Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. angemessene Unterkunftskosten. selbst genutzte Eigentumswohnung. darlehensweise Übernahme der Tilgungsraten. verfassungskonforme Auslegung
Orientierungssatz
Auch wenn die Darlehenstilgungsraten für eine zum Schonvermögen gehörende, selbst genutzte Eigentumswohnung unter verfassungskonformer Auslegung nicht zu den nach § 22 Abs 1 S 1 SGB 2 berücksichtigungsfähigen Unterkunftskosten zählen, so sind die Tilgungsraten im Einzelfall (weit fortgeschrittene Darlehenstilgung, Alterssicherung, Lebensalter, Unwirtschaftlichkeit) darlehensweise vom Grundsicherungsträger zu übernehmen.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 16.02.2006 geändert. Die Beklagte wird unter Änderung des Bescheides vom 07.12.2004 in der Fassung des Bescheides vom 15.03.2005, des Widerspruchsbescheides vom 24.03.2005 sowie der Änderungsbescheide vom 31.03.2005 und 25.05.2005 verurteilt, dem Kläger zusätzlich zu den bereits gewährten Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch darlehensweise seine Tilgungsleistungen für die von ihm bewohnte Wohnung im Hause N Straße 00 in C gemäß Tilgungsplan (000) der O Allgemeinen Versicherungs-AG vom 01.08.2002 ab dem 01.03.2005 zu gewähren. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers für beide Rechtszüge zur Hälfte. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob Tilgungsraten für eine selbst genutzte Eigentumswohnung bei den Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zu berücksichtigen sind.
Der alleinstehende, am 00.00.1948 geborene Kläger war zunächst Eigentümer zweier unmittelbar auf einer Etage nebeneinander gelegener Eigentumswohnungen im Hause N Straße 00 in C. Die von ihm selbst genutzte Wohnung hat eine Größe von 45 qm, die andere Wohnung ist 21 qm groß. Für die selbst genutzte Wohnung waren ursprünglich (bis zu einer Änderung der Tilgungsmodalitäten im April 2006) noch Tilgungsraten an die O Allgemeine Versicherungs-AG (im Folgenden: O) bis zum 01.11.2008 zu leisten. Die monatliche Gesamtbelastung von 364,47 EUR verteilte sich für das Jahr 2005 ausweislich des Darlehenstilgungsplanes der O vom 01.08.2002 wie folgt auf Tilgungsraten sowie Zinsen:
Monat: 01.01.2005 Tilgung: 285,76 EUR Zinsen: 78,71 EUR
Monat: 01.02.2005 Tilgung: 287,26 EUR Zinsen: 77,21 EUR
Monat: 01.03.2005 Tilgung: 288,77 EUR Zinsen: 75,70 EUR
Monat: 01.04.2005 Tilgung: 290,28 EUR Zinsen: 74,19 EUR
Monat: 01.05.2005 Tilgung: 291,81 EUR Zinsen: 72,66 EUR
Monat: 01.06.2005 Tilgung: 293,34 EUR Zinsen: 71,13 EUR
Monat: 01.07.2005 Tilgung: 294,88 EUR Zinsen: 69,59 EUR
Monat: 01.08.2005 Tilgung: 296,43 EUR Zinsen: 68,04 EUR
Monat: 01.09.2005 Tilgung: 297,98 EUR Zinsen: 66,49 EUR
Monat: 01.10.2005 Tilgung: 299,55 EUR Zinsen: 64,92 EUR
Monat: 01.11.2005 Tilgung: 301,12 EUR Zinsen: 63,35 EUR
Monat: 01.12.2005 Tilgung: 302,70 EUR Zinsen: 61,77 EUR
Bis zum 01.10.2008 wuchsen nach diesem Tilgungsplan die monatlichen Tilgungsleistungen bis auf 361,69 EUR an; die Zinsleistungen verringerten sich bis auf 2,78 EUR; die monatliche Gesamtbelastung verblieb bei 364,47 EUR. Am 01.11.2008 wurde eine letzte Tilgungsleistung von 168,78 EUR sowie eine letzte Zinszahlung von 0,89 EUR fällig. Wegen der Einzelheiten wird auf den Tilgungsplan (000) vom 01.08.2002 Bezug genommen.
Die zweite, kleinere Wohnung hatte ausweislich eines Gutachtens des Gutachterausschusses für Grundstückswerte der Stadt C vom 07.01.2004 einen Verkehrswert von 19.000,00 EUR. Mit notariellem Vertrag vom 02.03.2006 verkaufte der Kläger (in der Zeit zwischen Verkündung und Zustellung des erstinstanzlichen Urteils) diese Wohnung zum 01.04.2006 zu einem Kaufpreis von 20.000,00 EUR. Ausweislich eines Tilgungsplanes (000) der O vom 01.08.2002 betrug das vom Kläger geschuldete Restkapital für die Finanzierung dieser Wohnung am 01.04.2005 noch 7.078,73 EUR und am 01.05.2005 noch 6.968,09 EUR. Der Kläger verkaufte die Wohnung bei Gelegenheit des Ablaufs der Zinsfestschreibung für das von der O erhaltene Darlehen; zuvor wäre bei einem Verkauf nach seinen Angaben eine Vorfälligkeitsentschädigung von 1.500,00 bis 2.000,00 EUR angefallen. Nach einem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgelegten Darlehensvertrag hatte er zwischenzeitlich ein privates Darlehen i.H.v. monatlich 500,00 EUR aufgenommen. Mit diesem Darlehen habe er die Verpflichtungen für beide Wohnungen getragen, da die Leistungen der Beklagten hierfür nicht ausgereicht hätten. Das Darlehen habe er nach Verkauf der kleineren Wohnung mit einem Betrag von 8.000,00 EUR insgesamt zurückgezahlt.
Mit Bescheid vom 07.12.2004 bewilligte die Beklagte dem Kläger für den Zeitraum vom 01.01. bis 31.05.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II i.H.v. monatlich 561,93 EUR. Von der monatlichen Regelleistung i.H.v. 345,00 EUR wurden 85,00...