Entscheidungsstichwort (Thema)
Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Kinderkrankenschwester. Anforderungsprofil des Verweisungsberufes Krankenschwester in Kurkliniken und Sanatorien
Leitsatz (amtlich)
1. Die Tätigkeit einer Krankenschwester in einer Kurklinik oder einem Sanatorium unterscheidet sich von einer Tätigkeit in einer Rehabilitationsklinik dadurch, dass regelmäßig gehfähige Patienten betreut werden und somit überwiegend leichte Arbeiten in wechselnder Körperhaltung ohne schweres Heben und Tragen von Lasten anfallen.
2. Arbeitsplätze für Krankenschwestern, die dem typischen Anforderungsprofil einer solchen Tätigkeit entsprechen, sind auf dem Arbeitsmarkt der Bundesrepublik Deutschland in einer nennenswerten Anzahl im Sinne der Rechtsprechung des BSG zum sogenannten Seltenheitsfall (vgl BSG vom 14.5.1996 - 4 RA 60/94 = BSGE 78, 207 = SozR 3-2600 § 43 Nr 13) vorhanden.
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Trier vom 13.9.2005 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit streitig.
Die 1953 geborene Klägerin absolvierte von 1970 bis 1973 eine Lehre zur Kinderkrankenschwester und arbeitete anschließend bis 1994 im erlernten Beruf. Von 1995 bis 2003 war sie als nicht erwerbsmäßig tätige Pflegeperson rentenversichert.
Im Juli 2003 beantragte die Klägerin die Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit und machte geltend, insbesondere an den Folgen eines im Jahr 1987 erlittenen Verkehrsunfalls, überwiegend im Stütz- und Bewegungsapparat, zu leiden.
In einem daraufhin von der Beklagten veranlassten Gutachten von Dr. B vom September 2003 wurden nach Auswertung diverser ärztlicher Unterlagen und erhobener Befunde folgende Diagnosen gestellt: "Chronisches fehlstatisch bedingtes Schmerzsyndrom der Lenden-Becken-Hüftregion nach in Fehlstellung verheilter Beckenringfraktur mit Arthrose des linken Iliosacralgelenkes, muskulären und ligamentären Belastungsbeschwerden, Fehlstatik des Schultergürtels, cervico-cephaler Begleitsymptomatik, sekundärtraumatische Arthrose des linken Ellenbogengelenks nach Olecranonfraktur mit Streckbehinderung". Der Gutachter führte aus, die Klägerin sei auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur noch in der Lage, leichte körperliche Tätigkeiten in einem mindestens 6-stündigen Umfang zu verrichten, sofern sie im Wechsel der Körperhaltungen erfolgten und nicht mit Zwangshaltungen der Wirbelsäule und den Gelenken der linken oberen und unteren Extremitäten einhergingen. Länger andauernde stehende Tätigkeiten, länger andauernde Tätigkeiten in gebückter oder hockender Haltung, Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten oder in ungünstiger Witterung sollten vermieden werden. Einschränkungen der Wegefähigkeit lägen nicht vor.
Mit Bescheid vom 9.10.2003 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Es liege weder eine teilweise noch eine volle Erwerbsminderung und auch keine Berufsunfähigkeit vor. In der ihr zumutbaren Tätigkeit als Arzthelferin könne sie noch täglich mindestens sechs Stunden tätig sein.
Im Widerspruchsverfahren legte die Klägerin ein Attest des Arztes für Allgemeinmedizin Dr. K vom Oktober 2003 vor, der die Leistungsfähigkeit der Klägerin täglich auf unter drei Stunden schätzte.
Die Beklagte holte einen Befundbericht von Dr. K vom Januar 2004 nebst ärztlicher Unterlagen ein.
Nach Auswertung der medizinischem Unterlagen durch Frau Dr. L im Januar 2004 wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 15.3.2004 zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin sei als Kinderkrankenschwester auf eine Tätigkeit einer Krankenschwester nach den Vergütungsgruppen Kr. V/Va BAT in Kurkliniken, Sanatorien bzw. Rehabilitationskliniken (ohne AHB) verweisbar.
Die Klägerin hat am 31.3.2004 Klage zum Sozialgericht (SG) Trier erhoben.
Sie hält die von der Beklagten genannten Verweisungstätigkeiten für unzumutbar. Zum einen seien sie mittelschwer, zum anderen fehlten ihr die erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten. Es handele sich schließlich um Schonarbeitsplätze, die Außenstehenden nicht zugänglich seien.
Sie hat ein Attest des behandelnden Arztes Dr. E vom März 2004 vorgelegt, in dem dieser ausgeführt hat, dass sie die im Widerspruchsbescheid benannte Verweisungstätigkeit nicht mehr ausführen und auch nur unter drei Stunden täglich im Einsatz sein könne. Des Weiteren hat sie einen Arztbrief des Orthopäden Dr. S vom Mai 2004 vorgelegt, in dem berichtet wird, dass sich bei einem MRT der HWS vom April 2004 keine Wurzel- oder Myelonkompressionen gezeigt hätten, aber eine relativ fortgeschrittene Osteochondrose C5/6 und C6/7.
Das SG hat einen Befundbericht beim Neurologen und Psychiater Dr. O vom November 2004 eingeholt, der eine linksseitige dissoziative Sensibilitätsstörung festgestellt hat. Es hat außerdem einen Befundbericht...