Entscheidungsstichwort (Thema)
Elterngeld Plus. Partnerschaftsbonus. Arbeitszeitkorridor. öffentlicher Dienst. keine Berücksichtigung von nicht genehmigten unbezahlten Überstunden. fehlende Zeiterfassung. Maßgeblichkeit der vorgegebenen Arbeitszeit. selbst erstellte Belege über geleistete Dienstzeit nicht ausreichend. Missbrauchsgefahr
Orientierungssatz
1. Bei der Ermittlung der Stundenzahl für den Arbeitszeitkorridor nach § 4 Abs 4 S 3 Nr 1 BEEG idF vom 27.1.2015 ist nur auf die bezahlte Arbeitszeit abzustellen (vgl LSG Essen vom 21.5.2021 - L 13 EG 14/20 und vom 21.5.2021 - L 13 EG 18/19 ).
2. Eine Berücksichtigung von unbezahlter Mehrarbeit nach § 61 LBG NW iVm § 10 Abs 1 ArbZV NW 2006 erfordert jedenfalls den Nachweis der Anordnung oder Genehmigung von Mehrarbeit.
3. Es wäre ein weitgehender Missbrauch der Regelungen über das Elterngeld Plus zu befürchten, wenn auch bei unselbständiger Erwerbstätigkeit im öffentlichen Dienst mit vorgegebenen Arbeitszeiten entscheidend auf selbst erstellte Belege über geleistete Arbeitszeit abgestellt würde.
Tenor
Die Berufungen der Kläger gegen die Urteile des Sozialgerichts Dortmund vom 23.03.2022 werden zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von jeweils vier Monatsbeträgen Elterngeld Plus (Partnerschaftsbonus) an die Kläger.
Der Kläger ist als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Beamtenstatus (Akademischer Rat auf Zeit) an der F. Universität tätig. Die Klägerin, seine Ehefrau, ist Staatsanwältin.
Nach der Geburt des gemeinsamen Sohnes O. (00.00.0000) beantragten die Kläger am 06.12.2018 Elterngeld bei dem Beklagten. Zu dieser Zeit und im weiteren Verlauf hatten sie ihren Wohnsitz im örtlichen Zuständigkeitsbereich des Beklagten und lebten mit ihrem Sohn in einem Haushalt. Sie betreuten und erzogen das Kind selbst.
Der Kläger beantragte Basiselterngeld für die Lebensmonate 2 und 3 sowie den Partnerschaftsbonus für die Lebensmonate 15 - 18, die Klägerin Basiselterngeld für die Lebensmonate 5 - 12 und den Partnerschaftsbonus für die Lebensmonate 15 - 18 ihres Kindes. Die Kläger machten geltend, in den Lebensmonaten 15 - 18 des Kindes ihre jeweilige Arbeitszeit auf 25 Wochenstunden zu reduzieren. Die Klägerin reichte eine Bescheinigung des Leitenden Oberstaatsanwalts in A. vom 19.12.2018 ein, nach deren Inhalt sie sich in der Zeit vom 28.09.2018 bis zum 01.02.2019 in Mutterschutz befinde, ihr im Anschluss bis zum 14.10.2019 Elternzeit bewilligt worden sei, sie ab dem 15.10.2019 zunächst in Vollzeit arbeiten werde und ihr dann für die Zeit vom 04.12.2019 bis 31.12.2020 eine Teilzeitbeschäftigung mit der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit genehmigt sei.
Mit Bescheid vom 03.01.2019 bewilligte der Beklagte dem Kläger Basiselterngeld für die Lebensmonate 2 und 3 des Sohnes O. in Höhe von 1.800,- EUR monatlich. Die Gewährung von Elterngeld für die Lebensmonate 15 - 18 als Partnerschaftsbonusmonate lehnte der Beklagte ab. Mit Bescheid vom 09.01.2019 bewilligte der Beklagte der Klägerin Basiselterngeld für die Lebensmonate 5 - 12 des Kindes in Höhe von 1.800,- EUR monatlich und lehnte die Gewährung von Elterngeld für die Lebensmonate 15 - 18 als Partnerschaftsbonusmonate ab. Zur Begründung der teilweisen Ablehnung von Elterngeld führte der Beklagte jeweils aus, Partnerschaftsbonusmonate stünden nur zu, wenn beide Partner für vier aufeinanderfolgende Monate gleichzeitig eine Erwerbstätigkeit zwischen 25 und 30 Wochenstunden ausübten. Bei beiden Klägern lägen diese Voraussetzungen nicht vor.
Gegen die Bescheide vom 03.01.2019 und 09.01.2019 erhoben die Kläger am 17.01.2019 gemeinsam Widerspruch, soweit die Bewilligung von Elterngeld für die Partnerschaftsbonusmonate abgelehnt wurde. Sie führten aus, ihre tatsächliche Dienstzeit im fraglichen Zeitraum lasse sich nur prognostizieren. Aufgrund ihrer bisherigen Erfahrung, den gesetzlichen Dienstzeiten sowie den tatsächlichen Arbeitsbelastungen gingen sie davon aus, dass sie in den beantragten Monaten zwischen 25 und 30 Wochenstunden im Monatsdurchschnitt erwerbstätig sein würden. Sie seien in diesem Zeitraum zu 50 % (Klägerin) bzw. 60 % (Kläger) ihrer regelmäßigen Arbeitszeit, die sich für nordrhein-westfälische Landesbeamte auf 41 Stunden wöchentlich belaufe, tätig. Die Belastungsquote der Staatsanwaltschaften in Nordrhein-Westfalen betrage 130 %. Unter Berücksichtigung von Überstunden arbeite die Klägerin ca. 27 Stunden pro Woche. Sie seien bereit, die tatsächlich geleisteten Dienststunden zu dokumentieren.
Die Widersprüche der Kläger wies die Bezirksregierung Münster mit Widerspruchsbescheiden vom 22.05.2019 - Kläger - und 23.05.2019 - Klägerin - als unbegründet zurück.
Am 19.06.2019 haben die Kläger gemeinsam Klage beim Sozialgericht Dortmund erhoben. Das Sozialgericht hat den Rechtsstreit in getrennten Verfahren weitergeführt (Aktenzeichen S 81 EG 14/19 [Verfahren des Klägers] und S 81 EG 35/20 [Verfa...