Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermittlung der angemessenen Kosten für die Unterkunft durch den Grundsicherungsträger - gerichtliche Kontrolle
Orientierungssatz
1. Bei den vom Grundsicherungsträger nach § 22 SGB 2 zu übernehmenden angemessenen Kosten für die Unterkunft gilt für einen Drei-Personen-Haushalt eine Wohnfläche von 80 qm als angemessen.
2. Die Festlegung des angemessenen Quadratmeterpreises hat auf der Grundlage eines schlüssigen Konzepts des Grundsicherungsträgers zu erfolgen.
3. Bei Nachweis ausreichender Wohnraumversorgung zu dem vom Leistungsträger planmäßig ermittelten Quadratmeterpreis besteht für das Gericht keine Veranlassung, für die Bejahung der Schlüssigkeit des Konzepts gutachterlich prüfen zu lassen, ob der Preis ohne methodische Fehler ermittelt worden ist.
4. Nach Ablauf eines Zweitjahreszeitraums nach Datenerhebung mit anschließender Datenauswertung und zeitnahem Inkraftsetzen eines Konzepts hat eine Überprüfung und Fortschreibung zu erfolgen.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 20.12.2017 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat die Kosten der Kläger in beiden Rechtszügen zu 2/5 zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Höhe der den Klägern zu zahlenden Kosten der Unterkunft und Heizung von Dezember 2014 bis (zuletzt noch) März 2015. Der 1960 geborene Kläger zu 1), die 1962 geborene Klägerin zu 2) und der 1995 geborene Kläger zu 3) bezogen in Bedarfsgemeinschaft mit kleineren Unterbrechungen seit 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Ursprünglich gehörte auch die Tochter der Kläger zu 1) und 2), die 1993 geborene E C, zur Bedarfsgemeinschaft. Die Kläger bewohnten zunächst eine Wohnung in der L-Str. 00 in B. Mit Schreiben vom 19.10.2009 teilte die Beklagte den Klägern mit, ihre Wohnung sei mit einem monatlichen Mietzins von 569,58 EUR unangemessen. Ab dem 01.05.2010 könne nur noch eine angemessene Bruttokaltmiete von 540 EUR übernommen werden. Die Kläger reichten am 08.12.2009 bei der Beklagten eine Mietbescheinigung für die 89 Quadratmeter große Wohnung I 00 in B zu einer Kaltmiete von 386 EUR, Betriebskosten von 120 EUR und Heizkosten von 90 EUR ein. Mit Bescheid vom 11.12.2009 erteilte die Beklagte eine Zusicherung zur Übernahme der Kosten für diese Wohnung. Die Aufwendungen seien angemessen. Der Umzug sei erforderlich, weil die bisherige Wohnung unangemessen teuer gewesen sei. Die Kläger zu 1) und 2) mieteten ab dem 01.04.2010 die Wohnung I 00. Die Beklagte übernahm in der Folge die tatsächlichen Kosten für die Wohnung. Ab dem 01.08.2011 war der Kläger zu 1) als LKW-Fahrer beschäftigt. Mit Bescheid vom 04.10.2011 hob die Beklagte wegen des Erwerbseinkommens des Klägers zu 1) den Bescheid vom 28.04.2011 ab dem 01.09.2011 auf. Das Arbeitsverhältnis des Klägers zu 1) wurde zum 30.11.2011 gekündigt. Im Dezember 2011 beantragten die Kläger erneut Leistungen. Die Tochter E war zu diesem Zeitpunkt Zeitsoldatin und in einer Kaserne untergebracht. Sie kehrte nicht mehr in die Wohnung zurück, die Beklagte trug die vollen Kosten der Unterkunft und Heizung zunächst aber weiter. Im Juli 2013 erstellte die Firma B1 & L1 im Auftrag des I1-Kreises, dem die Beklagte angehört, das "Konzept zur Ermittlung der Angemessenheit der Unterkunftskosten im I1-Kreis - Endbericht Juli 2013". Sie bediente sich bei der Erstellung des Konzepts einer sogenannten Clusteranalyse, sah den I1-Kreis als einheitlichen Vergleichsraum an und fasste innerhalb dieses Vergleichsraums Gebiete vergleichbarer Wohnungsmarkt- und Mietpreisstrukturen unabhängig von ihrer Lage zusammen. Für den I1-Kreis wurden drei Wohnungsmarkttypen gebildet, wobei der "Wohnungsmarkttyp 1" nur das Gebiet der Beklagten umfasste. Durch die Firma B1 & L1 wurden zur Ermittlung der Bestandsmieten umfangreiche Vermieterbefragungen durchgeführt. So wurden größere Vermieter und Verwalter befragt und zufällig ausgewählte 11000 weitere Haushalte angeschrieben, deren Adressen von der "E1 direkt" gekauft wurden. Die so ermittelten Bestandsmieten wurden durch Daten aus dem SGB II-Datensatz ergänzt. Die Datenerhebung erfolgte hinsichtlich der Bestands- und Neuvertragsmieten in der Zeit von September 2012 bis Januar 2013 zum Stichtag 01.09.2012. Sie bezog sowohl Mieten auf dem freien Wohnungsmarkt als auch öffentlich geförderte Wohnungen ein. Zur Ermittlung der Angebotsmieten wurden Wohnungsangebote in der Zeit von Januar 2012 bis Dezember 2012 über Internetportale, Anzeigenblätter etc. ermittelt und registriert. In die Datenerhebung wurden alle Wohnungsbestände und relevanten Vermietergruppen einbezogen. Substandardwohnungen ohne innenliegendes Bad und Sammelheizung, Dubletten und Wohnungen mit Besonderheiten (Freundschaftsmieten, Werkwohnungen etc.) und Wohnungen mit einer Wohnfläche unter 35 Quadratmetern, ebenso Ausreißer ("Extremwertkappung") für besonders günstige/teur...