Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. künstliche Befruchtung. drei Behandlungsmaßnahmen. Berücksichtigung von Behandlungsmaßnahmen in einem anderen Mitgliedstaat. Verfassungsmäßigkeit des § 27a SGB 5 idF vom 14.11.2003
Orientierungssatz
1. Liegen bereits drei erfolglose Behandlungsmaßnahmen mittels intrazytoplasmatischer Spermainjektion (ICSI) vor, scheidet ein weiterer Anspruch aufgrund der gesetzlichen Regelung ausnahmslos aus. Die Auffassung, nach einer Schwangerschaft bzw Geburt bestehe wiederum ein Anspruch auf drei (erfolglose) Behandlungsmaßnahmen, wird von der gesetzlichen Regelung nicht gedeckt. Des Weiteren ist die ICSI-Behandlung in einem anderen Mitgliedstaat bei den drei Behandlungsmaßnahmen zu berücksichtigen.
2. Die ab dem 1.1.2004 geltende gesetzliche Regelung des § 27a Abs 1 Nr 2 SGB 5 verstößt nicht gegen Grundrechte.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 10. Januar 2007 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Kostenerstattung einer Maßnahme zur Herbeiführung einer Schwangerschaft mittels intracytoplasmatischer Spermainjektion (ICSI).
Die 1973 geborene Klägerin zu 1) und der 1972 geborene Kläger zu 2) sind mit einander verheiratet und bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Bei dem Kläger zu 2) besteht eine subtotale Azoospermie.
Nachdem die Beklagte bereits zweimal die Kosten für künstliche Befruchtungen mittels ICSI übernommen hatte, beantragten die Kläger im Oktober 2003 die Kostenübernahme für eine weitere künstliche Befruchtung mittels ICSI durch Prof. Dr.A, Direktor des Institutes für Reproduktionsmedizin und Endokrinologie in C (Österreich), da die dortigen Erfolgschancen deutlich höher seien als in Deutschland. Mit Bescheid vom 08.09.2004 übernahm die Beklagte, die den Antrag zunächst abgelehnt hatte, auf den Widerspruch der Kläger nach Einschaltung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) die Kosten der im Dezember 2003 in Österreich durchgeführten Maßnahme, die wiederum zu keiner Schwangerschaft geführt hatte.
Im Dezember 2005 beantragten die Kläger die Kostenübernahme für eine weitere künstliche Befruchtung mit Spermainjektion. Sie gaben an, aufgrund einer von ihnen selbst finanzierten vierten ICSI-Maßnahme sei es bei der Klägerin zu einer Eileiterschwangerschaft gekommen, so dass nunmehr wieder ein Anspruch auf Übernahme der Kosten für erneute ICSI-Behandlungen bestehe. Mit Bescheid vom 09.01.2006 lehnte die Beklagte den Antrag ab, da keine hinreichende Aussicht bestehe, durch die Maßnahme eine Schwangerschaft herbeizuführen. Bei der Klägerin zu 1) seien nämlich bereits dreimal Maßnahmen ohne Erfolg durchgeführt worden. Eine Eileiterschwangerschaft führe lediglich dazu, dass diese nicht auf die Höchstzahl angerechnet werde, führe aber nicht zu einem Anspruch auf weitere Behandlungen.
Die Kläger legten hiergegen Widerspruch ein und trugen vor, nach der Eileiterschwangerschaft bestehe ein Anspruch auf drei weitere Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung. Mit Widerspruchsbescheid vom 08.03.2006 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück, da im Hinblick auf die dreimal ohne Erfolg durchgeführten Maßnahmen keine hinreichende Erfolgsaussicht bestehe.
Im April 2005 beantragten die Kläger unter Vorlage eines Behandlungsplans der Deutschen Klinik in Bad N erneut die Gewährung einer Maßnahme zur künstlichen Befruchtung. Mit Bescheid vom 02.05.2006 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme einer ICSI-Behandlung ab. Die in der Folgezeit in der Deutschen Klinik Bad N durchgeführte ICSI-Maßnahme, für die die Kläger Kosten in Höhe von 4.098,83 Euro aufwandten, führte 2007 zur Geburt eines Sohnes.
Am 21.03.2006 haben die Kläger Klage bei dem Sozialgericht (SG) Detmold erhoben. Sie haben vorgetragen, die bei der vierten ICSI-Maßnahme eingetretene Eileiterschwangerschaft sei der Geburt eines Kindes gleichzusetzen und begründe deshalb einen Anspruch auf drei weitere ICSI-Behandlungen. Zumindest sei die mangelnde Erfolgsaussicht durch die eingetretene Eileiterschwangerschaft widerlegt. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass die dritte Maßnahme in Österreich und nicht in Deutschland durch zertifizierte Ärzte erfolgt sei.
Die Kläger haben beantragt,
1. die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 09.01.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.03.2006 sowie des Bescheides vom 02.05.2006 zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 2.048,92 Euro nebst 4 % Zinsen hierauf seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
2. festzustellen, dass die Beklagte gegenüber den Klägern als Gesamtschuldner verpflichtet ist, Kosten für drei weitere ICSI-Behandlungsversuche zu 50 % zu tragen, soweit die weiteren Voraussetzungen nach § 27a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch vorliegen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten...