Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Übernahme des Eigenanteils für Lernmittel. Bedarfsdeckung durch Regelleistung. Hilfe in sonstigen Lebenslagen. Darlehensgewährung. Streitgegenstand
Orientierungssatz
1. Weder nach den Vorschriften des SGB 2 noch nach § 73 SGB 12 besteht ein Anspruch auf Übernahme des Eigenanteils zu den Lernmitteln für das Schuljahr 2007/2008 für eine Familie mit mehreren schulpflichtigen Kindern. Der Bedarf ist durch die Regelleistung abgedeckt.
2. Dem besonderen Bedarf ist durch die mögliche Darlehensgewährung des § 23 Abs 1 S 1 SGB 2 unter angemessenen Rückzahlungsmodalitäten ausreichend Rechnung getragen, so dass eine atypische Bedarfslage nicht eintreten kann.
3. Bei einem Streit über eine einmalige Beihilfe für anzuschaffende Schulbücher liegt ein eigenständiger Streitgegenstand vor.
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 09.07.2008 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger begehren die Übernahme des Eigenanteils zu den Lernmitteln für das Schuljahr 2007/2008 als Beihilfe.
Die am 00.00.1997 geborene Klägerin und der am 00.00.1996 geborene Kläger sowie deren neun Geschwister leben mit ihrer Mutter L in einer Bedarfsgemeinschaft. Der 1963 geborene Vater K1 S erhält eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft beziehen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) und zwar ab 01.08.2007 in Höhe von 1.339,99 EUR monatlich (Änderungsbescheid vom 17.08.2007 für den Zeitraum vom 01.08.2007 bis 31.01.2008). Da die Bewilligungsbescheide für die Jahre 2007/2008 nach den übereinstimmenden Erklärungen der Beteiligten im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 27.08.2009 bestandskräftig geworden sind, haben die Kläger einen Antrag nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) gestellt unter Hinweis auf die Verfassungswidrigkeit der Regelleistung. Da die Beklagte darüber noch nicht entschieden hat, haben die Kläger nach ihrem Vortrag Untätigkeitsklage bei dem Sozialgericht (SG) Detmold erhoben.
Am 23.08.2007 beantragte die Mutter für die Kläger und die acht weiteren schulpflichtigen Geschwister (N, T, D, S1, K, X, M, B1) die Übernahme des Eigenanteils zu den Lernmitteln für das Schuljahr 2007/2008. Für die Kläger verwies die Mutter auf das Schreiben des Schulleiters X der Hauptschule X vom 11.06.2007. Darin teilte dieser mit, dass die Erziehungsberechtigten im Schuljahr 2007/2008 durch Gesetz verpflichtet sind, einen Eigenanteil in Höhe von 38,22 EUR, d.h. 49 % des festgesetzten Durchschnittsbetrages der anzuschaffenden Schulbücher, somit zuzüglich des Hausaufgabenheftes für 1,78 EUR insgesamt 40,- EUR selbst zu tragen. Die Bücher werden mit Sammelbestellung durch die Schulpflegschaft gekauft. Der für die Klägerin bzw. den Kläger zu entrichtende Anteilsbetrag werde jeweils nach Auslieferung der Bücher im Laufe des Schuljahres 2007/2008 eingesammelt. Die Kläger beantragten die Gewährung der Beihilfe, da sie am Rande des Existenzminimums leben würden und diese finanzielle Last nicht tragen könnten.
Die Beklagte und die Stadt X haben den Klägern (und den weiteren schulpflichtigen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft) ein Darlehen angeboten. Die Kläger haben diesen Vorschlag zurückgewiesen.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 12.09.2007 die Übernahme des Eigenanteils als Zuschuss für die Kläger und die weiteren schulpflichtigen Geschwister mit der Begründung, Lernmittel seien bereits in der Regelleistung enthalten, ab. Es sei Aufgabe der Eltern, aus den monatlichen Regelleistungen Rücklagen zu bilden.
Die Bevollmächtigte der Kläger legten Widerspruch ein und beantragten, den Eigenanteil als Darlehen zu übernehmen und auf die Aufrechnung zu verzichten. Die Beklagte erwiderte mit Schreiben vom 23.10.2007, dass die Eltern das im August 2007 unterbreitete Angebot, die Eigenanteile aller schulpflichtigen Kinder als Darlehen zu übernehmen und monatlich 50,- EUR zurückzuzahlen, abgelehnt haben. Die Kläger entgegneten, dass die Familie am Existenzminimum lebe und daher ein Darlehen mit Rückzahlungsverpflichtung für ihre Eigenanteile und die der Geschwister inakzeptabel sei.
Die Beklagte wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 29.11.2007 zurück. Zur Begründung führte die Beklagte aus, dass eine Übernahme des Eigenanteils nicht möglich sei. Weder komme eine der in § 23 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) genannten einmaligen Beihilfen in Betracht noch seien im SGB II weitere einmaligen Bedarfe vorgesehen. Daher sei der Bedarf aus der den Klägern gewährten Regelleistung zu bestreiten. Dem Antrag auf Gewährung eines Darlehens verbunden mit dem Verzicht auf die Rückzahlung sei nicht stattzugeben, da das Gesetz diese Möglichkeit nicht eröffne. Die angebotene monatliche Darlehensrate in Höhe von 50,- EUR sei gemessen an den insgesamt gewährten Regelleistungen an die Mitglieder der Beda...