Entscheidungsstichwort (Thema)
Versicherungspflicht des Syndikus-Rechtsanwalts in der gesetzlichen Rentenversicherung
Orientierungssatz
1. Bei der Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit ist von Ersterer auszugehen, wenn eine Tätigkeit in einem Arbeitsverhältnis nach Weisungen erfolgt und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers vorliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit durch ein eigenes Unternehmerrisiko, eine eigene Betriebsstätte und die freie Verfügung über die eigene Arbeitskraft gekennzeichnet.
2. Der Befreiungstatbestand des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB 6 setzt bei einem sog. Syndikus-Rechtsanwalt voraus, dass dessen Mitgliedschaft in einer berufsständischen Versorgungseinrichtung zurückzuführen ist auf dessen Beschäftigung in einem Unternehmen, in dem er tätig ist.
3. Erforderlich ist hierzu, dass die Tätigkeit des Rechtsanwalts in dem Unternehmen dem Berufsfeld des Rechtsanwalts zugeordnet werden kann.
4. Der Syndikus-Anwalt hat zwei Arbeitsbereiche, nämlich einen arbeitsvertraglich gebundenen und einen als freier Anwalt. Seine Eigenschaft als Rechtsanwalt ändert nichts daran, dass das Arbeitsverhältnis von dem Prinzip der Über- und Unterordnung beherrscht wird. Damit ist die vom Arbeitgeber vorgegebene Eingliederung in dessen Arbeitsorganisation mit dem Berufsbild des Rechtsanwalts unvereinbar. Dies hat zur Folge, dass für den Syndikus-Rechtsanwalt eine Möglichkeit zur Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht gegeben ist.
5. Diese Regelung ist verfassungsgemäß. Insbesondere liegt kein Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG vor.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 19.02.2013 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger in seiner Beschäftigung als Geschäftsführer und Syndikusanwalt bei der Firma V GmbH (Beigeladene zu 1) ein Anspruch auf (erstmalige) Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) zusteht.
Der am 00.00.1972 geborene Kläger ist Volljurist. Im Rahmen des seit dem 06.08.2001 bestehenden Beschäftigungsverhältnisses des Klägers mit der Beigeladenen zu 1) war er zunächst als Assistent des Geschäftsführers angestellt.
Ausweislich der Stellenausschreibung vom 16.07.2001 beinhaltet die Tätigkeit eines Volljuristen als Assistent des Geschäftsführers die selbständige Vertretung der Beigeladenen zu 1) gegenüber den Arbeitnehmern, Vertragspartnern, Behörden und Gerichten. Der Aufgabenbereich beinhaltet im Wesentlichen die Überprüfung sämtlicher bestehender und zukünftiger Mietverträge der 21 V-Kinowelten in Deutschland und Österreich sowie die Vor- und Aufbereitung von Schriftsätzen inklusive Sachverhaltsermittlung in Zusammenarbeit mit externen Rechtsanwaltskanzleien.
Durch Beschluss der Gesellschafterversammlung der Beigeladenen zu 1) vom 13.03.2006 wurde der Kläger mit Wirkung vom selben Tage zum Geschäftsführer der Beigeladenen zu 1) bestellt. Ebenfalls am 13.03.2006 schlossen der Kläger und die Beigeladene zu 1) im Hinblick auf die Bestellung des Klägers zum Geschäftsführer eine als "Dienstvertrag" titulierte vertragliche Vereinbarung. Hiernach gilt: § 1 Aufgaben und Pflichten (1) Er (Anm.: der Kläger) vertritt die Gesellschaft gemeinsam mit einem anderen Geschäftsführer oder einem Prokuristen. Diese Bestellung zum Geschäftsführer beendet das bereits bestehende Anstellungsverhältnis mit der Gesellschaft nicht. Es wird vielmehr vereinbart, dass das bereits bestehende Anstellungsverhältnis neben diesem Dienstvertrag und der Bestellung zum Geschäftsführer als ruhend fortbesteht. Dieses Anstellungsverhältnis begann am 6. August 2001.
(2) Herr T führt die Geschäfte nach Maßgabe der Gesetze, des Gesellschaftsvertrags der Gesellschaft, dieses Dienstvertrags, der Geschäftsordnung für die Geschäftsführung der Gesellschaft und der von der Gesellschafterversammlung erteilten Weisungen sowie den V Konzern Grundsätzen und Verfahrensweisen. Herrn T obliegen insbesondere die Aufgaben, die gemäß dem jeweils von der Gesellschafterversammlung festgelegten Geschäftsverteilungsplan zum Geschäftsbereich des Geschäftsführers gehören.
(3) Herr T wird auch während seiner Funktion als Geschäftsführer seine Aufgaben als Syndikusanwalt der Gesellschaft in dem gleichen Umfang wie während des bereits bestehenden Anstellungsverhältnisses erfüllen. Hinsichtlich seiner Tätigkeit als Syndikusanwalt der Gesellschaft wird er in dem gleichen Umfang wie während seines bereits bestehenden Anstellungsverhältnisses sowohl an Herrn S T1, den V Generalsyndikus für Kontinentaleuropa, als auch an die V Konzernmuttergesellschaft berichten.
(4) Herr T wird seine Arbeitskraft ausschließlich der Gesellschaft widmen. Jede anderweitige Tätigkeit im beruflichen Bereich ( ...) bedarf der ...