Entscheidungsstichwort (Thema)
Asylbewerberleistung. Kostenübernahme für die Teilnahme an einem Deutschkurs. nicht bereits von den Grundleistungen umfasst. sonstige Leistungen nach § 6 Abs 1 AsylbLG. keine Unerlässlichkeit zur Sicherung des Lebensunterhalts. verfassungskonforme Auslegung. Örtliche Zuständigkeit. Tatsächlicher Aufenthalt. Ermittlung des Regelbedarfs. Integration in die deutsche Gesellschaft. Ausreisepflicht. Existenzminimum
Leitsatz (amtlich)
Einem nach § 60a AufenthG (juris: AufenthG 2004) geduldeten Ausländer, der seine Ausreise aus Deutschland dadurch vereitelt, dass er nicht an der Beschaffung von Passersatzpapieren mitwirkt, sind keine Leistungen nach § 6 AsylbLG für den Besuch eines Deutschkurses zu gewähren. Das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums garantiert keinen Sprachkurs für eine Integration in die deutsche Gesellschaft, für die, würde sich der Betreffende ausländerrechtskonform verhalten und seine Ausreise vorantreiben, von vornherein gar kein Bedürfnis bestehen könnte.
Orientierungssatz
Ein Anspruch eines Leistungsberechtigten nach dem AsylbLG auf Übernahme von Kosten für die Teilnahme an einem Deutschkurs ist nicht bereits deshalb von vornherein ausgeschlossen, weil solche Kosten schon von den Grundleistungen nach § 3 AsylbLG umfasst sind.
Normenkette
AsylbLG § 6 Abs. 1 S. 1, § 2 Abs. 1, §§ 3, 10a Abs. 1, § 23 Abs. 2; AufenthG § 60a Abs. 1 S. 2; SGB XII § 73; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 20 Abs. 1
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 22.05.2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Übernahme von Kosten für die Teilnahme an einem Sprachkurs zum Erlernen der deutschen Sprache.
Der Kläger wurde nach seinen Angaben am 00.00.1994 in Guinea geboren und gehört der Volksgruppe der Fula/Fulbe an. Die Ausländerbehörde des Kreises T und die Beklagte nehmen ein Geburtsdatum am 01.01.1993 an. In Guinea, wo er noch Verwandte hat (u.a. einen 2008 geborenen Sohn), besuchte der Kläger sieben Jahre die Schule. Anschließend arbeitete er, ohne eine formelle Berufsausbildung absolviert zu haben, selbstständig im Einzelhandel. Neben der in Guinea verbreiteten Sprache Fula/Peul spricht er fließend Französisch und etwas Englisch. Der deutschen Sprache ist er nicht bzw. nur unzureichend mächtig.
Am 23.08.2011 reiste der Kläger ohne gültige Papiere nach Deutschland ein. Seinen Asylantrag lehnte die Ausländerbehörde des Kreises T mit Bescheid vom 22.09.2011 als offensichtlich unbegründet ab; Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG seien nicht festzustellen. Die hiergegen erhobene Klage blieb erfolglos (rechtskräftiges Urteil des Verwaltungsgerichts Münster vom 04.06.2013 - 1 K 2149/11.A). Im Rahmen einer Vorsprache vom 10.01.2012 teilte der Kläger der Ausländerbehörde mit, nicht freiwillig nach Guinea auszureisen. Er erklärte sich bislang nicht bereit, einen Antrag zur Beschaffung von Passersatzpapieren auszufüllen. Die Ausländerbehörde verweigerte deshalb die Erteilung einer Arbeitserlaubnis. Aufenthaltsrechtlich wurde der Kläger seit Juni 2012 durchgehend nach § 60a Abs. 2 S. 1 AufenthG geduldet.
Mit Zuweisungsbescheid vom 31.08.2011 wies die Bezirksregierung Arnsberg den Kläger der Beklagten zu. Seit dem 14.09.2011 lebt er dort durchgehend in einer Gemeinschaftsunterkunft; 14-tägig nimmt er Meldetermine bei der Beklagten wahr. Für die Betreuung der Bewohner der Unterkunft steht ein bei der Beklagten angestellter Diplom-Sozialarbeiter zur Verfügung; dieser leistet auch "aufsuchende Hilfe" und unterstützt die Bewohner bei der Kommunikation mit Behörden. Ferner kümmert sich eine Bürgerin ehrenamtlich um die Bewohner. Angebote zum Erwerb oder zur Verbesserung von Kenntnissen der deutschen Sprache gibt es in der Einrichtung nicht. In Deutschland hat der Kläger keine näheren Verwandten. Er ist mit einer ebenfalls aus Guinea stammenden Frau, die in N lebt, befreundet, und besucht sie regelmäßig, insbesondere am Wochenende und teilweise über Nacht.
Die Beklagte gewährt dem Kläger seit September 2011 durchgehend sog. Grundleistungen nach § 3 AsylbLG. Am 10.01.2012 legte der Kläger mit Blick auf die seinerzeit beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) anhängigen Normenkontrollverfahren nach Art. 100 Abs. 1 GG (1 BvL 10/10 und 2/11) Widerspruch ein; hilfsweise stellte er einen Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X. Im Anschluss an das Urteil des BVerfG vom 18.07.2012 - 1 BvL 10/10 und 2/11 gewährte die Beklagte dem Kläger ab November 2011 höhere Grundleistungen nach Maßgabe der vom BVerfG getroffenen Übergangsregelung; eine sich hieraus ergebende Nachzahlung i.H.v. 1.069,27 EUR kehrte sie an den Kläger aus.
Der Kläger trat verschiedentlich strafrechtlich in Erscheinung. Das Landgericht Münster verurteilte ihn u.a. wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäub...