Entscheidungsstichwort (Thema)
Kassenzahnärztliche Vereinigung. nachträgliche Berichtigung von Honorarbescheiden. bundesmantelvertragliche Bestimmungen über sachlich-rechnerische Richtigstellung. Verdrängung des Anwendungsbereichs des § 45 SGB 10. Degressionsbescheid. Anwendung der Honorarberichtigungsvorschriften. zeitanteilige Berücksichtigung. Beginn der vierjährigen Ausschlussfrist für Berichtigungen des Honorarbescheides
Orientierungssatz
1. Zahlungen an den Vertragszahnarzt haben nur vorläufigen Charakter; bis zum Ablauf der für die Einleitung und Durchführung von Prüfverfahren vorgesehenen Fristen muss der Vertragszahnarzt mit einer nachträglichen Prüfung und Berichtigung rechnen (vgl BSG vom 30.6.2004 - B 6 KA 34/03 R = BSGE 93, 69 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11).
2. Die §§ 19 Buchst a BMV-Z und § 12 EKV-Z verdrängen in ihrem Anwendungsbereich gemäß § 37 Abs 1 SGB 1 § 45 SGB 10 (vgl BSG vom 26.1.1994 - 6 RKa 29/91 = BSGE 74, 44 = SozR 3-1300 § 45 Nr 21).
3. Die Befugnis zur Berichtigung von Honorarbescheiden besteht unabhängig davon, welcher Sphäre der zu Unrichtigkeit des Honorarbescheides führende Fehler zuzurechnen ist und gilt auch für die Umsetzung der Vorschriften über die Honorarminderung wegen eines degressiven Punktwertes gemäß § 85 Abs 4bff SGB 5 (vgl BSG vom 30.6.2004 - B 6 KA 34/03 R = BSGE 93, 69 = SozR 4-2500 § 85 Nr 11).
4. Die in § 85 Abs 4b SGB 5 in der bis 30.6.1997 geltenden Fassung für ein Kalenderjahr genannten Punktmengengrenzen kommen entsprechend dem verkürzten Geltungszeitraum der Norm nur zeitanteilig zur Anwendung, so dass die Punktmengengrenze für das Jahr 1997 maximal 175.000 Punkte beträgt (vgl BSG vom 27.4.2005 - B 6 KA 18/04 R = SozR 4-2500 § 85 Nr 15).
5. Aus einer Gesamtanalogie zu § 45 Abs 1 SGB 1, §§ 25 Abs 1 S 1, 27 Abs 2 S 1 SGB 4, §§ 50 Abs 4 S 1, 113 Abs 1 S 1 SGB 10 ergibt sich, dass die Frist zur Berichtigung eines Honorarbescheides durch die Kassen(zahn)ärztliche Vereinigung frühestens mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem der ursprüngliche Honorarbescheid ergangen ist, zu laufen beginnt (vgl LSG Essen vom 28.4.2004 - L 11 KA 150/03 = GesR 2004, 525).
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Düsseldorf vom 15.12.2005 geändert. Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über eine Honorarrückforderung für das Jahr 1997 in Höhe von 15.843,04 Euro auf Grund der Überschreitung der gesetzlichen Punktmengengrenze.
Der Kläger hat bis zum 30.06.2003 an der vertragszahnärztlichen Versorgung teilgenommen. Die beklagte Kassenzahnärztliche Vereinigung (KZV) hatte nach Aufhebung der Vorschriften zum degressiven Punktwert (§ 85 Abs. 4 b ff. 5. Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in der bis zum 30.06.1997 geltenden Fassung) durch das Zweite Gesetz zur Neuordnung von Selbstverwaltung und Eigenverantwortung in der gesetzlichen Krankenversicherung (2. GKV-NOG vom 23.06.1997, BGBl. I, 1520) zum 01.07.1997 die Auffassung vertreten, dass die im Gesetz genannte Punktmengengrenze von 350.000 Punkten ungeachtet der Aufhebung der Vorschrift auch im Jahre 1997 für alle Vertragszahnärzte gelte, die mindestens vom 01.01.1997 bis 30.06.1997 zugelassen waren. Demgemäß ermittelte die Beklagte die Degressionsbeträge nur in den Fällen, in denen Vertragszahnärzte die Punktmengengrenze von 350.000 Punkten bereits im ersten Halbjahr überschritten hatten. Gegenüber dem Kläger, der in den beiden ersten Quartalen 1997 322.174 Punkte abgerechnet hat, erging demgemäß kein Bescheid.
Da die Krankenkassen gegenüber den KZVen die Auffassung vertraten, dass Degressionsbeträge unter Zugrundelegung einer maximal hälftigen Jahrespunktmenge zu berechnen seien und Ansprüche auf Abführung entsprechend berechneter Degressionsbeträge erhoben, forderte die Beklagte mit Schreiben vom 12.10.2001 als Anlage zur Quartalsabrechnung für das 2. Quartal 2001 vom 16.10.2001 Honorar in Höhe von 30.986,29 DM (15.843,04 Euro) vom Kläger zurück. Unter Hinweis auf die umstrittene Rechtsfrage führte sie aus, wenn die Auffassung der Krankenkassen bestätigt werde, sei sie verpflichtet, Degressionsbeträge unter Zugrundelegung von 175.000 Punkten abzuführen. Da bis zu einer gerichtlichen Klärung eine erhebliche Zeit verstreichen werde, sei sie zur Sicherstellung der möglichen Forderungen der Krankenkassen aus formalen Gründen gezwungen, schon jetzt die Rückforderung gegen den Kläger festzusetzen. Zugleich setzte sie die Vollziehung des Bescheides aus. Nach dem Ausscheiden des Klägers aus der vertragszahnärztlichen Versorgung hat sie die Aussetzung der Vollziehung aufgehoben. Zunächst wurde der letzte Zahlungsanspruch des Klägers um den festgesetzten Degressionsbetrag gemindert, nach Stellung einer Bürgschaft zur Sicherung des Anspruchs auf die Nachberechnung der Degression ist der Betrag dann an den Kläger ausgezahlt worden.
Mit seinem Widerspruch...