Entscheidungsstichwort (Thema)
Rentenversicherungspflicht bzw -freiheit. Abgrenzung der abhängigen Beschäftigung von der selbständigen Tätigkeit bei einem für ein Transportunternehmen tätigen Lkw-Fahrer ohne eigenes Fahrzeug
Orientierungssatz
1. Ist der für ein Transportunternehmen tätige Lkw-Fahrer in die Betriebsorganisation seines Auftraggebers eingegliedert und diesem gegenüber weisungsgebunden, hat er ein unternehmerisches Risiko nicht zu tragen, ist eine feste monatliche Vergütung vereinbart und wird ihm das Fahrzeug von seinem Auftraggeber zur Verfügung gestellt, so ist von dem Bestehen einer abhängigen Beschäftigung auszugehen.
2. Dem widerspricht nicht das Fehlen eines Anspruchs auf Entgeltfortzahlung bei Krankheit und Urlaub und die Möglichkeit, für weitere Auftraggeber tätig zu werden.
3. Gleiches gilt hinsichtlich der Anmeldung eines eigenen Gewerbes durch den Fahrer und hinsichtlich einer nur kurzfristigen beruflichen Tätigkeit.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 22.03.2018 wird zurückgewiesen. Die Klage gegen die Bescheide vom 25.6.2018 und 28.4.2020 wird abgewiesen. Die Beklagte trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen zu 3/4. Im Übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist im Rahmen eines Betriebsprüfungsverfahrens gem. § 28p Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) die Versicherungspflicht des Klägers in seiner Tätigkeit als Kraftfahrer für die Beigeladene zu 1) (nur noch) in der gesetzlichen Rentenversicherung.
Die Beigeladene zu 1) ist Inhaberin eines Betriebes des Transport- und Logistikgewerbes. Zur Durchführung der Transporte setzte sie eigene LKW und angestellte Mitarbeiter ein. Soweit bei Auftragsspitzen das bei ihr angestellte Personal nicht ausreichte, um sämtliche Aufträge ausführen zu können, griff sie auf den Kläger zurück.
Der Kläger ist selbstständiger Landwirt (Viehhaltung). Daneben erbringt er unter der Bezeichnung "H S, Viehtransporte E, Zum X-Berg 00, M" Transportleistungen. Bis 2005 führte der Kläger vorwiegend Viehtransporte mit einem eigenen LKW, danach Fahrertätigkeiten als "Mietfahrer" für verschiedene Auftraggeber ohne eigenen LKW durch. Seitdem verfügte er auch nicht mehr über die Erlaubnis für den Güterkraftverkehr (vgl. § 3 Abs. 2 Güterkraftverkehrsgesetz). Die Gewerbeanmeldung vom 24.5.2005 lautet auf die Tätigkeiten "Viehhandlung und Transporte". In der Zeit vom 1.10.2011 bis 31.12.2014 beschäftigte der Kläger seine Ehefrau für Buchhaltungsarbeiten. Von der Deutschen Rentenversicherung (DRV) wurden ihm gegenüber im Rahmen des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes Beiträge für die Beschäftigung eines Arbeitnehmers im Dezember 2013 und eines weiteren Arbeitnehmers im November 2014 nachgefordert (Bescheid vom 15.7.2016).
Für die Beigeladene zu 1) wurde der Kläger seit dem 17.3.2009 unregelmäßig für zumeist wenige Tage als Kraftfahrer tätig. Über die Zeiträume seiner Tätigkeit und einen pauschalen Tagessatz erfolgten mündliche Vereinbarungen. Der Kläger führte sodann auf Anweisung der Beigeladenen zu 1) Transportfahrten aus, für die er stets einen LKW der Beigeladenen zu 1) bzw. einen von ihr gemieteten LKW nutzte. Dieses Vorgehen unterschied sich nicht von der Handhabung bei den angestellten Mitarbeitern. Entsprechende Fahrten nahm der Kläger unter anderem in den hier streitigen Zeiträumen vom 16. bis 20.3.2015 und vom 24. bis 27.3.2015 (je Ausliefern von Post), vom 5. bis 19.6.2015 (Fahren von Post und ZIS-Rohren), vom 22. bis 26.6.2015 (Auf- und Abladen von PE-Rohren), vom 22. bis 23.7.2015 (Fahren von Papier) und vom 27. bis 31.7.2015 (Fahren von Kunststoffteilen) vor. Hierfür stellte er der Beigeladenen zu 1) jeweilige Rechnungen nach Tagessätzen à 180,00 Euro im März bzw. 185,00 Euro bei den übrigen Einsätzen.
Im Zeitraum von März bis Juli 2015 war der Kläger neben der Tätigkeit für die Beigeladene zu 1) für weitere Auftraggeber tätig (Fa. T GmbH, E1; Fa. F-Trans, M1; Fa. L, C; Fa. T1, O).
Nach einer bei der Beigeladenen zu 1) im September 2015 durchgeführten Betriebsprüfung forderte die Beklagte von dieser für die bei ihr ausgeübte Tätigkeit des Klägers Beiträge nach (Bescheid vom 17.9.2015). Mit Bescheid vom selben Tag stellte sie gegenüber dem Kläger fest, dass seine ausgeübte Tätigkeit als LKW-Fahrer ohne LKW bei der Beigeladenen zu 1) seit dem 1.3.2015 bis 31.7.2015 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde und in dem Beschäftigungsverhältnis Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe.
Hiergegen erhob der Kläger am 13.10.2015 Widerspruch. Zur Begründung verwies er zunächst darauf, dass die Vorsitzende in einem arbeitsgerichtlichen Verfahren zwischen ihm und der Beigeladenen zu 1) in der Güteverhandlung erklärt habe, er sei eindeutig selbstständig und nicht Arbeitnehmer gewesen.
Er habe ein Gewerbe angemeldet, das sic...