Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattung nach dem Tod des Berechtigten überzahlter Rente durch das begünstigte Geldinstitut. Rentenzahlung nach dem Tod des Leistungsberechtigten. Rücküberweisungspflicht des Geldinstituts. anderweitige Verfügung. Kenntnis des Geldinstituts vom Tod des Rentenbeziehers
Orientierungssatz
1. Auf den Einwand der anderweitigen Verfügung über den Zahlbetrag nach § 118 Abs 3 S 3 SGB 6 kann sich das Geldinstitut ab dem Zeitpunkt, zu dem es Kenntnis vom Ableben des Rentenberechtigten und Kontoempfängers erlangt hat, nicht mehr berufen (vgl BSG vom 22.4.2008 - B 5a/4 R 79/06 R = SozR 4-2600 § 118 Nr 6, LSG Essen vom 24.1.2014 - L 14 R 1000/12, LSG Berlin-Potsdam vom 5.9.2013 - L 4 R 496/08, LSG Stuttgart vom 2.7.2013 - L 13 R 2202/12 sowie LSG Darmstadt vom 19.2.2013 - L 2 R 262/12).
2. Die Schutzwürdigkeit des Geldinstituts vor Rückforderungsverlangen des rechtsgrundlos leistenden Rentenversicherungsträgers kann bereits bei grober Fahrlässigkeit entfallen (vgl BSG vom 5.2.2009 - B 13 R 87/08 R = SozR 4-2600 § 118 Nr 8).
3. Der Rückerstattungsanspruch soll im öffentlichen Interesse eine schnelle Rücküberweisung der überzahlten Rentenbeträge ermöglichen, damit die Gelder möglichst bald dem Rentenversicherungsträger wieder zur Erfüllung seiner Aufgaben zur Verfügung stehen (vgl BSG vom 28.8.1997 - 8 RKn 2/97 = SozR 3-2600 § 118 Nr 1).
Normenkette
SGB VI § 118 Abs. 3 Sätze 1-3, Abs. 4
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 18.02.2014 geändert. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin einen Betrag in Höhe von 1.158,57 Euro zu erstatten.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.158,57 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Der klagende Rentenversicherungsträger begehrt die Erstattung überzahlter Altersrente in Höhe von 1.158,57 Euro, die nach dem Tod des Rentenberechtigten noch auf dessen Girokonto bei dem beklagten Geldinstitut überwiesen worden ist.
Der Rentenberechtigte U (geb. am 00.00.1929) - nachfolgend: der Rentenberechtigte - erhielt von der Klägerin neben einer Witwerrente aus der Versicherung seiner vorverstorbenen Ehefrau und einer Unfallrente seit dem 1.2.1989 eine Altersrente aus eigener Versicherung in Höhe eines Auszahlungsbetrages von zuletzt monatlich 1.188,90 Euro. Die Auszahlung erfolgte auf das bei der Beklagten unter der IBAN DE 000 geführte Girokonto des Rentenberechtigten mit Wertstellung zum jeweiligen Monatsende für den Folgemonat.
Der Rentenberechtigte verstarb am 24.1.2012. Auf dem Konto erfolgte am 31.1.2012 im Auftrag der Klägerin noch die für Februar 2012 bestimmte Gutschrift der Altersrentenzahlung. Kenntnis vom Tod des Rentenberechtigten erhielt sie erst durch Eingang eines amtlichen Nachweises am 8.2.2012.
Am 30.3.2012 erfolgten die Auflösung des Kontos und die Überweisung des Restguthabens i.H.v. 2.378,43 Euro an Frau W. Der letzte Kontoauszug ist ausgestellt auf "Herr U - Nachlass -, z. H. W, I-Weg 00, N".
Die Klägerin machte erstmals gegenüber der Beklagten per DV-Übertragung am 5.4.2012 die Rückforderung einer zu Unrecht gewährten Geldleistung i.H.v. 1.158,57 Euro geltend. Die Beklagte lehnte dies unter Hinweis darauf ab, dass das Konto am 30.3.2012 und somit vor Eingang des Rückforderungsverlangens aufgelöst worden sei. Die Auszahlung auf ein Konto der Frau W habe nicht zu einer Reduzierung von Schutzbeträgen durch eigene Forderungen geführt.
Mit der am 2.10.2012 zum Sozialgericht (SG) Köln erhobenen Zahlungsklage hat die Klägerin vorgetragen: Ihr Erstattungsanspruch folge aus § 118 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI). Die Beklagte könne mit ihrem Auszahlungseinwand nicht gehört werden, da sie zum Zeitpunkt der Kontoauflösung Kenntnis vom Tod des Rentenberechtigten besessen habe. Sie habe Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Tod überwiesen und mithin zu Unrecht gezahlt worden seien, auf entsprechendes Rückforderungsverlangen zurückzuüberweisen. Diese Verpflichtung scheide nur aus, soweit über den entsprechenden Betrag bei Eingang des Rückforderungsverlangens bereits anderweitig verfügt worden sei, es sei denn, dass die Rückforderung aus einem Guthaben erfolgen könne. Eine solche anderweitige, also durch Dritte und für fremde Rechnung erfolgte Verfügung über den der überwiesenen Geldleistung entsprechenden Betrag liege nicht vor. Verfügungen führten u.a. nicht zu einer Minderung des Rücküberweisungsanspruches, soweit sie aus wirtschaftlicher Sicht zugunsten des Geldinstitutes erfolgten. Das sei hier der Fall gewesen. Der Beklagten sei es hingegen versagt gewesen, die Rentenzahlung zur Befriedigung eigener Forderungen gegen den neuen Kontoinhaber zu verwenden.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, ihr 1.158,57 Euro zu erstatten.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Klage unter Vertiefung ihres außer...