Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen eines Anspruchs des Versicherten auf Versorgung mit Medical-Cannabis-Blüten
Orientierungssatz
1. Voraussetzung der Leistungspflicht der Krankenkasse für eine Arzneimitteltherapie ist deren arzneimittelrechtliche Zulassung. Hierzu ist deren krankenversicherungsrechtliche Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit nachzuweisen (BSG Urteil vom 4. 4. 2006, B 1 KR 12/04 R). Bisher fehlt es an einer EU-weiten oder auf die Bundesrepublik Deutschland bezogenen Arzneimittelzulassung i. S. des § 21 Abs. 1 Arzneimittelgesetz für Medical-Cannabis-Blüten.
2. Ein Anspruch des Versicherten auf Versorgung mit Medical-Cannabis-Blüten nach § 2 Abs. 1a S. 1 bzw. § 31 Abs. 6 SGB 5 ist ausgeschlossen, wenn die vom Versicherten geltend gemachten Schmerzzustände nicht vergleichbar sind mit einer regelmäßig tödlichen oder lebensbedrohlichen Erkrankung. Gleiches gilt, wenn vorhandene Therapieoptionen nicht ausgeschöpft sind.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 22.01.2016 geändert. Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Versorgung mit Medizinal-Cannabisblüten im Umfang von 56 g je Monat.
Der am 00.00.1985 geborene Kläger, der bei der Beklagten krankenversichert ist, leidet u.a. an Schmerzzuständen infolge von Halswirbelsäulenkörperbrüchen in den Jahren 2008 und 2009. Am 09.09.2013 beantragte der Kläger, der im Besitz einer Ausnahmeerlaubnis nach § 3 Betäubungsmittelgesetz (BtmG) zum Erwerb von Medizinal-Cannabisblüten des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte war, bei der Beklagten die Übernahme der Kosten für die Versorgung mit Medizinal-Cannabisblüten. Beigefügt war ein vom 05.09.2013 datierendes Schreiben des behandelnden Arztes des Klägers, Dr. E, Internist, Pneumologe, Allergologe, X. Dieser gab an, dass der vierwöchige Bedarf des Klägers bei 56 g Cannabisblüten liege, die er aufgrund des schweren chronischen Schmerzzustandes nach einem schweren Badeunfall mit mehrfacher Halswirbelsäulenkörperfraktur und schweren Nachfolgeschäden für erforderlich halte. Die Beklagte wandte sich mit Schreiben vom 13.09.2013 an den Kläger:
... Ihren o.g. Antrag haben wir erhalten und eingehend geprüft. Sie haben eine private Genehmigung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte erhalten, die es erlaubt, Medizinal-Cannabisblüten im Rahmen einer medizinisch betreuten und durch den Arzt Dr. E begleiteten Selbsttherapie direkt aus der Apotheke zu beziehen und zu besitzen ... Dies alles sagt jedoch nichts über die GKV-Verordnungsfähigkeit aus. Die Rechtslage dazu ist unverändert. Weder gibt es zugelassene Arzneimittel in Deutschland noch hat der Gemeinsame Bundesausschuss eine Bewertung erteilt, sodass eine Verordnung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung weiterhin nicht möglich ist. Auch wenn uns die Schwere Ihrer Erkrankung durchaus bewusst ist, kann weder aus der Rechtslage heraus noch medizinisch/pharmazeutisch eine Kostenübernahme empfohlen werden ...
Am 25.09.2013 bat der Kläger um Überprüfung dieser Rechtsauffassung: Sofern die Beklagte daran festhalte, bitte er um einen schriftlichen Ablehnungsbescheid. Die Beklagte holte ein Gutachten des Dr. T, Medizinischer Dienst der Krankenversicherung (MDK) vom 16.10.2013 ein, der zu dem Ergebnis gelangte, dass der Kläger bereits fünf Medikamente auf Morphinbasis erhalte und ein cannabishaltiges Präparat. Das Erfordernis der Hinzunahme eines weiteren Betäubungsmittels lasse sich nicht begründen. Daraufhin erteilte die Beklagte unter dem 28.11.2013 den mit einer Rechtsmittelbelehrung versehenen Bescheid, mit dem sie u.a. auf ihr Schreiben vom 13.09.2013 verwies, wo sie bereits mitgeteilt habe, dass eine Verordnung von Cannabisblüten zu Lasten der Krankenkasse nicht in Betracht komme. Den dagegen am 03.01.2014 eingelegten Widerspruch wies die Beklagte durch den Widerspruchsbescheid vom 02.04.2014 zurück.
Dagegen hat der Kläger am 22.04.2014 Klage vor dem Sozialgericht Dortmund erhoben.
Zur Begründung hat er vorgetragen, dass er an unerträglichen Schmerzen leide, zu deren Linderung er die Versorgung mit Cannabisblüten benötige. Sein behandelnder Arzt Dr. E befürworte diese Behandlung.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 28.11.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.04.2014 zu verurteilen, die Kosten für die monatliche Versorgung mit 56 g Cannabisblüten entsprechend der ärztlichen Verordnung des behandelnden Arztes Dr. E aus X vom 05.09.2013 zu tragen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat an der Ansicht festgehalten, dass ein Anspruch des Klägers auf Versorgung mit Cannabisblüten nicht bestehe.
Das Sozialgericht hat die Beklagte durch Urteil vom 22.01.2016 verurteilt, die Kosten der monatlichen Versorgung des Klägers mit 56 g Cannabisblüten entsprechend der ärztlichen Verordnung ...