Entscheidungsstichwort (Thema)
Entscheidung nach § 131 Abs 5 SGG im Wege des Gerichtsbescheids
Orientierungssatz
Der Begriff der Spruchreife in § 131 Abs 5 SGG wird dahingehend modifiziert, dass das Gericht, wenn es weitere Sachaufklärung für erforderlich hält, ohne in der Sache selbst zu entscheiden aufheben kann, soweit nach Art und Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Ist die Sache in diesem erweiterten Sinn "spruchreif", so ist für das Gericht auch der Entscheidungsweg des Gerichtsbescheids offen.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Beklagte zu Recht den Grad der Behinderung (GdB) der 1941 geborenen Klägerin herabgesetzt hat.
Mit Bescheid vom 12.1.1999 war zuletzt ein GdB der Klägerin von 90 für folgende Behinderungen festgestellt worden:
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1. |
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Krampfaderleiden mit Stauungsbeschwerden |
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2. |
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Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und der Füße |
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3. |
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Rezidivierender Harnwegsinfekt |
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4. |
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Psychovegetative Störungen mit depressiver Symptomatik |
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5. |
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Schilddrüsenfunktionsstörungen |
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6. |
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Labile arterielle Hypertonie |
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7. |
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Brusterkrankung links. |
Für die Behinderung zu 7. war dabei entsprechend der versorgungsärztlichen Stellungnahme der Ärztin Dr. R in M vom 8.1.1999 aufgrund des Befundberichts von Prof. Dr. Z in O vom 21.9.1998 (Diagnose Mammacarcinom) ein GdB von 80 zugrundegelegt worden. Die Behinderungen zu 1. bis 6. bedingten nach der früheren versorgungsärztlichen Stellungnahme der Ärztin Dr. Raddatz vom 14.12.1998 jeweils einen GdB von 20, 30, 10, 10, 10, 10.
Im März 2004 trat der Beklagte in eine Überprüfung ein und zog einen Befundbericht einschließlich weiterer ärztliche Unterlagen von der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. J in M vom 1.4.2004 bei und holte eine versorgungsärztliche gutachtliche Stellungnahme des Arztes für Arbeits- und Umweltmedizin Dr. D in F vom 6.5.2004 ein, der von einer Heilungsbewährung der Behinderung zu 7. ausging und den GdB hierfür mit 30 und den Gesamt-GdB mit 50 ansetzte.
Mit Schreiben vom 25.5.2004 hörte der Beklagte die Klägerin zu der beabsichtigten Herabsetzung des GdB auf 50 an.
Die Klägerin äußerte sich hierzu ausweislich der Verhandlungsniederschrift des Amts für soziale Angelegenheiten in Mainz vom 17.6.2004.
Hierzu veranlasste der Beklagte eine versorgungsärztliche Stellungnahme der Ärztin Dr. F in M vom 16.7.2004 und stellte mit Bescheid vom 21.7.2004 einen GdB von 50 fest, wobei die Behinderung zu 7. nun als "Brusterkrankung links mit Operation, Radiatio und Chemotherapie, Narbenschmerzen" bezeichnet wurde.
Im Widerspruchsverfahren trug die Klägerin vor, es sei ausweislich der Berichte des Orthopäden Dr. Sch-B in M vom 30.6. und 10.8.2004 eine Verschlimmerung der Fußbeschwerden links eingetreten. Außerdem längen noch Arthrosen der linken Hüfte und der linken Fußzehe vor.
Der Beklagte zog einen Befundbericht des Frauenarztes Dr. N in M vom 26.9.2004 bei und holte eine versorgungsärztliche gutachtliche Stellungnahme der Ärztin Dr. H in M vom 2.12.2004 ein.
Mit Schreiben vom 11.1.2005 hörte der Beklagte die Klägerin nochmals zu der beabsichtigten Herabsetzung des GdB auf 50 an. Die Klägerin äußerte sich hierzu mit Schreiben vom 17.1.2005.
Mit Widerspruchsbescheid vom 1.2.2005 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.
Der hiergegen erhobenen Klage hat das Sozialgericht Mainz (SG) nach Mitteilung mit Schreiben vom 16.8., abgeschickt am 18.8.2005, an die Beteiligten, dass es eine Entscheidung nach § 131 Abs. 5 SGG durch Gerichtsbescheid erwäge, mit Gerichtsbescheid vom 19.9.2005 insoweit stattgegeben, als es den Bescheid des Beklagten vom 21.7.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 1.2.2005 aufgehoben hat. Zur Begründung hat es ausgeführt, es sei eine Aufhebung und Zurückverweisung an den Beklagten nach § 131 Abs. 5 SGG gerechtfertigt, weil im Hinblick auf die von der Klägerin im Widerspruchsverfahren vorgelegten Berichte des Orthopäden Dr. Sch-B in M vom 30.6. und 10.8.2004 sowie von Dr. J in M vom 1.4.2004 weitere umfangreiche Ermittlungen, Befunderhebungen, evtl. Gutachten, erforderlich seien, die über das Einholen eines ärztlichen Befundberichts hinausgingen.
Der Beklagte hat gegen den ihm am 21.9.2005 zugestellten Gerichtsbescheid am 7.10.2005 Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 5.10.2005 begründet.
Der Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mainz vom 19.9.2005 insoweit aufzuheben, als die angefochtenen Bescheide ohne in der Sache zu entscheiden nach § 131 Abs. 5 SGG aufgehoben worden sind.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Sie trägt vor, das SG habe die angefochtenen Bescheide aufgehoben, eine Zurückverweisung sei im Tenor nicht ausgesprochen worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie der Schwerbehindertenakte des Amts für soziale Angelegenheiten in M Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung des Senats...