Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Rentenversicherung. Zuständigkeitserklärung. Erstattungsanspruch. Krankengeldzahlung während stufenweiser Wiedereingliederungsmaßnahme. Vorliegen einer vorläufigen Leistungsgewährung
Orientierungssatz
1. Die Regelung des § 14 Abs 4 SGB 9 lässt grundsätzlich die Erstattungsregelungen der §§ 102ff SGB 10 unberührt, verdrängt sie nur teilweise und begründet im Zusammenspiel mit § 14 Abs 1 und 2 SGB 9 eine nachrangige Zuständigkeit (vgl BSG vom 26.6.2007 - B 1 KR 34/06 R = USK 2007-42).
2. Eine vorläufige Leistungsgewährung iS von § 102 SGB 10 liegt vor, wenn der angegangene Leistungsträger zwar zunächst nach den jeweiligen Vorschriften des materiellen Rechts dem Berechtigten gegenüber zur Leistung verpflichtet ist, dabei aber entweder in Kenntnis von der Zuständigkeit des anderen Leistungsträgers geleistet hat oder sich noch erkennbar im Ungewissen darüber befindet, welcher andere Leistungsträger zuständig ist.
3. Bei einem noch vorhandenen Leistungsprofil liegt Arbeitsunfähigkeit im krankenversicherungsrechtlichen Sinne mit der Folge eines Krankengeldanspruchs der Versicherten gegenüber einer Krankenkasse vor, wenn eine Versicherte aus gesundheitlichen Gründen nur daran gehindert war, in ihrem Beruf in vollem Umfang zu arbeiten. Dies entspricht auch dem ursprünglichen Sinn der Wiedereingliederungsmaßnahme, wie er bei Einführung des § 74 SGB 5 durch das Gesundheits-Reformgesetz schon vor Einführung des § 28 SGB 9 angedacht war.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 21.06.2006 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert wird auf 1.663,68 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Erstattung von Krankengeldleistungen, die sie für die Versicherte H R erbracht hat.
Die bei der Klägerin und der Beklagten Versicherte war als Fachkrankenschwester für Früh-Rehabilitation für schwerst Schädelhirnverletzte tätig, bevor sie in der Zeit vom 14.01.2004 bis 04.02.2004 zu Lasten der Beklagten an einer stationären, orthopädischen Rehabilitationsmaßnahme teilnahm. Aus der stationären Behandlung wurde sie am 04.02.2004 arbeitsunfähig mit der Maßgabe eines Arbeitsversuchs entlassen, beginnend mit vier Stunden täglich für zwei Monate, sodann weitere vier Wochen sechs Stunden und danach vollschichtig. Das bestehende qualitative und quantitative Leistungsvermögen lasse es weiterhin zu, vollschichtig als Fachkrankenschwester zu arbeiten. Auch der behandelnde Arzt der Klägerin vertrat die Auffassung, dass eine tägliche Arbeitszeit von vier Stunden bis zum 28.03.2004 medizinisch vertretbar und eine stufenweise Wiedereingliederung empfehlenswert sei. Insgesamt erfolgte die stufenweise Wiedereingliederung in der Zeit vom 09.02.2004 bis 25.04.2004, wobei der Arbeitgeber bis zum 23.03.2004 Entgeltfortzahlung leistete.
Unter dem 25.03.2004 meldete die Klägerin bei der Beklagten einen Erstattungsanspruch nach §§ 102 ff. des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB X) wegen Zahlung von Krankengeld während einer stufenweisen Wiedereingliederung ab 09.02.2004 an. Die Versicherte habe in der Zeit vom 14.01.2004 bis 04.02.2004 an einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme zu Lasten der Beklagten teilgenommen, aus der sie arbeitsunfähig entlassen worden sei. Die seit dem 09.02.2004 durchgeführte stufenweise Wiedereingliederung sei aus medizinischen Gründen erforderlich. Sie - die Klägerin - zahle zunächst für die stufenweise Wiedereingliederung Krankengeld in Höhe von kalendertäglich € 51,99, für den Zeitraum vom 24.03.2004 bis 25.04.2004 insgesamt in Höhe von € 1.663,68. Ihren Erstattungsanspruch leite sie aus den §§ 102 ff des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs - SGB X - ab.
Am 25.08.2005 erhob die Klägerin Klage, mit der sie den angemeldeten Erstattungsanspruch in Höhe von insgesamt € 1.663,68 geltend machte. Die Beklagte weigere sich, diesen Erstattungsanspruch anzuerkennen. Nach § 28 des Neunten Buchs des Sozialgesetzbuchs - SGB IX -, der am 01.07.2001 in Kraft getreten sei, sei für alle Trägerbereiche der medizinischen Rehabilitation die Möglichkeit der stufenweisen Wiedereingliederung vorgesehen, die bis dahin ausdrücklich nur für die Krankenversicherung in § 74 des Fünften Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB V) geregelt gewesen sei. Über die Auslegung des § 28 SGB IX hätten schon von Beginn an unterschiedliche Auffassungen geherrscht. Die Rentenversicherungsträger meinten, eine Leistungspflicht bestünde nur dann, wenn zeitgleich eine ambulante Rehabilitationsmaßnahme oder eine Nachsorgeleistung des Rentenversicherungsträgers durchgeführt würde. Sei dies nicht der Fall, komme nur eine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkasse in Betracht. Diese Auslegung hielten die Krankenkassen für zu eng. Nach dem Willen des Gesetzgebers genüge ein zeitlicher Zusammenhang der stufenweisen Wiedereingliederu...