Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosenhilfe. Bedürftigkeitsprüfung. Vermögensverwertung. maßgebender Freibetrag. Ehegatten. Übergangsregelung. Wertpapiervermögen. offensichtliche Unwirtschaftlichkeit. wirklicher Wert. Verkehrswert
Orientierungssatz
1. Die Übergangregelung des § 4 Abs 2 S 2 AlhiV 2002 findet nur auf den Ehegatten Anwendung, der vor dem 1.1.1948 geboren ist. Im Rahmen der gesetzlichen Härtefallregelung nach § 193 Abs 2 SGB 3 kann für den nach der Stichtagsregelung geboren Ehegatten ein weiterer über den Freibetrag des § 1 Abs 2 AlhiV 2002 idF vom 23.12.2002 hinausgehender Vermögensfreibetrag in Höhe von nochmals 200 EUR pro Lebensjahr berücksichtigt werden.
2. Ein Wertpapierdepot ist grundsätzlich sowohl rechtlich wie auch wirtschaftlich verwertbar. Soweit jedoch das BSG die Auffassung vertritt, ein erheblicher wirtschaftlicher Verlust bei dem Verkauf von Aktien zu einem ungünstigen Zeitpunkt müsse unter Zugrundelegung des rein ökonomischen Begriffs der Verwertbarkeit in § 1 Abs 3 Nr 6 AlhiV 2002 nicht hingenommen werden (vgl BSG vom 3.5.2005 - B 7a/7 AL 84/04 R = SozR 4-4220 § 1 Nr 4), schließt sich der Senat dieser Auffassung nicht an. Ein alleiniges Abstellen auf den Vergleich der Kosten der Anschaffung eines Vermögenswertes mit dem Erlös bei einem Verkauf wird zum einen dem spekulativen Charakter derartiger Vermögensgegenstände nicht gerecht und steht zum anderen im Widerspruch zu dem Zweck der Regelungen der §§ 190ff SGB 3 und dem Charakter der Arbeitslosenhilfe (vgl LSG Berlin-Potsdam vom 25.1.2007 - L 30 AL 106/05).
3. Die Beurteilung der Frage, ob der zu erzielende Gegenwert in einem deutlichen Missverhältnis zum wirklichen Wert des zu verwertenden Vermögensgegenstandes steht und daher ein normal und ökonomisch Handelnder die Verwertung unterlassen würde (vgl BSG vom 9.12.2004 - B 7 AL 30/04 R = SozR 4-4300 § 193 Nr 2), kann in Fällen der vorliegenden Art nicht durch einen strikt monetären Vergleich des aktuell erzielbaren Verkaufserlöses mit den Erwerbskosten erfolgen.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 29.09.2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des Klägers auf Arbeitslosenhilfe (Alhi) ab dem 17.07.2003.
Der am 00.00.1945 geborene Kläger war zuletzt als kaufmännischer Angestellter tätig. Seit dem 01.04.2005 bezieht er Rente wegen Alters. Der Kläger lebt zusammen mit seiner am 00.00.1953 geborenen Ehefrau, die kein Einkommen erzielt, in einem selbst genutzten Eigenheim mit einer Wohnfläche von 120 m².
Bis zum 16.07.2003 bezog er bis zur Erschöpfung der Anspruchsdauer Arbeitslosengeld (Alg) nach einem Bemessungsentgelt iHv 1040,00 EUR wöchentlich, der Leistungsgruppe C und dem erhöhten Leistungssatz. Der wöchentliche Zahlbetrag lag zuletzt bei 430,99 EUR.
Auf seinem Antrag auf Alhi gab er an, er verfüge über ein Girokonto in Höhe von 1.099,00 EUR und ein Sparbuch mit einer Einlage in Höhe von 261,00 EUR. Ferner besitze er Wertpapiere mit einem derzeitigen Kurswert von 37.004,00 EUR. Daneben bestehe eine Lebensversicherung mit einer Versicherungssumme von 25.381,00 EUR bei bislang eingezahlten Beiträgen in Höhe von 19.695,00 EUR.
Mit Bescheid vom 09.07.2003 lehnte die Beklagte den Antrag auf Alhi im Hinblick auf das vorhandene Vermögen iHv 58.059,00 EUR ab. Unter Berücksichtigung eines Freibetrages iHv 30.680,00 EUR für den Kläger und iHv 10.000,00 EUR für die Ehefrau verblieben 17.379,00 EUR anrechenbares Vermögen, das Bedürftigkeit ausschließe.
Mit seinem Widerspruch vertrat der Kläger die Ansicht, die Verwertung der Lebensversicherung sei offensichtlich unwirtschaftlich und die Verwertung des Vermögens im Übrigen nicht zumutbar. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 29.07.2003, auf den Bezug genommen wird, zurück.
Der Kläger hat mit der hiergegen am 14.08.2003 beim Sozialgericht (SG) Duisburg erhobenen Klage Einwände gegen die geänderte Arbeitslosenhilfeverordnung (AlhiV) erhoben, die keine Zumutbarkeitsprüfung bei der Verwertung von Vermögen mehr vorsehe. Tatsächlich sei für ihn die Verwertung der Lebensversicherung unzumutbar, so dass kein anrechenbares Einkommen mehr verbliebe.
Zum 30.06./01.07.2003 hätten zwei Kapitallebensversicherungen bestanden, die einen Rückkaufswert einschließlich laufender Überschüsse in Höhe von 28.442,00 EUR (Versicherungsleistung zum Ablauftermin 01.09.2005 insgesamt 33.072,30 EUR) bzw. 28.552,00 EUR gehabt hätten. Neben den bereits benannten Guthaben auf dem Girokonto bzw. Sparbuch habe das Wertpapierdepot zu diesem Zeitpunkt einen Wert in Höhe von 36.694,87 EUR gehabt. Da er neben einer Teilzeitbeschäftigung (400,00 EUR monatlich) keine weiteren Einkünfte erzielt habe, habe er die Lebensversicherungen zum 01.03.2004 gekündigt und Erlöse in Höhe von 29.951,00 EUR bzw. 29.8...