Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit
Orientierungssatz
1. Eine versicherungspflichtige Beschäftigung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet.
2. Ist eine Pflegekraft bei ihrer Tätigkeit in die Organisation des von dem die Pflegeleistungen erbringenden Unternehmens eingegliedert und untersteht sie hierbei einem umfassenden Weisungsrecht nach Zeit, Dauer, Art und Ort der Tätigkeit, so ist nicht von einer selbständigen Tätigkeit auszugehen.
3. Steht es der Pflegekraft frei, zu welcher genauen Tagesstunde die erforderliche Tätigkeit bei den zu pflegenden Personen ausgeführt wird, so stellt dies kein wesentliches Merkmal für eine selbständige Tätigkeit dar. Auch ein gewisses Maß an eigenständiger Entscheidungs- und Gestaltungsbefugnis führt nicht automatisch zur Selbständigkeit.
4. Maßgebliches Kriterium für das Bestehen eines Unternehmerrisikos ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird. Daran fehlt es insbesondere dann, wenn die Arbeitskraft nicht nach Erfolg, sondern nach Zeitaufwand entlohnt wird.
5. Ein fehlender Anspruch auf Urlaubsentgelt oder auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall rechtfertigt für sich allein nicht die Annahme eines unternehmerischen Risikos.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 13.12.2005 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger für die Beigeladene zu 1) Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung, zur Kranken- und zur Pflegeversicherung - bezogen auf den Zeitraum vom 1.1.95 bis 31.12.1995 - i.H.v. insgesamt 2.769,80 DM, umgerechnet 1.416,18 EUR, zu entrichten hat.
Der Kläger betrieb im angegebenen Zeitraum eine Sozialstation und erbrachte Leistungen der Grund- und Behandlungspflege sowie der hauswirtschaftlichen Versorgung. Die Leistungen wurden, insbesondere wenn es um die Behandlungspflege ging, ärztlich verordnet und erfolgten aufgrund einer Bewilligung durch die Kranken- bzw. Pflegekassen bzw. durch die Sozialhilfeträger. Der Kläger hatte im Streitzeitraum 23 fest angestellte Kräfte, davon 10 in Voll- und 23 in Teilzeit. Daneben beschäftigte er 36 Honorarkräfte, unter ihnen die Beigeladene zu 1). Mit diesen schloss er Honorarverträge, die im Falle der Beigeladenen zu 1) einen Stundenlohn von 20 DM an Werktagen und 25 DM an Wochenenden vorsahen. Vielfach sahen die Verträge vor, dass Fahrgeld nach Tarifen der Stadtwerke T gezahlt werde. Es handele sich nicht um eine Tätigkeit im arbeitsrechtlichen Sinne. Die als freier Mitarbeiter bezeichnete Honorarkraft werde von ihm, dem Kläger, nicht lohnversteuert oder sozialversichert. Die Mitarbeiter mussten "auf Wunsch des Kostenträgers" an regelmäßigen Gesprächen mit der Einsatzleitung und an Weiterbildungsgesprächen (ohne Entgelt) teilnehmen.
Die Beigeladene zu 1) verrichtete für den Kläger in diesem Zusammenhang hauswirtschaftliche Tätigkeiten bei zu betreuenden Personen in deren Privathaushalt. Die Tätigkeit wurde auf Stundenbasis in monatlichem Rhythmus auf der Grundlage von Stundenzetteln vergütet. Wegen der geleisteten Stunden und der Höhe der gezahlten Vergütung im Einzelnen wird auf die vom Kläger im Berufungsverfahren überreichte Aufstellung (Bl. 645 GA) Bezug genommen. In dem hier streitigen Zeitraum erhielt die Beigeladene eine Vergütung i.H.v. insgesamt 9.647,50 DM.
Aufgrund einer Mitteilung des Arbeitsamtes T führte die Beklagte bei dem Kläger für den Prüfzeitraum 1.1.1995 bis 31.12.1998 eine Betriebsprüfung durch. Nach der Schlussbesprechung am 13.1.1999 forderte die Beklagte Gesamtsozialversicherungsbeiträge von insgesamt 269.117,92 DM, bezogen auf die Beigeladene zu 1) Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung von 8.128,20 DM, nach. Zur Begründung führte sie aus, die vom Kläger eingesetzten Pflegekräfte - unter ihnen die Beigeladene zu 1) - seien bei ihm sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen und dementsprechend zu Unrecht als selbstständige freie Mitarbeiter auf Honorarbasis geführt worden. Gesamtsozialversicherungsbeiträge seien bis zum 31.12.1996 nachzuzahlen. Ab dem 1.1.1997 seien keine Pflegekräfte als freie Mitarbeiter mehr beschäftigt gewesen, da die Vertragsverhältnisse beendet, als sozialversicherungspflichtige bzw. wegen Geringfügigkeit sozialversicherungsfreie Beschäftigungsve...