Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen der Zulässigkeit einer Fortsetzungsfeststellungsklage
Orientierungssatz
1. Mit der Fortsetzungsfeststellungsklage kann nach § 131 Abs. 1 S. 3 SGG die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines erledigten Verwaltungsaktes begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
2. Das nach dieser Vorschrift erforderliche Interesse ist u. a. bei einer bestehenden Wiederholungsgefahr gegeben.
3. Diese ist anzunehmen, wenn die konkrete Gefahr besteht, dass unter im Wesentlichen unveränderten Umständen eine gleichartige Entscheidung ergeht.
4. Hat sich die Rechtslage wesentlich geändert, sodass Wiederholungsgefahr deshalb nicht mehr besteht, weil kein inhaltgleicher Verwaltungsakt mehr erlassen werden kann, so fehlt es am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis.
5. In einem solchen Fall können dem Kläger bei Aufrechterhaltung der aussichtslosen Klage nach § 192 Abs. 1 SGG Mutwillenskosten auferlegt werden.
Normenkette
SGG § 131 Abs. 1 S. 3, § 192 Abs. 1, § 55 Abs. 1; SGB II § 15
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 20.05.2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Dem Kläger werden Verschuldenskosten in Höhe von 225,00 Euro auferlegt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt mit seiner Berufung die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines den Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakts (EGVA).
Der im Jahr 1957 geborene Kläger bezieht von dem Beklagten fortlaufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, ergänzend zu Einkommen aus seit 1997 ausgeübter geringfügiger Tätigkeit von monatlich etwa 360 EUR netto im Jahre 2014. Da der Kläger in der Vergangenheit nicht bereit gewesen war, Eingliederungsvereinbarungen abzuschließen, hatte der Beklagte bereits mehrfach EGVA gemäß § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II erlassen. Als Verpflichtung des Klägers war jeweils aufgenommen worden, er habe sich um die Ausweitung der Arbeitszeit bei seinem derzeitigen Arbeitgeber zu bemühen.
Am 03.12.2014 sprach der Kläger bei einer Mitarbeiterin des Beklagten vor und erhob nach einem Vermerk zu diesem Termin massive Einwände gegen einen Vermittlungsvorschlag. Wegen seiner bereits ausgeübten Nebenbeschäftigung könne er sich nicht bewerben und auch keine Eingliederungsvereinbarung abschließen. Er werde sowohl gegen den Vermittlungsvorschlag als auch gegen die Eingliederungsvereinbarung Widerspruch einlegen. Daraufhin erließ der Beklagte den EGVA vom 03.12.2014 mit einer Gültigkeitsdauer vom 03.12.2014 bis 02.06.2015. Der Beklagte sagte hierin zu, Vermittlungsvorschläge bei Vorliegen geeigneter Stellenangebote zu unterbreiten, das Bewerberprofil des Klägers aufzunehmen, Bewerbungsaktivitäten finanziell zu unterstützen. Erneut wurde die Verpflichtung des Klägers zur Bemühung um Ausweitung seiner Arbeitszeit aufgenommen.
Per Schreiben vom 08.12.2014 mit Eingangsstempel vom 09.12.2014 des Beklagten legte der Kläger "gegen Ihre Aufforderung vom 03.12.2014" Widerspruch ein. Mit Schreiben vom 11.12.2014 bestätigte der Beklagte den Eingang eines Widerspruchs vom 08.12.2014 unter der Überschrift "Widerspruchsverfahren wegen Eingliederungsvereinbarung per Verwaltungsakt". Mit Schreiben vom 14.01.2015 korrigierte der Beklagte seine Eingangsbestätigung vom 11.12.2014. Der Widerspruch richte sich offensichtlich gegen die Aufforderung vom 03.12.2014 (Vermittlungsvorschlag), nicht gegen den EGVA vom 03.12.2014. Im Schreiben vom 20.01.2015, beim Beklagten am 21.01.2015 eingegangen, vertrat der Kläger die Auffassung, gegen den Bescheid (Verwaltungsakt) vom 03.12.2014 Widerspruch eingelegt zu haben. Mit Schreiben vom 23.01.2015 bestätigte der Beklagte den Eingang eines Widerspruches vom 20.01.2015 am 21.01.2015. Ein rechtzeitiger Widerspruch gegen den EGVA vom 03.12.2014 liege nicht vor. Mit Widerspruchsbescheid vom 17.02.2015 verwarf der Beklagte den Widerspruch vom 21.01.2015 gegen den EGVA vom 03.12.2014 als verfristet.
Am 17.03.2015 hat der Kläger Klage erhoben und geltend gemacht, sein Widerspruch sei fristgemäß eingegangen. Dies habe der Beklagte mit Schriftsatz vom 11.12.2015 bestätigt. Der EGVA sei rechtswidrig. Er verstoße gegen das "Tatsächlichkeitsprinzip" und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, dass der Bescheid vom 03.12.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.02.2015 rechtswidrig war.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit Urteil vom 20.05.2016 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und ausgeführt, die Klage sei unzulässig. Richtige Klageart sei aufgrund des Zeitablaufs die Fortsetzungsfeststellungsklage nach § 131 Abs.1 S. 3 SGG. Nach dieser Vorschrift könne mit der Klage die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines zurückgenommenen oder auf andere Weise erledigten Verwaltungsakts beg...