Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichtes Münster vom 15.06.2022 geändert und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Kostenübernahme für eine durchgeführte Hodenprothesenimplantation in Höhe von 758,61 EUR.
Der 0000 geborene und bei der Beklagten versicherte Kläger erkrankte im Jahr 2018 an einem Hodenkarzinom, aufgrund dessen der linke Hoden komplett entfernt werden musste. Nach Abschluss der onkologischen Nachsorge stellte er am 31. Mai 2021 bei der Beklagten einen Antrag auf Übernahme der Kosten für die Implantation einer Hodenprothese. Dem Antrag war ein Arztbrief der Abteilung für Klinische und Operative Andrologie des Uniklinikums N. (UKM), Frau D., vom 26. Mai 2021 sowie eine Kostenaufstellung über die geplante Maßnahme beigefügt. In dem aus Anlass einer Kontrolluntersuchung des Klägers erstellten Arztbrief wird über den unauffälligen Verlauf der onkologischen Nachsorge berichtet sowie über eine - aus Sicht der Ärzte - glaubwürdig berichtete starke psychische Belastung des Klägers durch den fehlenden Hoden und die dadurch verbundene Veränderung des Körperschemas. Die behandelnden Ärzte berichten über die erfolgte ausführliche Beratung über die Möglichkeit einer Hodenprothesenimplantation und verwiesen auf die aus ihrer Sicht gegebene OP-Indikation.
Mit Bescheid vom 8. Juni 2021 lehnte die Beklagte die begehrte Kostenübernahme ab. Aus den Unterlagen ergebe sich nicht, dass die Implantation einer Hodenprothese medizinisch notwendig sei, so dass die Kostenübernahme des geplanten ambulanten Eingriffs nicht möglich sei.
Unter dem 25. Juni 2021 (Eingang bei der Beklagten am 5. Juli 2021) erhob der Kläger dagegen Widerspruch. Er berief sich zur Begründung auf eine Entscheidung des Sozialgerichts München in einem aus seiner Sicht gleichgelagerten Fall (Verweis auf Sozialgericht ≪SG≫ München, Urteil vom 22. Januar 2020 - S 54 KR 1172/19 - juris). Er sehe hier eine Ungleichbehandlung zwischen Mann und Frau, wenn bei der Frau im Rahmen einer Brustkrebsbehandlung ein operativer Wiederaufbau der Brust übernommen werde, bei einem Mann eine Hodenprothese im Rahmen der onkologischen Behandlung jedoch nicht möglich sei.
Nach einem Beratungsgespräch am 21. April 2021, einer Überweisung des behandelnden Urologen vom 9. Juli 2021 und einer OP-Vorbesprechung am 21. Juli 2021 erfolgte am 3. August 2021 ambulant im UKM die Durchführung der Hodenprothesenimplantation. Dafür hatte der Kläger zuvor am 21. Juli 2021 u.a. die sog. "Kostenübernahme Einlage Hodenprothese - OP" unterzeichnet, in der es wörtlich wie folgt heißt:
"Ich wünsche die Durchführung einer ambulanten Einlage einer Hodenprothese, ohne unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang zu einer ablatio testis.
Diese Leistung ist regelmäßig keine Leistung einer gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) oder eines sonstigen Kostenträgers und wird folglich regelhaft nicht von diesen übernommen. Unter bestimmten Bedingungen kann eine Kostenübernahme indes möglich sein. ≪...≫.
Über die o.g. Behandlung sowie die Kosten der Behandlung und die Modalitäten der Abrechnung wurde ich umfassend aufgeklärt."
Die Beklagte wies im weiteren Verlauf den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 22. September 2021 als unbegründet zurück. Auf die Begründung wird Bezug genommen.
Mit der am 8. Oktober 2021 zum SG Münster erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt und - unter Vorlage der Rechnung vom 18. November 2021, am 22. November 2021 beglichen - die Erstattung der Kosten für die durchgeführte Operation begehrt. Nach dieser sei es zu einer deutlichen Verbesserung seines psychischen Allgemeinzustandes gekommen. Anders als in dem von der Beklagten im Widerspruchsbescheid angeführten Urteil des Bundessozialgerichtes (BSG) gehe es in seinem Falle nicht um die Änderung eines aus medizinischen Gesichtspunkten nicht behandlungsbedürftigen natürlichen Zustandes, sondern um die möglichst weitgehende Wiederherstellung der körperlichen Integrität nach einem medizinisch notwendigen Eingriff mit Entfernung eines Körperteils. In diesem Sinne habe auch das BSG in seinem Urteil deutlich gemacht, dass Bestandteil des medizinischen Eingriffs die Heilung der erkrankten Körperteile unter Wahrung der körperlichen Integrität im Sinne einer Wiederherstellung des Körperteils als Teil der einheitlichen ärztlichen Heilbehandlung mit körpereigenem oder körperfremden Material sei.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 8. Juni 2021 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22. September 2021 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger die Kosten der Hodenprothesenimplantation in Höhe von 758,61 EUR zu erstatten.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist bei ihrer im Verwaltungsverfahren vertretenen Auffassung verblieben. Sie schulde die begehrte Hodenprothesenimplantation bereits nicht als Sachlei...