Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertrags(zahn)arzt. Vorliegen von Vertrauensschutz im Zusammenhang mit der rückwirkenden Korrektur von Honorarbescheiden
Orientierungssatz
Vertrauensschutz im Zusammenhang mit der rückwirkenden Korrektur von Honorarbescheiden ( hier Verordnung von koaxialen Interventionssets als Sprechstundenbedarf) liegt nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl BSG vom 14.12.2005 - B 6 KA 17/05 R = BSGE 96, 1 = SozR 4-2500 § 85 Nr 22 und BSG vom 8.2.2006 - B 6 KA 12/05 R = SozR 4-2500 § 106a Nr 1) dann vor, wenn folgende Sachverhaltsgestaltungen gegeben sind:
Ablauf der Vierjahresfrist seit Erlass des betroffenen Honorarbescheides; 2. Verbrauch der Befugnis der K(Z)ÄV zu sachlich rechnerischen Richtigstellungen nach dem Bundesmantelverträgen durch vorbehaltslose Überprüfung und Bestätigung der Honoraranforderung des Vertrags(zahn)arztes; 3. Unterlassender Hinweis der K(Z)ÄV bei Erteilung des Honorarbescheides auf ihr bekannte Ungewissheiten hinsichtlich der Grundlagen der Honorarverteilung; 4. Duldung der Erbringung bestimmter Leistungen in Kenntnis aller Umstände über einen längeren Zeitraum und spätere Beurteilung als fachfremd; und 5. Herrühren der Fehlerhaftigkeit des Bescheides aus Umständen, die außerhalb des eigentlichen Bereichs einer sachlich rechnerisch korrekten Honorarabrechnung und -verteilung liegen und deshalb die fehlende konkrete Berührung der besonderen Funktionsbedingungen des Systems vertrags(zahn)ärztlicher Honorierung belegen.
Nachgehend
Tenor
Der Beklagte wird unter Aufhebung seines Bescheides vom 15.08.2002 verurteilt, die Widersprüche der Beigeladenen zu 1) und 2) gegen die Bescheide des Prüfungsausschusses vom 07.07.1999, 16.09.1999, 18.10.1999 und 20.03.2000 zurückzuweisen.
Der Beklagte und die Beigeladene zu 1) und 2) tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über einen Regress wegen Sprechstundenbedarf (SSB) wegen koaxialer Interventionssets in Höhe von 144.301,03 Euro für die Quartale IV/1997 bis III/1998.
Die Beigeladenen zu 1) und 2) sind als Fachärzte für diagnostische Radiologie bzw. Nuklearmedizin Inhaber einer von ihnen in E betriebenen Gemeinschaftsarztpraxis. Sie erbrachten in den streitbefangenen Quartalen Leistungen der sogenannten periradikulären Schmerztherapie (PRT), bei der Schmerzmittel unter computertomographischer Kontrolle verabreicht wurden. Das Einbringen der Arzneimittel erfolgte mit Hilfe sogenannter koaxialer Interventionssets, die als SSB zu Lasten der Krankenkassen verordnet wurden.
Im Dezember 1998 beantragte die Klägerin u.a. wegen der koaxialen Interventionssets die Prüfung der Verordnungsweise für das Quartal IV/1997. Als Ergebnis der Prüfung machte sie einen Regress i. H. v. 70.072,03 DM geltend, da es sich bei den Interventionssets nicht um SSB handele, vielmehr eine Abrechnung über den Behandlungsschein erforderlich gewesen sei. Hierüber verhält sich der Bescheid des Prüfungsausschusses vom 16.09.1999. Die für die übrigen streitigen Quartale gestellten Prüfanträge endeten mit Regressforderungen i. H. v. 106.151,41 DM (Quartal I/98, Bescheid vom 07.07.1999), 99.208,64 DM (Quartal II/98, Bescheid vom 18.10.1999) und 9.130,07 DM (Quartal III/98, Bescheid vom 20.03.2000).
Die Beigeladenen zu 1) und 2) als Inhaber der Gemeinschaftspraxis erhoben gegen die jeweiligen Bescheide Widerspruch und vertraten die Auffassung, bei den koaxialen Interventionssets handele es sich um Einmalinfusionsbestecke im Sinne der SSB-Vereinbarung. Darüber hinaus sei ihnen in den streitigen Quartalen nicht bekannt gewesen, dass die Sets keinen SSB darstellten. Eine eindeutige Aussage der Beigeladenen zu 3) hierüber sei nicht zu erhalten gewesen. Ihnen seien Schreiben der Beigeladenen zu 3) vom 24.11.1998 und 04.03.1999 durch den Prüfungsausschuss zugeleitet worden, die die Angabe enthalten hätten, die PRT-Nadeln seien über SSB zu beziehen. Erst mit weiterem Schreiben vom 12.07.1999 habe die Beigeladene zu 3) mitgeteilt, die vorherige Auskunft sei unzutreffend gewesen und PRT-Nadeln seien in den Praxiskosten enthalten gewesen.
Der Beklagte half den Widersprüchen bzgl. der koaxialen Interventionssets mit Bescheid vom 15.08.2002 ab und hob die jeweiligen Regressforderungen auf. Zwar seien die Interventionssets seiner Ansicht nach nicht als SSB verordnungsfähig, da sie gem. der Produktbeschreibung nicht als Infusions- oder Punktionsbesteck i. S. d. SSB-Vereinbarung eingeordnet werden könnten, aufgrund der fehlerhaften Auskünfte von Seiten der Beigeladenen zu 3) sei jedoch Vertrauensschutz entstanden, der der Geltendmachung eines Regresses entgegen stünde.
Hiergegen richtete sich am 09.09.2002 erhobene Klage. Ein Vertrauenstatbestand sei nicht gesetzt worden. Die Auskunft der Kreisstelle E der Beigeladenen zu 3) zur rechtmäßigen Verordnungsfähigkeit der PRT-Nadeln datiere vom 04.03.1999, der Widerruf dieser Auskunft vom 12.07.1999. Stre...