Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch des Grundsicherungsberechtigten auf berufliche Weiterbildung
Orientierungssatz
1. Nach § 16 Abs. 1 S. 1 SGB 2 i. V. m. § 81 Abs. 1 S. 1 SGB 3 kann eine berufliche Weiterbildung unter den Voraussetzungen von Nr. 1 bis 3 gefördert werden. Die Gewährung einer beruflichen Weiterbildung ist u. a. nach § 81 Abs. 2 Nr. 2 SGB 3 notwendig, wenn der Betroffene über keinen Berufsabschluss verfügt.
2. Auch bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen steht die konkrete Gewährung der Leistung im Ermessen des Grundsicherungsträgers. Bestehen erhebliche Zweifel an der tatsächlichen Eignung des Antragstellers für die angestrebte Weiterbildung zu einem bestimmten Beruf und damit ein erhöhtes Risiko, dass die Umschulung nicht erfolgreich abgeschlossen werden kann, so ist die Ablehnung einer bestimmten Förderungsmaßnahme nicht zu beanstanden.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 26.06.2017 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Gewährung einer Umschulungsmaßnahme als "Kaufmann für Büromanagement".
Der am 00.00.1974 in der Türkei geborene Kläger hat dort im Juni 1992 das Berufslyzeum Fachrichtung Elektriker erfolgreich abgeschlossen. Dies entspricht ausweislich der Bescheinigung der Bezirksregierung Köln dem Hauptschulabschluss Klasse 10. Der Kläger hat dann in der Türkei nach eigenen Angaben ein Jahr Betriebswirtschaft studiert und zwei Jahre in der Marktforschung gearbeitet. Er ist seit 1999 in Deutschland und war hier in der Vergangenheit als Küchenhilfe bzw. als Beikoch beschäftigt. Er bezieht von dem Beklagten seit dem 01.01.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Im Juni 2012 erwarb der Kläger nach einem halbjährigen berufsbezogenen Sprachkurs ein Sprachzertifikat der Volkshochschule der Stadt L in dem Bereich "Deutsch B2+ Beruf" mit der Gesamtnote drei. Ab dem 22.04.2013 nahm er auf Kosten des Beklagten an einem Lehrgang "kaufmännische Übungsfirma-Vollzeit" bei der Akademie "M" teil. Im Zwischenbericht vom 02.07.2013 teilte der Maßnahmeträger dem Beklagten mit, dass der Kläger die ECDL-Prüfungen (Europäischen Computerführerschein) wahrscheinlich schaffen werde, ihm dies aber mehr Mühe mache, als er sich selbst eingestehen könne. Er habe entgegen seiner eigenen Einschätzung noch Schwierigkeiten beim Lesen der Unterrichtsmaterialien in deutscher Sprache und missverstehe dadurch Informationen.
Die bis zum 21.08.2013 vorgesehene berufliche Weiterbildungsmaßnahme wurde vorzeitig am 05.08.2013 beendet. Am 13.08.2013 erfolgte durch den Maßnahmeträger eine fristlose Kündigung wegen vertragsschädigenden Verhaltens. Diese wurde damit begründet, dass der Kläger andere Kursteilnehmer bedroht und beleidigt habe. Zuvor hatte der Kläger im Rahmen der Weiterbildungsmaßnahme am 16.07.2013 den Europäischen Computerführerschein mit den Modulen Textverarbeitung, Tabellenkalkulation, Präsentation sowie Internet und Kommunikation bestanden.
Im Anschluss daran beantragte der Kläger erfolglos die Gewährung einer Weiterbildungsmaßnahme als "Sprach- und Integrationsmittler" von dem Beklagten. Das diesbezüglich geführte Klageverfahren (Aktenzeichen: S 22 AS 450/13) blieb ohne Erfolg.
Am 29.01.2015 stellte der Kläger daraufhin bei dem Beklagten einen Antrag auf Gewährung einer Umschulungsmaßnahme im Bereich Kaufmann für Büromanagement. Der Beklagte veranlasste eine psychologische Begutachtung, die am 02.03.2015 durch die Diplom-Psychologin L durchgeführt wurde. Bei dem vorgegebenen Sprachtest für erwachsene Zweitsprachler erreichte der Kläger ein Ergebnis, das einem knappen B2- Sprachniveau nach dem Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen entspricht. Dieses Sprachniveau reicht nach dem Gutachten vom 04.03.2015 für die sprachlich anspruchsvolle Qualifizierung im kaufmännischen Bereich nicht aus. Im Bereich der berufsrelevanten Rechenfertigkeiten (Prozent- und Zinsrechnung) konnte der Kläger lediglich eine von vier Aufgaben richtig lösen. Bei der Konfrontation mit typischen Situationen aus dem Arbeitsalltag eines Kaufmannes für Büromanagement wurden schriftsprachliche Unsicherheiten in den Bereichen Grammatik und Rechtschreibung bemerkt. Zusammenfassend kommt das Gutachten zu dem Ergebnis, dass die erreichten Testergebnisse im Vergleich zu typischen Vertretern des angedachten Berufs sowohl im Bereich der Sprachbeherrschung als auch im Bereich des rechnerischen Denkens als unterdurchschnittlich zu werten seien. Es bestehe daher ein erhöhtes Misserfolgsrisiko, so dass die Umschulungsmaßnahme aus psychologischer Sicht nicht empfohlen werde. Positiv anzumerken sei die hohe Motivation des Klägers.
Der Beklagte lehnte daraufhin den Antrag mit Bescheid vom 04.05.2015 ab. Die beantragte Weiterbildungsmaßnahme sei nicht notwendig. Hierzu sei erforderlich, dass Arbeitslosigkeit voraussichtlich nur durch die Teilnahme an einer beruflichen Weiterbi...