Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. nicht angenommenes Anerkenntnis. Anerkenntnisurteil

 

Orientierungssatz

Bei einem nicht angenommenen Anerkenntnis ist § 307 Abs 1 ZPO im sozialgerichtlichen Verfahren gemäß § 202 SGG entsprechend anzuwenden (vgl BSG vom 12.7.1988 - 4/11a RA 16/87 = SozR 6580 Art 5 Nr 4).

 

Tatbestand

Die Beteiligten haben um die Höhe des dem Kläger zustehenden  vertragsärztlichen Honorars im Quartal III/1997 wegen des Punktwertes für  Neurochirurgen gestritten. Mit der Klage hat der Kläger beantragt, unter  Aufhebung der Quartalsabrechnung III/1997 in der Gestalt des  Widerspruchsbescheides vom 23.09.1998 die Beklagte zu verpflichten, ihm  unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts eine neue  Quartalsabrechnung für das Quartal III/1997 zu erteilen. Zugleich hat er in  der Klageschrift beantragt, den Gegenstandswert auf 6.092,-- DM  entsprechend einem Verlust in Höhe von 45 % der Quartalsabrechnung  festzusetzen. Mit Urteil vom 11.08.1999 hat das Sozialgericht Düsseldorf  die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide verurteilt, dem Kläger unter  Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts einen neuen Abrechnungsbescheid  für das Quartal III/1997 zu erteilen. Im Berufungsverfahren hat die  Beklagte nach Vertagung des Rechtsstreites und Einreichung angeforderter  Unterlagen auf Anregung des Senates erklärt:

Die Beklagte zahlt an den Kläger den geltend gemachten Betrag von 6.092,--  DM.

Der Kläger beantragt Vertagung im Hinblick auf den im Termin vorgelegten  Schriftsatz der Beklagten.

 

Entscheidungsgründe

Die Beklagte hat mit ihrer Erklärung, an den Kläger den geltend  gemachten Betrag von 6.092,-- DM zu zahlen, ein Anerkenntnis im Sinne des §  101 Abs. 2 SGG abgegeben. Dabei handelt es sich um das Zugeständnis, dass  der prozessuale Anspruch - gesamter Klageanspruch - bestehe (BSG vom  27.01.1982 - 9a/9 RV 30/81 -; Meyer-Ladewig SGG 6. Aufl., § 101 Rdnr. 20)  ohne notwendige Verwendung des Wortes "Anerkenntnis" (BSG SozR 3-1500 § 193  Nr. 4). Vielmehr kann nur im Einzelfall durch Auslegung unter  Berücksichtigung des gesamten Vorgehens im Prozess entnommen werden, ob ein  Anerkenntnis vorliegt (Wenner/Terdenge/Martin, Grundzüge der  Sozialgerichtsbarkeit, 2. Aufl., Rdnr. 459).

Im Berufungsverfahren ist die Klage entsprechend dem Tenor der von der  Beklagten angefochtenen Entscheidung anhängig geworden. Die Beklagte hat  mit der abgegebenen Erklärung nicht nur ihre Verpflichtung zur  Neubescheidung, sondern auch das dahinter stehende wirtschaftliche und  rechtliche Interesse des Klägers anerkannt, nämlich für seine im Quartal  III/1997 erbrachten vertragsärztlichen neurochirurgischen Leistungen ein um  6.092,--DM höheres Honorar zu erhalten. Er ist somit in jeder Beziehung  "klaglos" gestellt. Denn die Bedeutung der Sache für einen Kläger  entspricht in der Regel seinem wirtschaftlichen Interesse an der erstrebten  Entscheidung und ihren Auswirkungen (BSG vom 19.02.1996 - 6 RKa 40/93 -  SozR 3-1930 § 8 Nr. 2; LSG NRW vom 21.02.1997 - L 11 SKa 48/97 -). Dieses  wirtschaftliche Interesse eines Klägers an der erstrebten Entscheidung ist  vielfach unmittelbar aus dem Klageantrag herzuleiten. Wird indes der  Klageantrag wie im vorliegenden Verfahren der behaupteten Rechtswidrigkeit  einer Honorarverteilung aus verfahrensrechtlichen Gründen als  Bescheidungsantrag formuliert, ist für die Bestimmung des wirtschaftlichen  Interesses auf den zugrundeliegenden und vom Kläger vorgetragenen  Sachverhalt abzustellen. Dazu hat der Kläger mit der Klage - wie im  Widerspruchsverfahren - einen unstreitigen Verlust von 45 % der  Quartalsabrechnung III/1997 zum Quartal II/1997 vorgetragen und diesen  bereits in der Klageschrift im Rahmen der beantragten Festsetzung des  Gegenstandswertes zutreffend mit 6.092,-- DM berechnet. Die Zahlung dieses  Betrages hat die Beklagte anerkannt.

Mit der Abgabe dieser Anerkenntniserklärung der Beklagten ist der  Rechtsstreit nicht gemäß § 101 Abs. 2 erledigt, weil bereits nach dem  Wortlaut des Gesetzes nur das angenommene Anerkenntnis den Rechtsstreit in  der Hauptsache erledigt. Diese Annahme hat der Kläger nicht erklärt.  Deswegen ist auch in der Sozialgerichtsbarkeit ein Anerkenntnisurteil  entsprechend § 202 SGB, § 307 ZPO nicht ausgeschlossen (BSG SozR 1750, §  107 Nr.; BSG SozR 1500 § 101 Nr. 6; Meyer-Ladewig aaO., Rdnr. 19) ohne dass  es der Prüfung der Berechtigung des Klageanspruchs bedürfte (BSG SozR 1750,  § 307 Nr. 1 und Nr. 2 ; BSG vom 17.10.1986 - 12 RK 38/85 - SozSich. 1987,  157). Ob ein Anerkenntnisurteil in der Regel nicht notwendig ist (so  Meyer-Ladewig, aaO. Rdnr. 19; Kummer, Das sozialgerichtliche Verfahren  Rdnr. 165), weil auch aus einem Anerkenntnis gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2  vollstreckt werden kann, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls bei einer  Nichtannahme eines Anerkenntnisses, die dem Kläger freisteht, bedarf es  einer Erledigung des gerichtlichen Verfahrens durch Urteil (BSG  12.07.1988 - 4/11a RA 16/87 - SozR 6580 Art. 5 Nr...

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