Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft
Orientierungssatz
1. Die abstrakt angemessene Wohnungsgröße für einen Vier-Personen-Haushalt beträgt 95 qm.
2. Bei der Bestimmung des angemessenen Quadratmeterpreises ist ein einfacher, im unteren Marktsegment liegender Standard zugrunde zu legen.
3. Kann das Gericht zur Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft auf ein schlüssiges Konzept zurückgreifen, so kann zu deren Ermittlung die Einholung eines Sachverständigengutachtens unterbleiben.
4. Bei der Ermittlung der abstrakt angemessenen kalten Betriebskosten sind die verbrauchsabhängigen Nebenkosten zu berücksichtigen, soweit diese als angemessen anzusehen sind.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 26.11.2014 wird zurückgewiesen.
Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe der von dem Beklagten zu berücksichtigenden Kosten der Unterkunft.
Die 1977 geborene Klägerin steht im laufenden Bezug von Leistungen nach dem SGB II bei dem Beklagten. Sie bewohnt mit ihren drei 2001, 2005 und 2009 geborenen Kindern eine 130 m² große Wohnung in E, für die eine monatliche Grundmiete iHv 600 EUR und eine monatliche Betriebskostenvorauszahlung iHv 150 EUR zu entrichten sind. Bis April 2014 betrug die monatliche Betriebskostenvorauszahlung 140 EUR.
Der Beklagte beauftragte im September 2011 die InWIS Forschung und Beratung GmbH (im Folgenden InWIS) mit der Erstellung eines "schlüssigen Konzepts" zur Bestimmung der angemessenen Bedarfe für die Unterkunft unter Zugrundelegung der durch das BSG aufgestellten Anforderungen. InWIS steht für "Institut für Wohnungswesen, Immobilienwirtschaft, Stadt- und Regionalentwicklung". Das Institut beschäftigt sich ua mit Markt- und Standortanalysen im Bereich der Wohnungswirtschaft. Im Januar 2013 legte die InWIS ihr "Gutachten über die Ermittlung der angemessenen Bedarfe der Unterkunft und Heizung gemäß § 22 Abs. 1 SGB II und § 35 SGB XII (schlüssiges Konzept)" vor. In diesem Gutachten werden die angemessenen Kosten der Unterkunft im Kreis E - getrennt nach Nettokaltmiete und Betriebskosten - ausgewiesen. Die Erstellung des Gutachtens basiert auf einem Datenerhebungskonzept aus drei Bausteinen. Zum einen wurden 1.500 Vermieter von Wohnraum innerhalb des Kreisgebietes, die mittels Experteninterviews und Internetrecherche als solche identifiziert und um ihre Mitwirkung gebeten werden konnten, schriftlich befragt. Darüber hinaus erfolgte eine schriftliche Befragung von 5.000 potenziellen Mietern innerhalb des Kreises E, die mittels gemieteter Adressbestände identifiziert und angeschrieben werden konnten. Schließlich fand eine stichprobenbasierte Erhebung unter Großvermietern innerhalb des Kreises E statt. Hinsichtlich des Datenrücklaufs wird in dem Gutachten ausgeführt, dass Angaben zu 3.830 Wohnungen innerhalb des Kreises E gewonnen werden konnten. Der Rücklauf konzentrierte sich auf die beiden größten kreisangehörigen Städte E und Jülich. Aus den kleinen Kommunen konnte zum Teil nur ein sehr geringer Rücklauf generiert werden, was nach den Ausführungen im Gutachten in einem direkten Zusammenhang mit der üblicherweise in ländlichen Strukturen zu beobachtenden sehr hohen Eigentumsquote steht. Nach Auswertung und Prüfung der konkreten Verfügbarkeit ermittelte InWIS eine Preisobergrenze in Höhe von 4 EUR/m² für Wohnungen mit einer Größe zwischen )80m² bis 95 m². Die Befragten wurden auch um aktuelle Angaben zu den Betriebskoten ihrer Wohnung gebeten. Aus der Erhebung wurden die durchschnittlichen Betriebskostensätze ermittelt, die addiert einen Betrag iHv 1,65 EUR/m² ergeben. Die Kostenart "Aufzug" wurde dabei außer Acht gelassen, weil lediglich 25 der Befragten hierzu Angaben machten und das Ausstattungsmerkmal "Aufzug" vergleichsweise selten festgestellt wurde. Die Ergebnisse des Gutachtens legte der Beklagte seinen "Richtlinien zu den Bedarfen für Unterkunft und Heizung - § 22 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) - (Stand Oktober 2013)" zu Grunde, die Festlegungen sowohl zur angemessenen Nettokaltmiete als auch zu den angemessenen Betriebskosten enthalten. Eine höhere Übernahme von Betriebskosten ist im Einzelfall möglich, soweit die verbrauchsabhängigen Betriebskosten als angemessen anzusehen sind.
Mit Bescheid vom 07.02.2014 bewilligte der Beklagte der Klägerin und ihren Kindern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 01.03.2014 bis zum 31.08.2014. Als Kosten der Unterkunft erkannte er monatlich insgesamt 520 EUR an (Grundmiete 380 EUR, Betriebskosten 140 EUR). Der Klägerin wurden kopfanteilig monatlich 134,19 EUR (95 EUR Grundmiete + 39,19 EUR Betriebskosten) bewilligt. Die Heizkosten (110 EUR monatlich) übernahm der Beklagte in tatsächlicher Höhe.
Mit dem am 07.03.2014 eingelegten Widerspruch begehrte die Klägerin Kosten der Unte...