Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen einer Pflicht des Grundsicherungsberechtigten zur Verwertung einer Lebensversicherung

 

Orientierungssatz

1. Nach § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 SGB 2 ist eine Lebensversicherung als Vermögen bei der Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung nicht zu berücksichtigen, wenn der Grundsicherungsberechtigte von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist.

2. Von einer offensichtlich unwirtschaftlichen Verwertung nach § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 SGB 2 ist auszugehen, wenn der auf dem Markt erzielbare Wert in einem deutlichen Missverhältnis zum Substanzwert steht. Dieser ist bei einer Lebensversicherung nicht der zukünftige Auszahlungsanspruch, sondern die Summe der auf den Versicherungsvertrag gezahlten Beiträge. Bei einer Verlustquote von 17,8 % handelt es sich noch nicht um ein deutliches Missverhältnis (BSG Urteil vom 15. 4. 2008, B 14/7b AS 6/07 R).

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 26.01.2021; Aktenzeichen B 4 AS 324/20 B)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 22.03.2018 wird zurückgewiesen.

Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die 1958 geborene Klägerin verfolgt im Berufungsverfahren ihr Begehren weiter, Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II - nunmehr im Berufungsverfahren noch für die Zeit von Juni 2015 bis Oktober 2015 - zu erhalten.

Die Klägerin erhielt bereits in der Vergangenheit für einen Monat - für den Monat November 2009 - Leistungen nach, dem SGB II. Sie stellte dann am 12.3.2015 einen neuen Leistungsantrag. Zu diesem Zeitpunkt bewohnte sie die Wohnung Q-Straße 00 in E gemeinsam mit ihrem erwachsenen Sohn, welcher nicht im Leistungsbezug stand. Für die Wohnung bezahlte sie eine Grundmiete von 495 EUR, Nebenkosten i.H.v. 121 EUR und Heizkosten i.H.v. 122 EUR; Warmwasser wurde dezentral durch einen Durchlauferhitzer erzeugt.

An Vermögen gab sie Eigentum an einer 61 m² großen Eigentumswohnung an, mit welcher sie Mieteinnahmen i.H.v. 530 EUR monatlich erziele. An Ausgaben seien Grundsteuer iHv. 32,68 EUR pro Quartal (fällig hier am 15.5. und 15.8.), Handwerkerkosten von 94,07 EUR sowie 44,36 EUR im März zu berücksichtigen, ferner Hausgeld und Zinsen in Höhe von 72,15 EUR bzw. 59,31 EUR monatlich.

Ferner bestand zu ihren Gunsten ein Bausparvertrag i.H.v. 4866,72 EUR; die Klägerin gab auch eine Kapitallebensversicherung an. Im Folgenden reichte die Klägerin bei dem Beklagten weitere Unterlagen ein.

Daraus ergaben sich Rückkaufswerte zum 1.5.2015 von zwei Lebensversicherungen in Höhe von 8570,90 EUR - bei eingezahlten Beiträgen von 10.460,21 EUR - sowie 1893,81 EUR - bei eingezahlten Beiträgen in Höhe von 2574,35 EUR. Bei letzterer Versicherung ist zwischen den Beteiligten streitig, ob der Sohn der Klägerin Versicherungsnehmer ist. Die Klägerin erwarb die Eigentumswohnung zu einem Kaufpreis von 103.500 EUR; diese war mit einem grundschuldlich gesicherten Kredit in Höhe von 40.000 EUR belastet. Ferner bestand zu ihren Gunsten eine Riester-Rente.

Mit Bescheid vom 15.7.2015 lehnte der Beklagte den Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes ab. Zur Begründung führte er aus, die Klägerin verfüge über verwertbares Vermögen i.H.v. 78.831,43 EUR, welches die Vermögensfreibeträge i.H.v. 9300 EUR übersteige. Es sei die Eigentumswohnung mit 63.500 EUR als Vermögen berücksichtigt worden. Diese werde nicht selbst bewohnt, sondern vermietet.

Dagegen richtete sich der Widerspruch der Bevollmächtigten der Klägerin vom 20.7.2015, die vor einer Begründung zunächst um Akteneinsicht baten.

Anfang August 2015 wurden der Klägerin aus der Auflösung des Bausparvertrages 4881,57 EUR und aus dem Rückkauf einer der Lebensversicherungen 8536,70 EUR gutgeschrieben.

Mit Schreiben vom 27.8.2015 gab der Beklagte der Klägerin "Gelegenheit zur Anhörung". Nach Einsichtnahme in die Akten durch die Bevollmächtigten im September 2015 erfolgte eine weitere Begründung des Widerspruchs nicht. Mit Widerspruchsbescheid vom 3.12.2015 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.

Die Klägerin bezog am 1.11.2015 Eigentumswohnung und erhielt ab dann auf einen neuen Antrag Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes von dem Beklagten. Bis zu diesem Zeitpunkt lebte ihr Sohn gemeinsam mit ihr in der Mietwohnung.

Gegen den Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 20.12.2015 durch ihre Bevollmächtigten bei dem Sozialgericht Düsseldorf Klage erhoben.

Zur Begründung trug die Klägerin vor, sie habe die Eigentumswohnung erworben, um diese selbst nutzen zu können. Den Mietern sei unmittelbar im Zusammenhang mit dem Erwerb gekündigt worden, allerdings seien sie zunächst nicht ausgezogen. Sie selbst habe mehrere Kündigungen ausgesprochen, sie habe sich auch bemüht, für die Mieter eine neue Wohnung zu finden. Es sei zu Mietrückständen gekommen und schließlich mit anwaltlicher Hilfe zu einem Auszug, dann allerdings erst im Oktober 2015. Vor diesem Hintergrund würde eine ...

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