Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. keine Kostenübernahme von Einfrieren und Lagern männlichen Samens wegen befürchteter Zeugungsunfähigkeit durch Krebsbehandlung
Orientierungssatz
Das Einfrieren und Lagern männlichen Samens wegen befürchteter Zeugungsunfähigkeit durch eine kombinierte Chemo- und Bestrahlungstherapie ist keine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung.
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Koblenz vom 9.1.2009 wird zurückgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Umstritten ist ein Anspruch auf Erstattung von Kosten für die Kryokonservierung und Lagerung von Samenzellen des Klägers und ein Anspruch auf zukünftige Übernahme der Kosten der Lagerung dieser Samenzellen durch die Beklagte.
Der 1968 geborene Kläger ist bei der Beklagten krankenversichert. Im März 2008 wurde bei ihm ein Rektumkarzinom diagnostiziert, zu dessen Behandlung eine kombinierte Chemo- und Bestrahlungstherapie erfolgte. Auf ärztlichen Rat ließ der Kläger wegen befürchteter Zeugungsunfähigkeit eine Kryokonservierung eigener Samenzellen vornehmen. Unter dem 30.4.2008 beantragte der Kläger bei der Beklagten schriftlich die Gewährung der Kryokonservierung als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung. Bereits zuvor hatte er am 18.4.2008 mit einem Mitarbeiter der Beklagten ein Telefongespräch hierüber geführt. Der Kläger reichte der Beklagten am 30.4.2008 eine Rechnung des Kryozentrums M vom 22.4.2008 über einen Betrag von 565,56 € für die am 17.4.2008 erfolgte Kryokonservierung sowie die Lagerung eigener Samenzellen für einen Zeitraum von bis zu sechs Monaten ein.
Durch Bescheid vom 19.5.2008 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers ab. Zur Begründung führte sie aus: Ein Leistungsanspruch des Klägers scheide aus, da die Maßnahme der Familienplanung diene. Durch die Einfrierung und das Aufbewahren der Samenzellen werde weder eine Krankheit behandelt noch würden Krankheitsbeschwerden gelindert oder vor einer Verschlimmerung bewahrt. Mit seinem hiergegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, Beamte hätten in vergleichbarer Situation nach den beihilferechtlichen Vorschriften einen Anspruch auf eine Kryokonservierung von Samenzellen (Hinweis auf Bundesverwaltungsgericht - BVerwG - 7.11.2006 - 2 C 11.06). Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 10.7.2008 zurück. Ergänzend führte sie an: Nach Nr 4 der gemäß § 92 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) erlassenen Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses umfassten die von der gesetzlichen Krankenversicherung zu tragenden Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung Leistungen nicht, die über die eigentliche künstliche Befruchtung hinausgingen. Die beihilferechtlichen Grundsätze seien auf die gesetzliche Krankenversicherung nicht übertragbar. Darüber hinaus seien die Voraussetzungen eines Kostenerstattungsanspruchs nach § 13 Abs 3 SGB V bereits deshalb nicht erfüllt, weil der Kläger vor der Durchführung der Kryokonservierung nicht bis zu ihrer (der Beklagten) Entscheidung über die Gewährung der Leistung als Sachleistung abgewartet habe.
Am 6.8.2008 hat der Kläger Klage erhoben. Er hat eine weitere Rechnung des Kryozentrums M über 121,69 € für die Lagerung der Samenzellen in der Zeit vom 17.10.2008 bis zum 17.4.2009 eingereicht. Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des angefochtenen Bescheides zu verurteilen, die Kosten in Höhe von 687,25 € zu erstatten, sowie die Beklagte zu verurteilen, auch die weiteren Kosten der Lagerung von Spermien über eine Lagerzeit von sechs Monaten hinaus zu ersetzen. Durch Gerichtsbescheid vom 9.1.2009 hat das Sozialgericht (SG) die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Es fehle bereits an dem erforderlichen Leistungsantrag des Klägers vor der Inanspruchnahme der selbstbeschafften Leistung. Eine Notfallbehandlung habe nicht vorgelegen. Im Übrigen bestehe auch kein Sachleistungsanspruch auf die Kryokonservierung von Samenzellen nach § 27 SGB V. Das Urteil des BVerwG vom 7.11.2006 (aaO) beziehe sich auf Beihilfevorschriften und sei für die vorliegend zu treffende Entscheidung nicht einschlägig.
Gegen diesen ihm am 22.1.2009 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 20.2.2009 eingelegte Berufung des Klägers, der vorträgt: Das SG habe seine Klageabweisung zu Unrecht darauf gestützt, dass er nicht rechtzeitig einen Leistungsantrag gestellt habe. Es habe insoweit verkannt, dass er auch die Verurteilung der Beklagten zur zukünftigen Gewährung der Lagerung der Samenzellen als Sachleistung begehrt habe. Zu beachten sei auch, dass er bereits am 18.4.2008 telefonisch die Kostenübernahme beantragt habe und ihm zuvor die Notwendigkeit einer vorherigen Antragstellung nicht bekannt gewesen sei. Ihm sei es weder möglich noch zumutbar gewesen, eine vorherige Entscheidung ...