rechtskräftig

 

Verfahrensgang

SG Aachen (Entscheidung vom 30.08.1999; Aktenzeichen S 13 KR 35/99)

 

Nachgehend

BSG (Aktenzeichen B 1 KR 24/00 R)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Aachen vom 30.08.1999 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Übernahme der Kosten für eine Behandlung mittels intrazytoplasmatischer Spermieninjektion (ICSI).

Die 1973 geborene Klägerin ist Mitglied der Beklagten. Wegen einer primären Ehesterilität sind sie und ihr Mann in Behandlung der Frauenklinik der RWTH A. Bisherige Maßnahmen der künstlichen Befruchtung waren erfolglos, da nur 10 % der Spermien des Ehemannes motil sind.

Mit einer Bescheinigung des Oberarztes Dr. G. vom 26.01.1999 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Übernahme der Kosten für die ICSI. Dr. G. gab in der Bescheinigung an, nach den bisherigen Behandlungsversuchen bleibe nur die Behandlung der In-vitro-Fertilisation (IVF) durch ICSI und Embryonentransfer. Es bestehe die gute Wahrscheinlichkeit, daß damit der Kinderwunsch erfüllt werden könne. Die Beklagte teilte der Klägerin daraufhin mit (Schreiben vom 27.01.1999), IVF und Embryonentransfer seien Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und könnten von der Frauenklinik erbracht werden. Hinsichtlich der ICSI bestünden Bedenken wegen möglicher Spätschäden der Mutter bzw. des Kindes. Nach den einschlägigen Richtlinien handele es sich nicht um eine anerkannte Methode. Eine Übernahme der Kosten sei daher nicht möglich, der Klägerin werde vor einer abschließenden Stellungnahme Gelegenheit zur Äußerung gegeben. Mit Schriftsatz vom 10.02.1999 wies die Klägerin darauf hin, die streitige Methode sei wirksam, die Fehlbildungsrate sei nicht höher als bei einer natürlichen Zeugung. Der Beschluss des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen vom 01.10.1997 sei durch Zeitablauf überholt. Es handele sich um die einzige zur Verfügung stehende Methode zur Erfüllung des Kinderwunsches.

Mit Bescheid vom 08.03.1999 und Widerspruchsbescheid vom 10.06.1999 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme unter Hinweis auf die Richtlinien ab. Bereits am 03.03.1999 ist einmalig die ICSI (ohne Erfolg) durchgeführt worden, der Klägerin sind hierfür Kosten in Höhe von 2.432,94 DM entstanden.

Mit ihrer Klage verlangte die Klägerin zum einen die Erstattung der Kosten für die durchgeführte Behandlung sowie die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung künftiger Behandlungszyklen. Unter Wiederholung ihres Vorbringens aus dem Verwaltungsverfahren vertrat sie die Auffassung, die Entscheidung des Bundesausschusses entspreche nicht mehr dem aktuellen Stand der Wissenschaft. Die Methode habe sich in der Praxis so weit entwickelt, daß der Ausschuß verpflichtet sei, seine Entscheidung zu überprüfen. Seine Befürchtungen hinsichtlich des Mißbildungsrisikos seien widerlegt. Es bestehe daher ein Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 SGB V wegen eines Systemversagens.

Mit Gerichtsbescheid vom 30.08.1999 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Richtlinien zur künstlichen Befruchtung seien nicht zu beanstanden. Vor Abschluß der 1998 begonnenen Studie zur Fehlbildungsrate gebe es für den Bundesausschuß keine Veranlassung, seine Beschlusslage zu ändern.

Die Klägerin wiederholt im Berufungsverfahren ihren Vortrag, sie widerspricht der Auffassung des Sozialgerichts, daß das Fehlbildungsrisiko nicht abschätzbar sei. Die wissenschaftlichen Fachgesellschaften hätten sich zur ICSI geäußert, sie hätten kein erhöhtes Risiko für Fehlbildungen erkannt, allenfalls ein minimal erhöhtes Risiko für die Wiederholung andrologischer Störungen bei dem männlichen Nachwuchs. Somit lägen die Voraussetzungen für die Anerkennung der streitigen Methode vor.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Aachen vom 30.08.1999 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 08.03.199 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.06.1999 zu verurteilen, 1. an sie 2.432,94 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen, 2. die Kosten für weitere intrazytoplasmatische Spermieninjektionen zu übernehmen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Der Senat hat die in einem Parallelverfahren (L 5 KR 99/98) beigezogenen Unterlagen des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen zur ICSI den Beteiligten bekannt gegeben und sie zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht. Ferner sind Gutachten von Prof. Dr. D. vom 22.09.1999 und Prof. Dr. K. vom 26.11.1999, die in einem Verfahren des LSG Niedersachsen (L 4 KR 130/98) erstattet worden sind, beigezogen und im Wege des Urkundsbeweises verwertet worden; auf die Gutachten wird Bezug genommen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässi...

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