Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Rentenleistungen wegen der Folgen einer öffentlich empfohlenen Schutzimpfung
Orientierungssatz
1. Der Anspruch auf Rentenleistungen wegen eines Impfschadens setzt eine unter den Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 S. 1 IfSG erfolgte Schutzimpfung, eine Impfkomplikation sowie eine dauerhafte gesundheitliche Schädigung, den Impfschaden, voraus.
2. Alle medizinischen Fragen, insbesondere zur Kausalität von Gesundheitsstörungen, sind auf der Grundlage des im Entscheidungszeitpunkt neuesten medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisstandes zu beantworten.
3. Bei der Impfung einer als Flugbegleiterin Beschäftigten gegen Influenza handelt es sich um eine öffentlich empfohlene Impfung.
4. Die Ätiologie des Chronic Fatigue Syndroms (CFS) ist wissenschaftlich weitgehend ungeklärt; damit ist eine Wahrscheinlichkeit des erforderlichen ursächlichen Zusammenhanges nicht gegeben.
5. Die bloße Möglichkeit eines Kausalzusammenhanges reicht auch zur sog. Kannversorgung i. S. von § 61 S. 2 IfSG nicht aus. Im Hinblick auf eine Schutzimpfung gegen Influenza fehlt es an einer fundierten, einen generellen Ursachenzusammenhang bejahenden medizinischen Lehrmeinung.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 21.01.2013 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt im Wege der Kannversorgung die Gewährung von Leistungen nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) i.V.m. dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) wegen eines impfbedingten Chronic Fatigue Syndrom (CFS).
Die 1968 geborene Klägerin, die als Flugbegleiterin beschäftigt war, erhielt am 28.10.1997 eine Influenzaimpfung. Am 13.11.1997 suchte die Klägerin unter Angabe von Ohrenschmerzen den Hals-Nasen-Ohren-Arzt Dr. C auf, der für die Zeit vom 13.11. bis 14.11.1997 Arbeitsunfähigkeit wegen eines Tubenkatarrhs attestierte. Nachdem die Klägerin am 16.11.1997 ihre Arbeit verrichtet hatte, konsultierte sie am 17.11.1997 den Internisten Dr. S, der einen Nasen-Nebenhöhleninfekt mit Tubenkatarrh diagnostizierte und für die Zeit vom 17.11. bis 25.11.1997 Arbeitsunfähigkeit bescheinigte. Weitere Gesundheitsstörungen wurden damals weder festgestellt noch von der Klägerin angegeben (Befundbericht von Dr. S vom 20.10.1998). Am 19.01.1998 begab die Klägerin sich zunächst wieder in Hals-Nasen-Ohren-ärztliche Behandlung und stand alsdann in der Folgezeit wegen einer ausgeprägten Schmerzsymptomatik im Bereich des gesamten Rückens, der linken Schulter, Herzbeschwerden, Hitzewallungen, Schüttelfrost sowie Abgeschlagenheit in laufender ärztlicher Behandlung.
Im Oktober 1998 stellte die Klägerin beim Versorgungsamt N einen Antrag auf Gewährung von Versorgungsleistungen wegen eines Impfschadens. Sie gab an, vor der am 28.10.1997 erfolgten Influenzaimpfung sei sie gesund gewesen. 5 Tage nach der Impfung sei es zu ersten Krankheitserscheinungen in Form von Kopf-, Hals-, Glieder- und Ohrenschmerzen sowie erhöhter Temperatur gekommen. Das Versorgungsamt N zog daraufhin umfängliche medizinische Unterlagen der behandelnden Ärzte ein und ließ diese durch seinen ärztlichen Dienst auswerten. Mit Bescheid vom 12.04.1999 lehnte das Versorgungsamt N den Antrag ab, da sich weder ein zeitlicher noch ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Grippeschutzimpfung und den von der Klägerin geschilderten Beschwerden begründen lasse. Den hiergegen eingelegten Wiederspruch, mit dem die Klägerin ein chronisches Schmerzsyndrom geltend machte, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 03.05.2000 als unbegründet zurück. Das bei der Klägerin bestehende diffuse Schmerzsyndrom sei nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit als abnormale Impfreaktion anzusehen.
Die hiergegen von der Klägerin vor dem Sozialgericht Düsseldorf erhobene Klage (S 36 (36,18) VJ 196/00) wurde nach Einholung eines Gutachtens von Prof. Dr. E, Leiter der Neurologischen Klinik der Medizinischen Hochschule I, eines Gutachtens auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von Prof. Dr. I, Internist/Nephrologie/Umweltmedizin und Vorlage eines Privatgutachtens von Dr. I1 seitens der Klägerin durch Urteil vom 20.10.2006 abgewiesen, da nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme die erforderliche Wahrscheinlichkeit eines Kausalzusammenhangs zwischen der Influenzaimpfung und dem bei der Klägerin bestehenden CFS fehle. Die Sachverständigen hätten übereinstimmend ausgeführt, dass die Ursache des CFS in der wissenschaftlich-medizinischen Lehrmeinung nicht geklärt sei, sondern kontrovers diskutiert werde. Über die in Betracht kommende Kannversorgung sei nicht zu entscheiden, da es insoweit an einer überprüfbaren Verwaltungsentscheidung mangele.
Am 01.12.2006 hat die Klägerin die Gewährung von Leistungen im Wege der Kannversorgung beantragt.
Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 09.02.2007 ab, da die Voraussetzungen für eine Kannversorgung nicht vorlägen. Es sei trotz allen Bemühens n...