Entscheidungsstichwort (Thema)

Rentenversicherung. Gesamtsozialversicherungsbeitrag. Anspruch auf Nachentrichtung. Abgrenzung einer selbständigen von einer abhängigen Beschäftigung. Merkmal der Eingliederung in den Betrieb. Unternehmerrisiko. Tätigkeit als Handballtrainer

 

Orientierungssatz

1. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist (vgl. BSG, Urteil vom 18.12.2001 - B 12 KR 8/01 R = SozR 3-2400 § 7 Nr 19; BSG, Urteil vom 22.06.2005 - B 12 KR 28/03 R = SozR 4-2400 § 7 Nr 5). Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführungen umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, der Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgeblich ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Weichen die Vereinbarungen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, so geben letztere den Ausschlag.

2. Bei sogenannten Diensten höherer Art kann das Weisungsrecht des Arbeitgebers auch eingeschränkt und "zur dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein, wenn der Versicherte nur in den Betrieb eingegliedert ist (vgl. BSG, Urteil vom 09.12.1981 - 12 RK 4/81 = SozR 2400 § 2 Nr 19).

3. Selbständige Tätigkeiten sind dagegen durch das eigene Unternehmerrisiko gekennzeichnet, das auch darin liegt, für eine erbrachte Arbeitsleistung keine Vergütung zu erhalten (vgl. BSG, Urteil vom 12.02.2004 - B 12 KR 26/02 R = USK 2004-25).

4. Sind einem Handballtrainer Weisungsbefugnisse gegenüber unzweifelhaft abhängig beschäftigten Spielern übertragen worden und ist dieser keinem Unternehmerrisiko ausgesetzt, erhält stattdessen Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, so liegt ein Beschäftigungsverhältnis vor.

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 17. Februar 2006 geändert. Die Klage gegen die Bescheide vom 07.05.2001 und 23.04.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.02.2003 und des Änderungsbescheides vom 03.04.2006 wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der Beigeladenen in beiden Instanzen zu drei Vierteln, die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der Beigeladenen zu einem Viertel. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 9.322,52 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

Streitig ist die Nachentrichtung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen in Höhe von (nur noch) 6.945,65 EUR, insbesondere, ob die Beigeladenen zu 1) und 2) in ihrer Tätigkeit als Handballtrainer abhängig beschäftigt gewesen sind.

Der Kläger ist ein eingetragener Sportverein, der u. a. Handballmannschaften unterhält. Im streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.07.1999 bis zum 31.12.2000 waren die Beigeladenen zu 1) und 2) als Trainer der ersten Herrenhandballmannschaft für den Kläger tätig. Als Cheftrainer erhielt der Beigeladene zu 1) eine monatliche Vergütung von 2.000,- DM, der Beigeladene zu 2) als Co- und Torwarttrainer eine Vergütung von 1.500,- bzw. 1.440,- DM monatlich.

Während die Spieler in der von den Beigeladenen zu 1) und 2) zu betreuenden Herrenhandballmannschaft im Rahmen von Arbeitsverträgen als abhängig Beschäftigte für den Kläger tätig wurden, schlossen die Beigeladenen zu 1) und 2) mit dem Kläger sog. Honorartrainerverträge über eine Honorartrainertätigkeit für die erste Regionalliga-Männermannschaft des Klägers ab. Die Verträge, die die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1) und 2) im Zeitraum 01.07.1999 bis 30.06.2000 umfassen, enthalten u. a. folgende Regelungen:

§ 1 (Vertragspartner) ... Die nähere zeitliche Ausgestaltung des Tätigkeitsbereichs und der Aufgabenbereich wird in einer separaten Vereinbarung geregelt, die mit dem Vorstand vor Aufnahme der Trainertätigkeit abgesprochen wird ... Der Trainer X T ist ausschließlich Trainer der ersten Regionalliga- Männermannschaft der HSG T (Anmerkung: Rechtsvorgänger des Klägers) und bestimmt hier als Alleinverantwortlicher über Inhalt und Umfang des Trainings- und Spielbetriebes sowie über den Einsatz und die Spielanteile der Spieler. Spieler können nur durch den Trainer oder im Einverständnis des Trainers in den bzw. aus dem Kader genommen werden (Vertrag des Beigeladenen zu 1.) bzw. der Trainer L C ist gemeinsam mit X T Spielertrainer der ersten Regionalliga Männermannschaft des U T (Vertrag des Beigeladenen zu 2.)."

§ 2 (Änderungen) Es besteht Einvernehmen darüber, dass es aus vereinsinternen Gründen jederzeit möglich ist, den Tätigkeitsbereich und auch die damit verbundenen zeitlichen Dispositionen kurz...

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