Entscheidungsstichwort (Thema)

Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft

 

Orientierungssatz

1. Leistungen für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Die angemessene Miete wird durch die Tabellenwerte des Wohngeldgesetzes begrenzt, wenn der Grundsicherungsträger kein schlüssiges Konzept zur Ermittlung der angemessenen Miete vorweisen kann, vgl. BSG, Urteil vom 26. Mai 2011 - B 14 AS 132/10.

2. Eine Übernahme der die Angemessenheitsgrenze überschreitenden tatsächlichen Kosten ist ausgeschlossen, wenn dem Hilfebedürftigen eine Kostensenkung möglich und zumutbar ist, beispielsweise durch einen Wohnungswechsel.

3. Für eine von Vermietern gehandhabte Praxis, Mieter, welche SGB 2-Leistungen erhalten, gar nicht erst in Betracht zu ziehen, gibt es keine hinreichenden Anhaltspunkte. Vielmehr erscheint es lebensnah, dass Bezieher von Arbeitslosengeld 2 bevorzugt als Mieter genommen werden, wenn diese das Jobcenter zu einer direkten Überweisung der Miete auf das Vermieterkonto veranlassen.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 09.04.2014; Aktenzeichen B 14 AS 293/13 B)

 

Tenor

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 01.04.2011 wird zurückgewiesen.

Kosten haben die Beteiligten einander auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Höhe der den Klägern zustehenden Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) in der Zeit vom 16.11.2007 bis 31.05.2008. Die Kläger zu 1) und 2) waren im streitigen Zeitraum verheiratet und hatten drei Kinder (Kläger 3-5). Die Beteiligten stritten bereits in den Jahren 2005 bis 2007 über die Höhe der Kosten der Unterkunft gemäß § 22 SGB II vor dem Sozialgericht. Seit 2005 forderte der Beklagte die Kläger mehrfach im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II auf, ihre Mietkosten zu senken. Ab 01.01.2007 übernahm er nur noch die angemessenen Kosten und somit eine Miete von 916,35 EUR. Leistungen nach dem SGB II wurden bis Juli 2007 bezogen. Aufgrund einer Versicherungsleistung meldeten sich die Kläger ab Juli 2007 als nicht mehr hilfebedürftig ab und zahlten die für Juli 2007 erhaltenen Leistungen an die Beklagte zurück. Im streitigem Zeitraum wohnten sie in einer Wohnung von 123,88 m² in Münster mit einer Gesamtmiete von 1.275,00 EUR (961,00 EUR Grundmiete, 49,00 EUR für Wohnungsausstattung, 265,00 EUR Heiz- und Warmwasser- und Betriebskostenvorauszahlung). Nach Verbrauch des Geldes stellten die Kläger am 16.11.2007 einen neuen Leistungsantrag. Der Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 19.02.2008 zunächst auf Grundlage von § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 a SGB II i. V. m. § 328 SGB III für die streitige Zeit vorläufig Leistungen nach dem SGB II. Mit Bewilligungsbescheid vom 20.02.2008 gewährte er den Klägern vom 16.11.2007 bis 30.11.2007 Leistungen in Höhe von 826,13 EUR. Für den Zeitraum 01.12.2007 bis 29.02.2008 errechnete er einen Anspruch von monatlich 1.652,25 EUR. Für die Zeit vom 01.03.2008 bis 31.05.2008 bewilligte er monatliche Leistungen in Höhe von 1.559,25 EUR. Dabei berücksichtigte er beim Kläger zu 1) einen Minderungsbetrag aufgrund des Eintritts einer Sanktion im Sinne des § 31 SGB II in Höhe von monatlich 93,00 EUR. Für den Gesamtzeitraum des Bewilligungsbescheides legte er lediglich noch die von ihm als angemessen erachteten Kosten der Unterkunft im Sinne des § 22 Abs. 1 SGB II in Höhe von 916,35 EUR fest. Dagegen erhoben die Kläger am 27.02.2008 Widerspruch. Ihnen stünden höhere Leistungen für die Kosten der Unterkunft zu. Der Beklagte habe die vollen Mietkosten zu übernehmen. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens erließ der Beklagte am 16.05.2008 einen Änderungsbescheid, mit dem er dem Kläger zu 1) ab 25.02.2008 einen Mehrbedarf wegen kostenaufwändiger Ernährung in Höhe von monatlich 30,68 EUR bewilligte. Mit Widerspruchsbescheid vom 12.06.2008 wies er den Widerspruch im Übrigen zurück, jedoch ohne über die Kosten der Unterkunft zu entscheiden. Dagegen haben die Kläger am 23.06.2008 Klage erhoben und begehren nach einem Abtrennungsbeschluss vom 12.03.2009, den Beklagten unter Abänderung der Bescheide vom 19.02.2008 und 20.02.2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 16.05.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.06.2008 zu verurteilen, ihnen vom 16.11.2007 bis 31.05.2008 Leistungen unter Berücksichtigung der Mietkosten in Höhe von monatlich 1.275,00 EUR zu gewähren. In der mündlichen Verhandlung vom 01.04.2011 haben sich die Beteiligten darauf geeinigt, dass die Minderung der Leistungsbewilligung vom 01.03. bis 31.05.2008 auf Grund der gegen den Klägern zu 1) verhängten Sanktion nicht Gegenstand des hiesigen Verfahrens ist. Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen. Die Kläger hätten keinen (höheren) Anspruch auf Leistungen. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II würden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen nur erbracht, soweit diese angemessen sind. Soweit ...

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