Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. notwendiger Lebensunterhalt in Einrichtungen. kein Anspruch auf Weihnachtsbeihilfe
Orientierungssatz
1. Die Regelung des § 35 Abs 2 S 1 SGB 12 normiert keinen Anspruch auf Leistung einer Weihnachtsbeihilfe.
2. Die Nennung der Begriffe Kleidung und Barbetrag in § 35 Abs 2 S 1 SGB 12 ist als eine Aufzählung von Regelbeispielen zu qualifizieren; weitere einmalige Bedarfe sind im Regelfall aus dem sich am Regelsatz orientierenden Barbetrag zu decken.
3. Diese Auslegung wird durch den eingefügten § 133b SGB 12 idF vom 2.12.2006 bestätigt.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 15.11.2006 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Verpflichtung der Beklagten, der Klägerin für das Jahr 2005 eine Weihnachtsbeihilfe in Höhe von 52,25 EUR zu zahlen. Die 1929 geborene Klägerin lebt im Senioren- und Pflegezentrum "B" in I. Seit dem 1. August 2004 erhält sie Hilfe zur Pflege in einer Einrichtung gemäß § 68 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) bzw. seit dem 1. Januar 2005 gemäß § 61 des Sozialgesetzbuches Zwölftes Buch (SGB XII). Monatlich steht ihr ein Barbetrag von insgesamt 133,36 EUR gemäß § 35 Abs. 2 SGB XII zur Verfügung.
Am 16. November 2005 beantragte die Klägerin die Gewährung einer Weihnachtsbeihilfe für das Jahr 2005. Mit Bescheid vom 16. Dezember 2005 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, erhöhte Aufwendungen aus Anlass von allgemeinen Feiertagen gehörten gemäß § 35 Abs. 2 Satz 1 SGB XII nicht mehr zum notwendigen Lebensunterhalt. Für die Gewährung einer Weihnachtsbeihilfe fehle es an einer gesetzlichen Grundlage.
Mit Widerspruchsschreiben vom 12. Januar 2006 (Eingang bei der Beklagten am 16. Januar 2006) führte die Klägerin aus, Anspruchsgrundlage für die Gewährung einer Weihnachtsbeihilfe sei § 35 Abs. 2 SGB XII. Neben erhöhten Kosten für die Nahrungsaufnahme (Süßigkeiten, Weihnachtsgans etc.) entstehe aufgrund sozialer Verpflichtungen (Geschenke) zur Sicherung der Integration des Hilfebedürftigen in das gesellschaftliche Leben ein erhöhter Finanzbedarf. Die Klägerin habe ihren Familienangehörigen weder Weihnachtsgeschenke machen noch an einem Restaurantbesuch mit der Familie teilnehmen können bzw. habe sich diesen "erbetteln" müssen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 8. März 2006 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Über die Begründung im Ausgangsbescheid hinaus führte sie aus, die pauschalen Erläuterungen der Klägerin zu den Gebräuchen an Weihnachtsfesten könnten die Gewährung einer Weihnachtsbeihilfe nicht rechtfertigen. Selbst wenn man davon ausginge, dass die Ausführungen zuträfen, fehle es dennoch an einer gesetzlichen Grundlage für die Gewährung einer Weihnachtsbeihilfe, weil es im SGB XII an einer der Regelung des § 21 Abs. 1 a Nr. 7 BSHG entsprechenden Regelung fehle.
Hiergegen hat die Klägerin am 10. April 2006 beim Sozialgericht Dortmund Klage erhoben. Der Wortlaut der Vorschrift des § 35 Abs. 2 Satz 1 SGB XII ("insbesondere") lege nahe, dass die Aufzählung des § 31 Abs. 1 SGB XII nicht abschließend sei. Darüber hinaus betrage der Barbetrag zur persönlichen Verwendung im Sinne von § 35 Abs. 2 Satz 1 SGB XII "mindestens" 20% des Eckregelsatzes. Auch diese Formulierung spreche dafür, dass die Gewährung weiterer Leistungen nicht ausgeschlossen sei. Ein Heimbewohner müsse aus dem Barbetrag zudem weitere Ausgaben wie z.B. Friseurbesuche, Briefmarken, Telefonkosten, Praxisgebühren, Zuzahlung zu Medikamenten bestreiten. Infolge dieser zu deckenden Bedarfe sei der Klägerin ein Ansparen aus dem Barbetrag - trotz dessen Erhöhung mit Inkrafttreten des SGB XII - nicht möglich. Die Praxis einzelner Bundesländer und Kommunen, die eine Weihnachtsbeihilfe gezahlt hätten, zeige, dass die Vorschrift des § 35 SGB XII einen Ermessensspielraum eröffne. Die Beklagte habe dieses Ermessen nicht (richtig) ausgeübt. Infolge des erhöhten "Sonderbedarfs Weihnachtsbeihilfe" liege eine Ermessensreduzierung auf Null vor. Ferner sei es nur schwer möglich vorzutragen und zu belegen, welche Entbehrungen der Klägerin aufgrund des Fehlens der Weihnachtsbeihilfe entstanden seien.
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 16. Dezember 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. März 2006 zu verurteilen, ihr eine Weihnachtsbeihilfe für das Jahr 2005 in Höhe von 52,25 Euro zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen. Zur Begründung hat sie auf ihre Ausführungen in den ablehnenden Bescheiden verwiesen und ausgeführt, die Klägerin träge keine Tatsachen vor, die einen zusätzlichen Bedarf für das Weihnachtsfest 2005 konkret und plausibel darstellen könnten. Die Klägerin hätte an in dem Senioren- und Pflegezentrum angebotenen Weihnachtsveranstaltungen teilnehmen können. Eine Isolation der Klägerin, die auf nicht möglichen Weihnachtsgeschenken eingetreten sein solle, könne n...