Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen für den Anfall der Erledigungsgebühr
Orientierungssatz
1. Die Erledigungsgebühr nach § 2 Abs. 2 S. 1 Anlage 1 (Vergütungsverzeichnis - VV-RVG -) Nr. 1105 verlangt eine Tätigkeit des Rechtsanwalts, die über die bloße Einlegung und Begründung des Widerspruchs hinausgeht.
2. Die Erledigungsgebühr nach Nr. 1005 VV-RVG fällt nicht an, wenn die Beklagte dem Widerspruchsbegehren durch Bescheid entsprochen und sich zur Erstattung der Kosten des Vorverfahrens verpflichtet hat, nachdem der Rechtsanwalt den Widerspruch eingelegt und unter kurzer Darstellung seines Rechtsstandpunkts begründet und seinen Standpunkt nach Akteneinsicht in einem weiteren kurzen Schriftsatz wiederholt hat.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 27.09.2006 geändert und die Klage abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Höhe der von der Beklagten an die Klägerin nach einer Abhilfe im Widerspruchsverfahren zu erstattenden Kosten.
Die Klägerin meldete sich am 19.11.2003 mit Wirkung zum 01.12.2003 arbeitslos. Zu diesem Zeitpunkt war auf ihrer Steuerkarte die Steuerklasse IV eingetragen. Mit einer Veränderungsmitteilung unter dem Datum vom 24.11.2003 informierte die Klägerin die Beklagte darüber, dass sie ihre Steuerklasse mit Wirkung zum 01.01.2004 geändert hat in die Steuerklasse V. Diese Veränderungsmitteilung beachtete die Beklagte bei der Leistungsbewilligung nicht, sondern bewilligte der Klägerin auch ab Januar 2004 Arbeitslosengeld nach der Leistungsgruppe A. Durch Bescheid vom 24.05.2005 hob die Beklagte die Leistungsbewilligung rückwirkend teilweise auf in Höhe der Differenz zwischen den Leistungsgruppen A und D. Für den Zeitraum vom 01. Januar 2004 bis 06.04.2005 forderte die Beklagte einen Erstattungsbetrag von 3.325,56 EUR.
Die Klägerin legte durch ihren Bevollmächtigten Widerspruch ein und wies darauf hin, dass sie die Beklagte rechtzeitig über die geänderte Steuerklasse informiert habe. Außerdem legte der Bevollmächtigte dar, dass die Voraussetzungen für eine rückwirkende Aufhebung nicht gegeben seien. Die Beklagte übersandte daraufhin ein Anhörungsschreiben zur rückwirkenden Aufhebung. Der Bevollmächtigte, der Akteneinsicht genommen hatte, verwies in einem weiteren Schreiben auf die in der Verwaltungsakte enthaltene rechtzeitige Veränderungsmitteilung der Klägerin. Die Beklagte half dem Widerspruch durch den Abhilfebescheid vom 07.09.2005 ab und erklärte sich zur Erstattung der entstandenen Kosten des Widerspruchsverfahrens bereit, soweit diese Kosten notwendig und nachgewiesen seien.
Der Bevollmächtigte übersandte der Beklagten eine Rechnung in Höhe von 533,60 EUR, die sich wie folgt zusammensetzt:
Geschäftsgebühr § 3 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) 240,00 EUR Erledigungsgebühr 200,00 EUR Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen 20.00 EUR = 460,00 EUR 16 % Mehrwertsteuer 73.60 EUR = 533,60 EUR
Mit Bescheid vom 22.09.2005 setzte die Beklagte die nach § 63 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zu erstattenden Kosten des Widerspruchsverfahrens auf insgesamt 301,60 EUR fest. Dabei berücksichtigte sie nur die Geschäftsgebühr von 240,00 EUR , die Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen von 20,00 EUR sowie die Mehrwertsteuer von 16 % (41.60 EUR). Die Erstattung einer Erledigungsgebühr lehnte die Beklagte ab.
Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Sie vertrat die Auffassung, dass sich die Sache im Widerspruchsverfahren aufgrund anwaltlicher Mitwirkung erledigt habe.
Durch Widerspruchsbescheid vom 20.10.2005 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Eine Erledigungsgebühr solle die besondere Mühewaltung des Rechtsanwalts honorieren, die er aufgewandt habe, um das Verwaltungsverfahren zu einem günstigen Ende für den Mandanten zu bringen. Deshalb sei eine Mitwirkung des Rechtsanwalts erforderlich, die nicht nur allgemein auf eine Verfahrensförderung gerichtet sei, sondern auf den besonderen Erfolg in Gestalt einer Erledigung der Sache abziele und für diese Erledigung vorrangig mitursächlich sei. Die Erhöhung des Gebührenrahmens komme nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nur in Betracht, wenn von einer vergleichsähnlichen Erledigung des Verwaltungsverfahrens auszugehen sei. An einem gegenseitigen Nachgeben fehle es, wenn einem Widerspruch voll abgeholfen werde, wie im vorliegenden Widerspruchsverfahren. Das Einlenken der Behörde als Folge schriftlicher oder mündlicher Ausführungen des Rechtsanwalts im Widerspruchsverfahren verdiene demnach noch keine Erledigungsgebühr.
Dagegen hat die Klägerin am 08.11.2005 vor dem Sozialgericht Köln (SG) Klage erhoben. Sie hat geltend gemacht, dass nach dem neuen Gebührenrecht bereits eine Abhilfe eine Erledigungsgebühr rechtfertige. Die Beklagte verkenne, dass es hier nicht um eine Einigungsgebühr gehe, für...