Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. befristete Gestattung der Wohnungsdurchsuchung. gerichtskostenfreies Verfahren
Leitsatz (amtlich)
1. Beantragt eine Krankenkasse im Rahmen der Zwangsvollstreckung gegen einen Beitragsschuldner die richterliche Gestattung der Durchsuchung dessen Wohnung, kann das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen die zeitliche Wirkung der Gestattung befristen.
2. Ein solches gerichtliches Verfahren ist gerichtskostenfrei.
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Koblenz vom 29.10.2007 abgeändert. Die Durchsuchung wird der Antragstellerin zeitlich begrenzt bis zum 28.2.2008 gestattet. Hinsichtlich des Antrags auf unbefristete Gestattung der Durchsuchung wird die Beschwerde zurückgewiesen.
2. Das Verfahren erster Instanz ist gerichtsgebührenfrei. Eine Gerichtsgebühr für das Beschwerdeverfahren wird nicht erhoben. Die Antragsgegnerin hat die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin im Verfahren vor dem Sozialgericht zu erstatten. Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
3. Der Beschluss des Sozialgerichts vom 29.10.2007 wird hinsichtlich der Streitwertfestsetzung aufgehoben.
Gründe
I.
Die Antragsgegnerin schuldet der Antragstellerin rückständige Beiträge zur Gesamtsozialversicherung in Höhe von 15.677,64 € (einschließlich Säumniszuschlägen und Mahn- sowie Vollstreckungskosten). Versuche, die Forderung im Wege des Verwaltungszwangsverfahrens einzutreiben, blieben ohne Erfolg. Nachdem die Antragsgegnerin die Durchsuchung ihrer Wohn-/Geschäftsräume verweigerte, beantragte die Antragstellerin am 23.10.2007 beim Sozialgericht (SG) Koblenz eine richterliche Durchsuchungsanordnung.
Durch Beschluss vom 29.10.2007 hat das SG der Antragstellerin - befristet bis zum 15.11.2007 - gestattet, die Wohn- und Geschäftsräume sowie die Behältnisse der Antragsgegnerin zu durchsuchen und verschlossene Türen und Behältnisse zu öffnen. Außerdem hat das SG beschlossen, dass die Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens zu tragen habe, und den Streitwert auf 15.677,64 € festgesetzt. Zur Begründung hat es ausgeführt: Nach § 66 Abs 3 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) iVm § 9 Abs 2 Satz 2 2. Halbsatz Landesverwaltungsvollstreckungsgesetz Rheinland-Pfalz (LVwVG Rh-Pf) treffe das SG auf Antrag die richterliche Anordnung zur Durchsuchung der Wohnung des Vollstreckungsschuldners, sofern es sich um Angelegenheiten des § 51 Sozialgerichtsgesetz (SGG) handele. Unter Abwägung der gegenseitigen Interessen sei die beantragte Anordnung zu erlassen und bis zum 15.11.2007 zu befristen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die am 8.11.2007 eingelegte Beschwerde der Antragstellerin, der das SG nicht abgeholfen hat. Die Antragstellerin trägt vor: Die vom SG vorgenommene Befristung der Durchsuchungsanordnung sei mit den Regeln einer ordnungsgemäßen Vollstreckung unvereinbar und zudem im Gesetz nicht vorgesehen. Mit einer so kurzen Befristung werde ihr, der Antragstellerin, faktisch die Verfahrensherrschaft genommen und eine sorgfältige Planung unter der notwendigen Zuhilfenahme von Zeugen, Monteuren und einer Spedition zum Abtransport evtl zu pfändender Sachen in normalen Ablaufzeiten der mehrgliedrigen Logistik unmöglich gemacht. Ferner beanstande sie, die Antragstellerin, dass sie von der Landesjustizkasse mit Kostenrechnung vom 31.10.2007 zu Unrecht als “Zweitschuldnerin„ für Gerichtskosten (Kosten eines Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes) der ersten Instanz in Höhe von 363 € in Anspruch genommen worden sei. Zwar sei hinsichtlich der Kostenentscheidung eine entsprechende Anwendung des § 197a Sozialgerichtsgesetz (SGG) vertretbar, da keiner der Beteiligten Kläger oder Beklagter sei. Gerichtskosten fielen aber nicht an. Das Vollstreckungsverfahren sei kein kontradiktorisches Verfahren. Das vorliegende Verfahren sei auch kein solches des einstweiligen Rechtsschutzes. Im Gerichtskostengesetz (GKG) sei für die richterliche Vollstreckungsanordnung kein Gebührentatbestand vorgesehen. Auch das vergleichbare Verfahren vor dem Amtsgericht sei für die Parteien kostenfrei (Hinweis auf Stöber in Zöller, Zivilprozessordnung - ZPO -, 25. Auflage, § 758a Rz 45).
Die Antragstellerin beantragt,
die bis zum 15.11.2007 ausgesprochene Befristung der richterlichen Durchsuchungsanordnung aufzuheben, hilfsweise eine Frist von wenigstens drei Monaten festzusetzen.
das vorliegende Verfahren für die Antragstellerin kostenfrei zu stellen und die Soll-Stellung bei der Landesjustizkasse zu löschen.
Die Antragsgegnerin hat keinen Antrag gestellt.
II.
Die zulässige (§§ 172, 173 SGG) Beschwerde der Antragstellerin ist insoweit begründet, als der Senat die Gestattung der Durchsuchung der Wohn- und Geschäftsräume bis zum 28.2.2008 befristet. Soweit die Antragstellerin eine unbegrenzte Gestattung beantragt, hat die Beschwerde keinen Erfolg.
Der Senat verlängert die Frist zur Durchsuchung bis zum 28.2.2008. Ob eine Frist gesetzt wird und - bej...