Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschränkung der Leistungsabrechnung im Rahmen der Therapie bei HIV-Infizierten / AIDS-ERkrankten auf zugelassene Vertragsärzte

 

Orientierungssatz

1. Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) stellt nach § 106 a Abs. 2 S. 1 SGB 5 die sachliche und rechnerische Richtigkeit der Abrechnungen in der vertragsärztlichen Versorgung fest. Dazu gehört u. a. auch die arztbezogene Prüfung der Abrechnungen auf Plausibilität.

2. Nach dem Wortlaut des § 2 HIV-Vereinbarung ist die Abrechnung nicht von einer vorherigen Genehmigung abhängig. Sie setzt aber voraus, dass Abrechnender ein zugelassener Vertragsarzt ist. Der Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG verlangt nicht, dass auch ermächtigte Ärzte die SNR 91030 abrechnen können.

3. Die HIV-Vereinbarung hat ihre Rechtsgrundlage in § 73 SGB 5. In den Gesamtverträgen ist zu regeln, ob Vertragsärzte, die der KV nachweisen, dass sie die vereinbarten Anforderungen erfüllen, einen Anspruch auf Durchführung der Versorgungsaufträge im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung haben.

4. Einen Anspruch eines an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Arztes darauf, dass KV und Krankenkassen einen Vertrag nach § 73 c SGB 5 schließen, gibt es nicht.

5. Durch die Vereinbarung findet kein Eingriff in die Chancengleichheit im Wettbewerb des Art. 3 GG statt, weil die Grundrechte des Vertragsarztes dadurch hinreichend gewahrt sind, dass ihm für seine Leistung die regelhaft vorgesehene Vergütung gewährleistet wird.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 28.02.2012 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist eine sachlich-rechnerische Richtigstellung für die Quartale I - IV/2006 im Umfang vom 114.574,86 EUR.

Die Klägerin ist Trägerin der Medizinischen Klinik, Aids-Ambulanz im Klinikzentrum O in E, die durch Beschluss des Zulassungsausschusses vom 17.02.2005 für die Zeit vom 01.04.2005 bis 31.03.2007 nach § 31 Abs. 1, Alternative a Ärzte-ZV u.a. insoweit zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt worden war, als sie - auf Überweisung niedergelassener Ärzte - besondere Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Rahmen der Therapie bei HlV-lnfizierten/AlDS-Erkrankten einschließlich der notwendigen begleitenden Diagnostik durchführte.

Mit Bescheid vom 24.07.2006 stellte die Beklagte die Abrechnung der Klägerin für das Quartal I/2006 zur SNR 91030 in folgendem Umfang sachlich-rechnerisch richtig: Primärkassen 258 x, Ersatzkassen 111 x, Sonstige Kostenträger 12 x. Zur Begründung führte sie aus, dass nur zugelassene (niedergelassene) Ärzte an der Vereinbarung nach § 73c Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zur Förderung einer qualitätsgesicherten Versorgung HlV-infizierter Patienten und Patientinnen in Westfalen-Lippe teilnehmen könnten. Mit Bescheiden vom 20.10.2006, 19.01.2007 und 23.04.2007 erfolgten entsprechende Richtigstellungen für die Folgequartale II/2006 - IV/2006.

Gegen den Bescheid vom 24.07.2006 legte die Klägerin am 25.08.2006 (Eingang bei der Beklagten) Widerspruch ein. Sie wies darauf hin, dass die niedergelassenen Ärzte und ermächtigten Institute mit ihrem im Frühjahr 2005 an das Ministerium für Gesundheit, Soziales, Frauen und Familie des Landes NRW gerichteten gemeinsamen Antrag zur Versorgungssituation von therapiebedürftigen HlV-/AlDS- Infizierten in Nordrhein-Westfalen eine einheitliche Regelung angestrebt hätten, die den zusätzlichen personellen und zeitlichen Behandlungsaufwand berücksichtige und langfristig die Versorgungsqualität sichere. Dass nach der Vereinbarung gemäß § 73c SGB V ausschließlich niedergelassene Ärzte zur Abrechnung der SNR 91030 berechtigt seien, stelle eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung dar.

Gegen den Bescheid vom 20.10.2006 wandte sie sich mit Widerspruch vom 20.11.2006 (Eingang bei der Beklagten).

Mit Widerspruchsbescheiden vom 14.02.2007 wies die Beklagte die Widersprüche gegen die Bescheide vom 24.07.2006 und 20.10.2006 zurück. Bei der Abrechnung sei sie satzungsgemäß an die geltenden gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen gebunden. Die Vereinbarung nach § 73c SGB V zur Förderung einer qualitätsgesicherten Versorgung HIV-infizierter Patientinnen und Patienten in Westfalen-Lippe (HIV-Vereinbarung) sehe eine Abrechnung der SNR 91030 durch ermächtigte Institute nicht vor. Es handele sich um eine freiwillige Vereinbarung, durch die die vom stationären Sektor abweichende besondere Kosten- und Honorarsituation von Vertragsarztpraxen, die sich auf diese Klientel spezialisiert hätten, verbessert werden solle. Im Krankenhaussektor sei es aufgrund einer Mischkalkulation auf viel breiterer Basis möglich, diesen Patientenkreis ohne Honorarerlöse aus der Vereinbarung kostendeckend zu behandeln. Deshalb sei die Vereinbarung nicht auf ermächtigte Ärzte erstreckt worden.

Daraufhin hat die Klägerin am 14.03.2007 die vorliegende Klage erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen...

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