Entscheidungsstichwort (Thema)
Übereinstimmende Erledigungserklärung im SG-Prozess nur in nicht kostenbefreiten Verfahren
Orientierungssatz
1. Im sozialgerichtlichen Verfahren wirkt die einseitige Erledigungserklärung als Annahme eines (Teil -) Anerkenntnisses und/oder Rücknahme der Klage; sie beendet das Verfahren unabhängig davon, ob der Gegner zustimmt oder nicht.
2. Auch nach der Einfügung des § 197a SGG und damit der Einführung der übereinstimmenden Erledigungserklärung als das Verfahren beendende Prozesshandlung durch das 6. SGG-Änderungsgesetz gilt dies nur für nicht kostenbefreite Verfahren.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 23.06.2005 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Rechtsstreit, der unter dem Aktenzeichen S 10 RJ 101/04 (SG Düsseldorf) geführt wurde, durch die Prozesserklärung der Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Datum vom 26.07.2004 erledigt ist.
In diesem Verfahren begehrte der Kläger die Gewährung eines Altersruhegeldes insbesondere unter Berücksichtigung von Zeiten der Beschäftigung in einem DP-Lager in Landshut und von Zeiten der Beschäftigung im Ghetto Bendzin. Die versicherungspflichtigen Zeiten der Beschäftigung in dem DP-Lager sind im Verwaltungsverfahren durch Übersendung der Lohnlisten des Lagers nachgewiesen worden. Die von der Beklagten angeforderte Lebensbescheinigung und die Erklärung bezüglich des Zahlungsweges für die Rente gingen trotz mehrfacher Erinnerung erst nach Erteilung des Widerspruchsbescheides bei der Beklagten ein. Die Beklagte lehnte die Gewährung eines Altersruhegeldes wegen fehlender Mitwirkung mit Bescheid vom 13.03.2003 und Widerspruchsbescheid vom 18.02.2004 ab.
Hiergegen hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers durch ihren Vertreter, Herrn Rechtsanwalt T, am 16.03 2004 vor dem Sozialgericht Klage erhoben. Während des Klageverfahrens hat die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 04.06.2004 Altersruhegeld ab dem 01.08.1990 unter Berücksichtigung der DP-Zeiten im Lager Landshut als Pflichtbeitragszeiten (01.07.1946 - 31.03.1947) und der Zeit vom 01.01.1940 bis zum 27.04.1945 als Verfolgungszeit gewährt. Zahlungsbeginn der Rente sei aufgrund der Verjährung der 01.01.1993. Auf diesen Bescheid hin hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers durch ihren Vertreter, Herrn Rechtsanwalt X, den Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 26.07.2004 in der Hauptsache für erledigt erklärt und beantragt, der Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Zur Frage der Kostenübernahme durch die Beklagte ist in diesem Schriftsatz umfangreich vorgetragen worden. Die Erledigungserklärung hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers, vertreten durch Rechtsanwalt T, am 09.12.2004 widerrufen. Bei der Erklärung vom 28.07.2004 habe es sich um eine einseitige Erledigungserklärung gehandelt. Diese einseitige Erledigungserklärung könne solange widerrufen werden, bis die Beklagte sich ihr angeschlossen und das Gericht noch keine Entscheidung getroffen habe. Die Prozessbevollmächtigte hat sich auf die Kommentierung in Meyer-Ladewig, Kommentar zum Sozialgerichtsgesetz (SGG) § 125 Rdnr. 10 bezogen. Ein solcher Fall sei auch hier gegeben. Streitgegenständlich seien nunmehr die Zeiten der verfolgungsbedingten Arbeitsunfähigkeit und des Auslandsaufenthaltes. Diese Zeiten habe die Beklagte in ihrem Bescheid nicht berücksichtigt.
Der Kläger hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,
die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheids vom 04.06.2004 zu verurteilen, ihm höheres Altersruhegeld unter Berücksichtigung weiterer Ersatzzeiten zu gewähren.
Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit Gerichtsbescheid vom 23.06.2005 hat das Sozialgericht festgestellt, dass das Klageverfahren vor dem Sozialgericht Düsseldorf durch die Erklärung vom 26.07.2004 beendet worden ist. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, das Gericht sei an einer Sachentscheidung gehindert, da der Rechtsstreit beendet worden sei. Die von der Prozessbevollmächtigten abgegebene Erledigungserklärung führe anders als im Zivil- und Verwaltungsprozess zur Beendigung des Rechtsstreits in der Hauptsache. Die Erledigungserklärung habe keine eigenständige, insbesondere auch keine kostenrechtliche Bedeutung. Sie stelle sich entweder als Klagerücknahme oder als Annahme eines von der Beklagten abgegebenen Anerkenntnisses dar. Die einseitige Erledigungserklärung könne auch nicht widerrufen werden. Soweit die Prozessbevollmächtigte unter Hinweis auf das Urteil des BGH in NJW 2002, S. 442 die Auffassung vertrete, die einseitige Erledigungserklärung könne solange widerrufen werden, wie sich die Gegenseite noch nicht angeschlossen habe, folge das Gericht diesem Vortrag nicht. Anders als in dem vom BGH entschiedenen Zivilprozess führe eine einseitige Erledigungserklärung - wie ausgeführt - im sozialgerichtlichen Verfahren zu einer Erledigung des Rechtsstreits,...