Entscheidungsstichwort (Thema)
Formelle Voraussetzungen des Vergütungsanspruchs des Vertragsarztes bzw. des Kostenerstattungsanspruchs des Versicherten gegenüber dessen Krankenkasse für eine ärztliche Behandlung
Orientierungssatz
1. Eine Erstattung von Kosten des Versicherten durch dessen Krankenkasse setzt nach § 13 Abs. 3 und Abs. 3a S. 7 SGB 5 voraus, dass dem Versicherten Kosten entstanden sind. Ein Vergütungsanspruch des Arztes gegenüber dessen Patienten besteht nur dann, wenn dem Patienten für dessen ärztliche ärztliche Behandlung eine Abrechnung nach den Vorschriften der GOÄ erteilt worden ist (BSG Urteil vom 11. 7. 2017, B 1 KR 1/17 R).
2. Nach § 12 Abs. 2 Nr. 2 GOÄ müssen in der Rechnung des Arztes die Gebührennummern, die Bezeichnung der einzelnen berechneten Leistungen sowie der jeweilige Betrag und der Steigerungssatz angegeben sein.
3. Dem Versicherten entstehen dann keine Kosten im Rechtssinn, wenn der behandelnde Arzt anstelle der Vergütung von Einzelleistungen ein Pauschalhonorar ohne Bezugnahme auf das Leistungsverzeichnis der GOÄ in Rechnung stellt und den Auslagenersatz pauschaliert. Trotzdem geleistete Zahlungen kann der Patient vom Arzt zurückfordern.
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 22.05.2018 geändert und die Klage abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten für selbstbeschaffte Liposuktionen.
Die bei der Beklagten versicherte Klägerin beantragte mit Schreiben vom 19. Dezember 2015, bei der Beklagten eingegangen am 29. Dezember 2015, unter Beifügung eines Gutachtens und Kostenvoranschlages des Chirurgen Dr. I, Praxis für Lipödem-Chirurgie - Klinik I- vom 1. Dezember 2015 sowie einer Bescheinigung der Psychologin J vom 7. Dezember 2015 die Übernahme der Kosten für Liposuktionen an Ober- und Unterschenkeln sowie an den Oberarmen. Sie bat um "Kostenübernahme der medizinisch notwendigen Liposuction".
Nach Einholen eines Gutachtens nach Aktenlage durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) vom 2. Februar 2016 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 17. Februar 2016 den Antrag der Klägerin ab. Hiergegen legte die Klägerin am 11. März 2016 Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 1. Juni 2016 als unbegründet zurückwies.
Mit der am 6. April 2016 erhobenen Klage hat die Klägerin ihren Kostenübernahmeantrag weiterverfolgt. Sie hat vorgetragen, ihr Antrag gelte nach § 13 Abs. 3a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) als genehmigt. Die Beklagte habe nicht innerhalb der vorgesehenen Fünfwochenfrist, die am 2. Februar 2016 abgelaufen sei, entschieden. Außerdem habe die Beklagte ihr weder mitgeteilt, dass der MDK eingeschaltet worden sei, noch sonst Gründe, aus denen sich die Entscheidung verzögere. Die Beklagte sei mit materiell-rechtlichen Einwendungen präkludiert. Die Fiktionswirkung beschränke sich - entgegen der Ansicht der Beklagten - nicht auf Leistungen, die bereits Gegenstand des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherungen seien, oder auf zugelassene Leistungserbringer.
Nachdem sie die Liposuktionen am 25. April 2016, 15. Juni 2016 und 10. August 2016 in der Klinik I hat durchführen lassen, hat sie die Honorarvereinbarung, die Rechnungen und Zahlungsbelege vorgelegt, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird.
Sie hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 17. Februar 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Juni 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die für die Durchführung der Liposuktionen an den Ober- und Unterschenkeln sowie Oberarmen am 25. April, 15. Juni und 10. August 2016 in der Klinik I entstandenen Kosten in Höhe von 14.985,00 EUR zu erstatten.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Ansicht vertreten, die Genehmigungsfiktion des § 13 Abs. 3a SGB V sei auf Sachleistungsansprüche und durch das Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsgebot begrenzt. Für "neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden" wie die der Liposuktion gelte die Genehmigungsfiktion daher nicht. Sachverhalte, in denen der Versicherte - wie hier - aus dem Kostenübernahmeantrag erkennen könne, dass eine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung nicht bestehe, fielen nicht unter die Fiktion. Im Übrigen sei die Klägerin mangels einer den Vorgaben der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) entsprechenden Rechnung keinen Honoraransprüchen ausgesetzt.
Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte durch Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 22. Mai 2018 antragsgemäß verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Klägerin stehe gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung von 14.985,00 EUR als Kostenerstattung für die selbstbeschafften Liposuktionen aus § 13 Abs. 3a SGB V zu. Die von der Klägerin beantragte Leistung gelte wegen Fristablaufs als genehmigt.
Aufgrund der fachärztlic...