Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialhilfe. Hilfe in anderen Lebenslagen. Bestattungskosten. Aufwendungsersatz nach § 91 SGB 10. Erstattungsanspruch des örtlichen Trägers gegenüber dem überörtlichen Sozialhilfeträger. Zuständigkeit des überörtlichen Sozialhilfeträgers. Erlass oder Ermäßigung von Friedhofsgebühren

 

Orientierungssatz

1. Anspruchsgrundlage für einen Erstattungsanspruch bezüglich Beerdigungskosten sind § 5 Abs 1 BSHGAG NW, § 91 Abs 1 S 1 SGB 10 und §§ 15, 100 Abs 2 BSHG jeweils in ihrer im November 2003 geltenden Fassung.

2. Gem §§ 100 Abs 1 Nr 1, 39 Abs 1 S 1 BSHG aF iVm § 2 Abs 1 Nr 1 BSHGAG NW ist der Landschaftsverband Rheinland als überörtlicher Sozialhilfeträger zuständig für Hilfen in besonderen Lebenslagen für nicht nur vorübergehend körperlich, geistig oder seelisch wesentlich behinderte Personen, wenn es erforderlich ist, die Hilfe - ua auch Hilfe zur Pflege nach § 68 BSHG - in Einrichtungen zu gewähren (vgl OVG Münster vom 27.8.1996 - 15 A 4171/93 = NWVBl 1997, 75).

3. § 91 Abs 1 S 1 SGB 10 ist lex specialis zu § 102 SGB 10.

4. Die sachliche Zuständigkeit des überörtlichen Sozialhilfeträgers erstreckt sich auch auf die Übernahme der erforderlichen Bestattungskosten, wenn die stationäre Hilfe nach § 100 Abs 1 Nr 1 oder 5 BSHG durch den Tod des Hilfebedürftigen beendet wird.

5. Allein die fehlende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Hinterbliebenen kann nicht zu einer Ermessensreduzierung auf Null und damit nicht zu einem Anspruch auf Erlass oder Ermäßigung der Friedhofsgebühren gem § 15 BSHG bzw § 74 SGB 12 führen (vgl LSG Essen vom 30.10.2008 - L 9 SO 22/07 = FEVS 60, 524).

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 17.02.2009 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert wird auf 412,87 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Erstattung von Bestattungskosten i.H.v. 412,87 EUR.

Bestattungskosten von 2.051,45 EUR fielen für die Bestattung von D an. Die 1914 Geborene lebte bis zum 14.06.2001 im Zuständigkeitsbereich des Beklagten. Anschließend war sie bis zu ihrem Tod am 02.11.2003 wegen ihrer Pflegebedürftigkeit in einem Seniorenwohnheim der Sozialbetriebe L gGmbH in L untergebracht. Die von der Rente und der Pflegeversicherung nicht gedeckten Heimkosten der Verstorbenen gewährte der Beklagte letztmalig mit Bescheid vom 20.02.2003 für die Zeit vom 01.02.2003 bis zum 31.01.2004 als Delegationsnehmer des Landschaftsverbandes Rheinland aufgrund dessen Satzung über die Heranziehung der örtlichen Träger der Sozialhilfe zur Durchführung von Aufgaben des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe vom 19.03.1984 (im Folgenden: Sozialhilfesatzung). Den o.g. Bewilligungsbescheid hob die Beklagte mit Bescheid vom 17.11.2003 ab dem 01.11.2003 auf und bat um Rücküberweisung von 541,48 EUR.

Anlässlich des Todes der Frau D beantragte ihr Sohn, der im Sozialhilfebezug der Klägerin stehende X, bei der Klägerin nach § 15 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) die Übernahme der durch die Geldmittel der Verstorbenen nicht gedeckten Bestattungskosten einschließlich der Friedhofsgebühren. Die Klägerin informierte daraufhin den nach ihrer Ansicht für die Übernahme der Bestattungskosten zuständigen Beklagten. Der Beklagte machte gegenüber der Klägerin seine Unzuständigkeit für die Übernahme der Bestattungskosten geltend. Hierbei verwies er auf eine frühere Stellungnahme des Landschaftsverbandes Rheinland als Delegationsnehmer, wonach - wie im Fall der Verstorbenen - eine Zuständigkeit für die Hilfen nach § 15 BSHG entfalle, wenn ein Empfänger von vollstationärer Hilfe versterbe und die Kosten der Unterbringung im Sterbemonat noch aus eigenen Mitteln beglichen werden könnten, da die insofern maßgebliche Vorschrift des § 100 Abs. 2 BSHG laufende Leistungen bis zum Tode voraussetze.

Die Klägerin entsprach mit Bescheid vom 04.11.2003 dem Antrag des Herrn X und übernahm die durch die eigenen Mittel der Verstorbenen nicht gedeckten Bestattungskosten i.H.v. 412,87 EUR. Anschließend machte die Klägerin mit Schreiben vom 22.12.2003 beim Beklagten die Erstattung dieser von ihr aufgewendeten Kosten geltend. Die Beklagte wies die Forderung erneut mit der Begründung zurück, die Hilfegewährung für Frau D sei Ende Oktober 2003 beendet gewesen, da durch deren Geldmittel die Heimkosten im Sterbemonat November voll gedeckt gewesen seien. Die Zuständigkeit des überörtlichen Trägers nach § 100 BSHG sei hierdurch entfallen. Vielmehr ergebe sich die Zuständigkeit der Klägerin aus § 97 Abs. 3 Alternative 2 BSHG, da in deren Bereich der Sterbeort gelegen habe.

Am 22.10.2007 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie hat geltend gemacht, dass ihr als zuerst angegangener Leistungsträgerin wegen der damit verbundenen Vorleistungsverpflichtung ein Kostenerstattungsanspruch nach § 102 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zustünde. Bei der Frage der Zuständigkeit des Beklagten als Delegationsnehmer des Landschaftsverbandes Rheinland s...

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