Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenkasse. Mitgliederwerbung. Abwerbung. Möglichkeit der Gegenüberstellung von Beitragssätzen. Hinweis auf unterschiedliche Leistungen der Krankenkassen. Werbung über Dritte ≪hier Arbeitgeber≫
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Mitgliederwerbung von Krankenkassen ist auch mit dem Ziel einer "Abwerbung" zulässig.
2. Eine Werbung durch Gegenüberstellung von Beitragssätzen ist möglich, sofern sie nicht in unlauterer Weise erfolgt, nicht irreführend, herabsetzend oder verunglimpfend ist. Dabei ist allerdings darauf hinzuweisen, dass sich die Leistungen der Krankenkassen unterscheiden können. Auf Strukturunterschiede der Krankenkassen bzw auf unterschiedliche Serviceangebote muss nicht hingewiesen werden.
3. Eine Werbung von Krankenkassen über Dritte (Arbeitgeber) ist zulässig.
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Speyer vom 10.01.2005 in der Gestalt des Berichtigungsbeschlusses vom 26.01.2005 hinsichtlich des Tenors Ziffer 1 und Ziffer 2 aufgehoben.
2. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
3. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
4. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.500,- € festgesetzt.
Tatbestand
Die Antragstellerin begehrt von der Antragsgegnerin die Unterlassung der Mitgliederwerbung über Arbeitgeber durch Gegenüberstellung von Beitragssätzen.
Seit 01.08.2004 erstreckt sich der Tätigkeitsbereich der Antragsgegnerin auch auf das Land Rheinland-Pfalz. Mit Schreiben vom 08.11.2004 hat sich die Antragsgegnerin an Arbeitgeber in Rheinland-Pfalz gewandt und Folgendes mitgeteilt:
“IKK Südwest-Direkt - Einfach günstiger!
Sehr geehrte Damen und Herren,
wir sind ein innovativer und moderner Krankenversicherer. Im Jahre 1995 als IKK des Saarlandes gegründet, haben wir uns im Juli 2004 auch für Rheinland-Pfalz geöffnet. Die IKK Südwest-Direkt bietet ihren Arbeitgebern und Versicherten mit 12,9% einen der bundesweit günstigsten Beitragssätze. Hiermit leistet die IKK einen wichtigen Beitrag zur Senkung der Lohnnebenkosten in den rheinland-pfälzischen und saarländischen Betrieben.
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Mit der Wahl der Krankenkasse können Arbeitnehmer und Arbeitgeber viel Geld sparen. Bei einem Wechsel zur IKK Südwest-Direkt ergibt dies beispielsweise bei einem Bruttoverdienst von 2.500,- Euro eine Beitragsersparnis von jährlich jeweils bis zu 300,- Euro für Arbeitnehmer und Arbeitgeber. In einem Betrieb mit zehn Beschäftigten beträgt die Differenz für den Arbeitgeber somit bis zu 3.000,- Euro im Jahr.
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monati. Lohn/Gehalt brutto |
IKK Südwest- Direkt 12,9% |
TK 13,7% |
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AOK Rheinland- Pfalz 14,2% |
HEK 14,3% |
KKH 14,4% |
BEK 14,7% |
DAK 14,7% |
500€ |
65€ |
69€ |
70€ |
71€ |
72€ |
72€ |
74€ |
74€ |
1.000€ |
129€ |
137€ |
139€ |
142€ |
143€ |
144€ |
147€ |
147€ |
1.500€ |
194€ |
206€ |
209€ |
213€ |
215€ |
216€ |
221€ |
221€ |
2.000€ |
258€ |
274€ |
278€ |
284€ |
286€ |
288€ |
294€ |
294€ |
2.500€ |
323€ |
343€ |
348€ |
355€ |
358€ |
360€ |
368€ |
368€ |
3.000€ |
387€ |
411€ |
417€ |
426€ |
429€ |
432€ |
441€ |
441€ |
3.487,50€ |
450€ |
478€ |
485€ |
495€ |
499€ |
502€ |
513€ |
513€ |
Arbeitnehmer und Arbeitgeber tragen die Beiträge jeweils zur Hälfte. Die Satzungsleistungen der verschiedenen Krankenkassen können sich unterscheiden. Nähere Informationen geben wir Ihnen gerne.
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Wir würden uns sehr freuen, wenn Sie und Ihre Mitarbeiter Mitglied der IKK Südwest-Direkt werden.
Deshalb unsere Bitte: Senden Sie uns den beigefügten Antwortcoupon zurück.
Haben Sie Fragen? Rufen Sie uns kostenfrei (0800/129 0 1 29) an. Wir beraten Sie gerne.
Mit freundlichen Grüßen
F S
Vorstand
Anlage
PS. Durch die neuen Kassenwahlrechte ist ein Krankenkassenwechsel ganz einfach und jederzeit - unter Einhaltung einer zweimonatigen Kündigungsfrist - möglich."
Dem Schreiben war ein Antwortcoupon beigefügt.
Das Sozialgericht Speyer (SG) hat mit Beschluss vom 10.01.2005 in Gestalt des Berichtigungsbeschlusses vom 26.01.2005 die Antragsgegnerin verpflichtet, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis 50.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, zu unterlassen.
Im Geschäftlichen Verkehr den jeweils aktuellen Beitragssatz der Antragsgegnerin dem der Antragstellerin unter konkreter Benennung der Antragstellerin gegenüberzustellen/zu vergleichen, ohne gleichzeitig auf bestehende Leistungsunterschiede hinzuweisen, insbesondere wie in ein...