Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche bzw vertragspsychotherapeutische Versorgung. Nachbesetzung. Arztstelle eines ärztlichen Psychotherapeuten mit psychologischem Psychotherapeuten. Fachgebietsidentität. Tätigkeitsspektrum. Medizinisches Versorgungszentrum. Quotenregelung

 

Orientierungssatz

Zwischen einem ausscheidendem Vertragsarzt und seinem präsumtiven Nachfolger muss keine völlige Fachgebietsidentität bestehen. Es reicht aus, wenn das Tätigkeitsspektrum des neuen Angestellten dem des vorigen im Wesentlichen entspricht. Dies ist bei ärztlichen und psychologischen Psychotherapeuten der Fall (vgl LSG Essen vom 21.6.2010 - L 11 B 26/09 KA ER).

 

Normenkette

SGB V § 95 Abs. 2, § 103 Abs. 4a S. 5, § 101 Abs. 4 S. 5

 

Tenor

Die Berufung der Beigeladenen zu 7) gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 11.05.2011 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte und die Beigeladene zu 7) tragen die Gerichtskosten und die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin im zweiten Rechtszug zu je 1/2.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten, ob der Beklagte der Klägerin die Genehmigung zur Anstellung Psychologischer Psychotherapeuten versagen darf.

Die Klägerin ist Trägerin des Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) "advitam" mit Sitz in E. In diesem waren u.a. die Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie Dr. S M und die psychotherapeutisch tätige Ärztin F N beschäftigt.

Im Juni 2009 beantragte die Klägerin beim Zulassungsausschuss für Ärzte - Bereich Psychotherapie - (Zulassungsausschuss) in E die Genehmigung der Anstellung des Psychologischen Psychotherapeuten Dipl.-Psych. B E in Nachfolge von Dr. M und der Psychologischen Psychotherapeutin Dipl.-Psych. C C in Nachfolge der Ärztin N.

Der Zulassungsausschuss lehnte die Anträge mit Beschlüssen vom 23.06.2009 (C) und 05.08.2009 (E) ab. Für die Nachbesetzung einer angestellten Ärztin gemäß § 95 Abs. 2 Satz 7 ff Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) i.V.m. § 32b Zulassungsverordnung Ärzte sei grundsätzlich eine fachliche Identität zwischen ausscheidendem und hierfür anzustellendem Leistungserbringer erforderlich. Eine Nachfolgeanstellung sei daher jeweils nur innerhalb der Gruppen der Ärzte und der psychologischen Psychotherapeuten zulässig.

Mit ihren Widersprüchen machte die Klägerin u.a. geltend, dass eine Nachbesetzung mit einem entsprechend qualifizierten Arzt trotz intensiven Bemühens nicht möglich gewesen sei. Die Nachbesetzung mit Psychologischen Psychotherapeuten sei im Übrigen, wie sich aus dem Beschluss des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg vom 05.05.2009 - L 5 KA 599/09 ER-B - ergebe, zulässig.

Der Beklagte wies die Widersprüche mit Beschluss vom 16.09.2009 zurück. Die Fortführung einer ärztlichen Praxis durch einen Psychologischen Psychotherapeuten scheitere schon angesichts dessen fehlender Zulassung in einem ärztlichen Fachgebiet. Die Absicht des Gesetzgebers in § 101 Abs. 4 Satz 5 SGB V, einen bestimmten Anteil von ärztlichen Psychotherapeuten an der psychotherapeutischen Versorgung der Versicherten zu gewährleisten, würde konterkariert, wenn nichtärztliche Psychotherapeuten Arztstellen in Anspruch nehmen könnten. Hierdurch würde ihnen der Zugang zur vertragsärztlichen Versorgung ermöglicht, obwohl der Planungsbereich für sie gesperrt sei. Dies würde wiederum zu einer Verstärkung der Überversorgung führen. Die bedarfsplanungsrechtlichen Vorgaben würden vollends unterlaufen, wenn später zulassungswillige ärztliche Psychotherapeuten unter Berufung auf die Quotenregelung den Zugang zur vertragsärztlichen Versorgung suchen würden.

Die Klägerin hat gegen den ihr am 08.10.2009 zugestellten Widerspruchsbescheid am 23.10.2009 Klage erhoben; zugleich hat sie den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Sie hat im Wesentlichen vorgetragen, der Beklagte stelle sich gegen die inzwischen durch Entscheidungen des LSG Baden-Württemberg und des Hessischen LSG gefestigte sozialgerichtliche Rechtsprechung. Danach sei die Behörde nach § 95 Abs. 2 Satz 8 SGB V zur Erteilung der Genehmigung verpflichtet, wenn wie im vorliegenden Fall die Voraussetzungen des § 95 Abs. 2 Satz 5 SGB V erfüllt seien. Dipl.-Psych. C sei nunmehr - zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf am 11.05.2011 - nicht mehr bei ihr tätig, so dass sich der Antrag hinsichtlich ihrer Anstellung erledigt habe. Es bestehe jedoch ein Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Beschlusses des Beklagten, da Dr. U V den Versorgungsanteil von Dipl.-Psych. C übernehmen solle.

Die Klägerin hat beantragt,

1. den Beklagten unter Aufhebung des Beschlusses vom 16.09.2009 zu verurteilen, auf ihren Antrag vom 30.06.2009 auf Anstellung des Psychologischen Psychotherapeuten Dipl.-Psych. B E anstelle der ausscheidenden, für die Klägerin psychotherapeutisch tätig gewesenen Dr. med. S M im Umfang von 32 Wochenstunden eine entsprechende Genehmigung zu erteilen,

2. festzustellen, dass der Beschluss des Beklagten hinsichtlic...

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