nach § 23 Abs. 3 S. 2 1. HS. RVG nach billigem Ermessen zu bestimmen. Der Rückgriff auf den Auffangstreitwert ist nur statthaft, wenn sich ausreichende Anhaltspunkte für eine Schätzung nicht finden lassen, vgl. Beschluss vom 29. August 2011 - L 11 KA 27/11 B.

3. Bei der sog. defensiven Konkurrentenklage ist das zugrunde liegende wirtschaftliche Verhinderungsinteresse schwer zu beziffern, weil es nicht spiegelbildlich zu dem wirtschaftlichen Interesse des Arztes ist, der von der Zulassung Gebrauch machen möchte. Darf ein konkurrierender Vertragsarzt bestimmte ärztliche Tätigkeiten nicht mehr ausüben und erhält er damit dafür keine Vergütung, so kann auf den entsprechenden Honorarbetrag hinsichtlich der Nichterweiterung der Ermächtigung zurückgegriffen werden. Damit ist eine Zugrundelegung des Auffangstreitwertes ausgeschlossen.

4. Bei einer als schwierig zu bewertenden anwaltlichen Tätigkeit und einem erheblich überdurchschnittlichen Umfang ist bei einem Gebührenrahmen von 0,5 bis 2,5 die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG mit einem Gebührenwert von 2,0 angemessen festzusetzen.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beigeladenen zu 5) wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 23.03.2012 abgeändert. Die den Klägern für das Widerspruchsverfahren Nr. 27/09 zu erstattenden Kosten werden unter Abänderung des Beschlusses des Beklagten vom 17.02.2010 auf 1.210,47 EUR festgesetzt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Beklagte und die Beigeladene zu 5) tragen die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens zu je ½ als Gesamtschuldner. Der Kläger und die Beigeladene zu 5) tragen die Kosten des Berufungsverfahrens zu ½.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Frage, in welcher Höhe den Klägern in einem Vorverfahren entstandene Kosten zu erstatten sind.

Die Kläger sind im Planungsbereich Kreis F zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Fachärzte für Urologie. Die Kläger zu 1) und 2) führten im vorliegend relevanten Zeitraum eine Büroausübungsgemeinschaft im Jobsharing; der Kläger zu 3) war Mitglied einer fachgruppenübergreifenden Berufsausübungsgemeinschaft.

Mit Beschluss vom 16.12.2008 erteilte der Zulassungsausschuss für Ärzte Köln dem Chefarzt der urologischen Abteilung am Krankenhaus N Dr. O erneut eine auf die Zeit vom 01.01.2009 bis 31.12.2010 begrenzte Ermächtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung. Ermächtigungsinhalt war:

"Die Ermächtigung lautet ab dem 01.01.2009 nun wie folgt:

1. auf Überweisung der am Hause tätigen Chefärzte/-innen im Rahmen deren Ermächtigung sofern die Untersuchung in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Untersuchung durch den Auftraggeber notwendig ist:

konsiliarische Beratung von an der Kreiskrankenhaus N GmbH ermächtigten Ärzten/-innen und erforderlichenfalls Untersuchung des/der überwiesenen Patienten/-in, unter Berücksichtigung der bereits erhobenen und mitgegebenen Befunde, nach den Nrn. 01310, 01311, 01312, 01601, 02100, 26310, 26311, 26312, 26313, 26341, 32030, 32031, 33043, 33090 und 40122 EBM,

2. auf Überweisung von zugelassenen Fachärzten/-innen für Urologie:

a) konsiliarische Beratung eines/einer niedergelassenen Vertragsarztes/-ärztin und erforderlichenfalls Untersuchung des/der überwiesenen Patienten/-in unter Berücksichtigung der ambulant erhobenen und mitgegebenen Befunde, nach den Nrn. 01310, 01311, 01312, 01601, 26310, 26311, 26312, 26313, 26341, 32030, 32031, 33043, 33090 und 40122 EBM,

b) ambulante Operationen nach der Nr. 26350 EBM,

c) einmalige ambulante Nachbehandlung innerhalb von 6 Wochen nach der stationären Krankenhausbehandlung. (Unter Beachtung des § 115 a SGB V, frühestens 15 Tage nach dem stationären Aufenthalt. Der Tag der Entlassung aus dem Krankenhaus ist auf dem Behandlungsausweis zu vermerken.), nach den Nrn. 01310, 01311, 01312, 01601, 02101, 26310, 26311, 26312, 26313, 26325, 26330, 26340, 26341, 32030, 32031, 33043, 33090 und 40122 EBM,

d) die Durchführung besonderer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, begrenzt auf:

1. Wechsel eines Nierenfistelkatheters nach der Nr. 26325 EBM,

2. Kalibrierung / Bougierung der Harnröhre nach der Nr. 26340 EBM,

3. die Durchführung der extrakorporalen Stoßwellenlithotripsie von Harnsteinen nach der Nr. 26330 EBM,

4. ambulante Chemoth...

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