Entscheidungsstichwort (Thema)
Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Urlaubsabgeltung. dauerhafte Arbeitsunfähigkeit. rentenunschädlicher Hinzuverdienst. - siehe dazu anhängiges Verfahren beim BSG: B 13 R 35/17 R
Orientierungssatz
Zur Anrechenbarkeit einer vom Arbeitgeber gezahlten Urlaubsabgeltung als ein "Arbeitsentgelt aus einer Beschäftigung" iS von § 96a SGB 6, wenn ab Rentenbeginn für eine Beschäftigung des Versicherten jede tatsächliche Grundlage entfallen ist, weil es aufgrund der dauerhaften Arbeitsunfähigkeit des Versicherten an einer Tätigkeit nach Weisungen und einer Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers iS des § 7 Abs 1 S 2 SGB 4 fehlt.
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 17.07.2015 wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerinnen für das Berufungsverfahren.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Rückforderung von Rentenzahlungen wegen des Überschreitens der Hinzuverdienstgrenze.
Der 1958 geborene und 2017 verstorbene Versicherte war ab dem 21.03.2007 wegen einer akuten myeloischen Leukämie arbeitsunfähig. Von der Beklagten bezog er ab dem 01.10.2007 eine Erwerbsminderungsrente auf Zeit bis zum 30.06.2009 (Bescheid vom 01.07.2008). Im Anschluss wurde die Rente wegen voller Erwerbsminderung mit Bescheid vom 25.03.2009 als Dauerrente weitergewährt. Den Rentenbewilligungen lag ein Leistungsfall am 21.03.2007 zu Grunde.
Im Dezember 2011 übersandte der Versicherte einen Vergleich des Arbeitsgerichts Koblenz vom 06.09.2011, in dem sich der Arbeitgeber verpflichtete, als Urlaubsabgeltung 5.104,00 Euro brutto zu zahlen. Die Zahlung erfolgte im Oktober 2011.
Die Beklagte holte eine Auskunft des Arbeitsgerichts ein, wonach das Arbeitsverhältnis des Versicherten am 15.11.2010 beendet worden war.
Die Beklagte teilte dem Versicherten mit, dass nach ihrer Auffassung die Urlaubsabgeltung zu einem Wegfall des Rentenanspruches im Oktober 2011 geführt habe, weil sämtliche Hinzuverdienstgrenzen mit der Zahlung überschritten worden seien. Zur beabsichtigten Aufhebung der Rentenbewilligung im Oktober 2011 und der Rückforderung der Rente in Höhe von 1.138,46 Euro erhalte der Versicherte Gelegenheit zur Stellungnahme (Schreiben vom 06.02.2012).
Der Versicherte machte geltend, er sei seit dem Jahr 2006 arbeitsunfähig erkrankt gewesen und habe eine zunächst befristete Erwerbsminderungsrente erhalten. Auch wenn das Arbeitsverhältnis bis zum 15.11.2010 ungekündigt fortbestanden habe, sei es nicht mehr gelebt worden. Die wechselseitigen Hauptpflichten seien erloschen gewesen. Das Arbeitsverhältnis sei zum Ruhen gebracht worden. Eine tatsächliche Arbeitsleistung sei nicht mehr erbracht worden. Die Urlaubsabgeltung aus der Zeit seiner Arbeitsunfähigkeit und Erwerbsminderung dürfe nicht als Hinzuverdienst gemäß § 96a Sozialgesetzbuch - Sechstes Buch - (SGB VI) berücksichtig werden.
Mit Bescheid vom 27.02.2012 hob die Beklagte den Bescheid vom 25.03.2009 für den Monat Oktober 2011 auf und forderte von dem Versicherten die Zahlung von 1.138,46 Euro.
Der Versicherte erhob Widerspruch. Er verwies auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 10.07.2012, B 13 R 85/11 R, in dem entschieden worden sei, dass eine Jahressonderzahlung und eine Urlaubsabgeltung kein rentenschädlicher Hinzuverdienst im Sinne des § 96a Abs. 1 SGB VI sei, weil diese Zahlungen nicht aus einer Beschäftigung während des Bezuges der Rente wegen voller Erwerbsminderung stammten.
Den Widerspruch des Versicherten wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 11.09.2013 zurück.
Am 23.09.2013 hat der Versicherte bei dem Sozialgericht Koblenz erhoben.
Er hat geltend gemacht, mit Beginn der Arbeitsunfähigkeit und auch während des nachfolgenden Rentenbezuges sei von ihm eine Arbeitsleistung nicht mehr erbracht worden. Eine Gehaltszahlung sei ebenfalls nicht mehr erfolgt. Nach der Rechtsprechung des BSG im Urteil vom 10.07.2012, B 13 R 85/11 R, habe das Beschäftigungsverhältnis geruht, so dass die im Oktober 2011 gezahlte Urlaubsabgeltung nicht als Hinzuverdienst anzurechnen sei.
Das Sozialgericht hat durch Urteil vom 17.07.2015 den Bescheid der Beklagten vom 27.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.09.2013 aufgehoben. Es hat ausgeführt, die Aufhebung der Rentenbewilligung für Oktober 2011 gemäß § 48 Abs. 1 Sozialgesetzbuch - Zehntes Buch - (SGB X) sei rechtswidrig. Der Betrag in Höhe von 1.138,46 Euro sei zu Unrecht von dem Versicherten zurückgefordert worden. Eine wesentliche Änderung der Verhältnisse im Sinne der genannten Vorschrift sei nicht eingetreten, weil das im Oktober 2011 dem Versicherten gezahlte “Urlaubsentgelt„ kein anrechenbares Einkommen im Sinne des § 96a Abs. 1 SGB VI sei. Somit sei die Hinzuverdienstgrenze entgegen der Auffassung der Beklagten nicht überschritten worden.
Gegen das ihr am 31.07.2015 zuge...