Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestimmung der angemessenen Kosten der Unterkunft - alleinstehende Mutter
Orientierungssatz
1. Übersteigen die tatsächlichen Kosten der vom Grundsicherungsberechtigten angemieteten Wohnung die abstrakt ermittelte angemessene Referenzmiete, so haben Grundsicherungsträger bzw. Sozialgericht zu prüfen, ob der Leistungsberechtigte tatsächlich auch die konkrete Möglichkeit hat, eine abstrakt als angemessen eingestufte Wohnung auf dem Wohnungsmarkt des konkreten Vergleichsraums anmieten zu können.
2. Bei den maßgeblichen Faktoren angemessene Wohnfläche, maßgeblicher Vergleichsraum und abstrakt angemessener Wohnungsstandard sind die persönlichen Lebensumstände des Hilfebedürftigen nicht einzubeziehen (BSG, Urteil vom 22.8.2012, B 14 AS 13/12 R).
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 20.8.2018 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt 1/4 der erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Kläger für beide Instanzen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin zu 1 ist die alleinerziehende Mutter der in den Jahren 2009 und 2010 geborenen Kläger zu 1 und 2. Die Kläger begehren höhere Leistungen nach § 22 SGB II für Kosten der Unterkunft und Heizung für den Zeitraum Dezember 2016 bis November 2017.
Seit 2010 beziehen die Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Sie bewohnten bis 30.4.2018 eine Wohnung L-Straße in Witten. Die Wohnung wurde mit Zusicherung des Beklagten vom 17.10.2010 im Oktober 2010 angemietet. Damals betrug die Bruttokaltmiete 566,15 EUR (415,00 EUR Grundmiete + 140,00 EUR Betriebskostenvorauszahlung + 11,15 EUR Kabelanschluss).
Mit Schreiben vom 7.11.2013 forderte der Beklagte die Kläger zur Senkung ihrer Kosten für Unterkunft auf. Der Beklagte berief sich auf den seit dem 1.10.2012 verwendeten Richtwert für einen 3-Personen-Haushalt von 360,00 EUR als Grundmiete zuzüglich Betriebskosten in Höhe von 166,00 EUR (in Summe 526 EUR). Die Klägerin entgegnete, dass ihr aufgrund der Alleinerziehung ihrer Kinder ein erhöhter Wohnraumbedarf zuzubilligen sei. Der Sohn besuche den örtlichen Kindergarten.
Seit Juni 2014 übernahm der Beklagte nicht mehr die tatsächlichen Unterkunftskosten, er legte der Ermittlung des Bedarfs nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II die von ihm für zutreffend erachtete Angemessenheitsgrenze für einen 3-Personen-Haushalts zu Grunde. und berücksichtigte zunächst nur noch eine Bruttokaltmiete von 526,00 EUR (Angemessenheitsgrenze für einen 3-Personen-Haushalt). Die tatsächliche Bruttokaltmiete betrug zu diesem Zeitpunkt 616,43 EUR (455,00 EUR Grundmiete + 148 EUR Betriebskostenvorauszahlung + 13,43 EUR Kabelanschluss).
Die Kläger erhoben gegen die jeweiligen Bewilligungsbescheide Widersprüche, welche zu sozialgerichtlichen Verfahren führten.
Die Richtlinien hinsichtlich seiner Kosten für Unterkunft und Heizung passte der Beklagte zum 1.1.2016 an. Danach betrug für einen 3-Personen Haushalt in der Stadt Witten die vom Beklagten als angemessen erachtete Bruttokaltmiete 541,00 EUR (400,00 EUR Kaltmiete zzgl. 141,00 EUR kalte Betriebskosten).
Mit Bescheid vom 7.11.2016 bewilligte der Beklagte den Klägern für die Monate Dezember 2016 bis November 2017 Leistungen in Höhe von 1.130,44 EUR monatlich, davon Leistungen für Unterkunft i.H.v. 541,00 EUR monatlich und Heizkosten in tatsächlicher Höhe (80,00 EUR). Die tatsächliche Bruttokaltmiete betrug ab August 2014 623,43 EUR (455,00 EUR Grundmiete + 155,00 EUR Betriebskostenvorauszahlung + 13,43 EUR Kabelanschluss) und ab August 2017 639,43 EUR (455,00 EUR Grundmiete + 171,00 EUR Betriebskostenvorauszahlung + 13,43 EUR Kabelanschluss).
Der Beklagte hat sich zur Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten des Konzepts der Firma Empirica bedient. Empirica hatte zunächst im Jahr 2009 ein Konzept ("Herleitung von Mietobergrenzen für angemessene Kosten der Unterkunft gemäß § 22 SGB II und § 35 SGB XII nach einem schlüssigen Konzept im Ennepe Ruhr Kreis") für den Beklagten erstellt, welches sich auf alle Gemeinden des Zuständigkeitsbereichs des Beklagten bezog. Datengrundlage war die empirica-Preisdatenbank. Im Jahr 2011 erfolgte eine Neufassung und am 6.9.2015 eine Aktualisierung (nachfolgend "Konzept 2016" genannt). Der Vergleichsraum "Nord I" umfasst das Gebiet der Stadt Witten. Im Konzept 2016 hat die Firma Empirica das von ihr im Jahr 2009 entwickelte Konzept zur Ermittlung von angemessenen Unterkunftskosten umgesetzt. Bei dem von der Firma Empirica erstellten Konzept handelt es sich um ein reines Angebotsmietenkonzept, da die Mietpreisstreuung freier, zur Vermietung angebotener Wohnungen analysiert wird. Erhoben werden grundsätzlich die Mieten verfügbarer öffentlich inserierter Wohnungen, wie sie in der empirica-Preisdatenbank erfasst werden. Bis Januar 2012 basierte die empirica-Preisdatenbank auf Rohdaten (Basis) der IDN immoDaten GmbH, seitdem auf Rohdaten der VALUE-Marktdatenb...