Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Vergütungsanspruch für einen stationären Krankenhausaufenthalt. Wirksamkeit und Verfassungsmäßigkeit der Qualitätssicherungs-Richtlinie zum Bauchaortenaneurysma. Anforderungen an einen Leitungslehrgang. Weiterbildung zum Leiter einer Pflege- oder Funktionseinheit im Gesundheitswesen

 

Orientierungssatz

1. Die in der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über Maßnahmen zur Qualitätssicherung für die stationäre Versorgung bei der Indikation Bauchaortenaneurysma - Qualitätssicherungs-Richtlinie zum Bauchaortenaneurysma QBAA-RL (juris: QBAARL) geregelten zwingenden Qualitätsvorgaben sind wirksam und verletzen die betroffenen Krankenhäuser nicht in ihrem Grundrecht der Berufsfreiheit aus Artikel 12 Abs 1 GG, wenn sie Träger dieses Grundrechts sind (vgl BSG vom 1.7.2014 - B 1 KR 15/13 R = SozR 4-2500 § 137 Nr 4).

2. Unter Berücksichtigung des Zwecks der QBAA-RL, die Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität der Versorgung von Patienten mit Bauchaortenaneurysma zu sichern und eine qualitativ hochwertige Versorgung der Patienten zu gewährleisten und zu verbessern (vgl § 2 QBAA-RL), müssen auch die personellen und fachlichen Anforderungen des § 4 Abs 3 QBAA-RL einem gewissen Standard unterliegen. Vor diesem Hintergrund und Zweck der Richtlinie kann nicht jeder von einem Weiterbildungsträger selbstständig konzipierte Lehrgang als "Leitungslehrgang" im Sinne der QBAA-RL ausreichend sein (hier: Teilnahme an einem modularen Führungskurs über lediglich 268 Stunden in einem Weiterbildungszentrum des Betreibers eines Krankenhauses).

 

Normenkette

SGB V § 137 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 109 Abs. 4 S. 3, § 39; KHEntgG § 7 Abs. 1 S. 1; GG Art. 12 Abs. 1

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 19.04.2016; Aktenzeichen B 1 KR 28/15 R)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 13.06.2013 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Restvergütung einer Krankenhausbehandlung in Höhe von 6.875,01 € nebst Zinsen.

Die Klägerin betreibt ein nach § 108 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zugelassenes Krankenhaus, in dem vom 18.01.2010 bis 08.02.2010 der bei der Beklagten krankenversicherte, 1935 geborene G. B.(im Folgenden: Versicherter) wegen eines Bauchaortenaneurysmas vollstationär behandelt wurde. Am 25.01.2010 wurde ein rekonstruktiver Gefäßeingriff - aorto-iliacaler Bifurkationsbypass mittels einer 19/8/8 Gelsoft-Dacron-Prothese mit proximalem End-zu-End Anschluss Inlay und distal End-zu-Seit auf die iliaca externa beidseits und Reimplantation der A. mesenterica inferior - vorgenommen. Postoperativ wurde der Versicherte kardiopulmonal stabil und beatmet auf die Intensivstation 10/8 (Herz-Thoraxchirurgische Intensivstation) des W. Klinikums I verlegt; am zweiten postoperativen Tag erfolgte die Verlegung des Versicherten auf die Normalstation. Am 22.02.2010 rechnete die Klägerin die Behandlung unter Zugrundelegung der DRG-Fallpauschale F08D (Rekonstruktive Gefäßeingriffe ohne Herz-Lungen-Maschine, ohne komplizierende Konstellation, ohne thorakoabdomiales Aneurysma , mit komplexem Eingriff, mit Mehretagen- oder Aorteneingriff oder Reoperation , ohne äußerst schwere CC) mit einem Betrag in Höhe von 9.120,40 € ab. Die Klägerin legte dabei u.a. die Prozedur nach OPS 301 5 384.74 (Resektion und Ersatz (Interposition) an der Aorta: abdominales, infrarenal : Mit Bifurkationsprothese biiliakal bei Aneurysma ) zu Grunde. Die Beklagte beglich diese Rechnung am 17.03.2010 in voller Höhe. Am 30.03.2010 verrechnete sie den Rechnungsbetrag in voller Höhe mit Ansprüchen der Klägerin aus anderen Behandlungsfällen und zahlte wegen der Behandlung des Versicherten lediglich einen Betrag in Höhe von 2.245,39 € erneut an die Klägerin aus. Dieser Betrag ergibt sich für die Behandlung des Versicherten ohne Berücksichtigung der Prozedur nach OPS 5 384.74 Gegenüber der Klägerin begründete die Beklagte die Absetzung damit, dass nach der Überprüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) von März 2010 - Grundsatzstellungnahme “Prüfung der Konformitätserklärung zur Qualitätssicherungsvereinbarung zum Bauchaortenaneurysma „ von Dr. L./Dr. M. von der Klägerin die Voraussetzungen der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) über Maßnahmen zur Qualitätssicherung für die stationäre Versorgung bei der Indikation Bauchaortenaneurysma - Qualitätssicherungs-Richtlinie zum Bauchaortenaneurysma vom 13.03.2008 QBAA-RL (BAnz Nr. 71 S. 1706) in der Fassung vom 17.12.2009 (BAnz Nr. 198 S. 4576) nicht vollumfänglich erfüllt seien. Deshalb sei die Rechnung “um die OPS„ zu kürzen. In der Grundsatzstellungnahme heißt es unter Punkt 8, dass die Klägerin die Frage, ob die Stationsleitung(en) der Intensivstation einen Leitungslehrgang abgeschlossen hat (haben) mit “Nein„ beantwortet habe. Der Leiter der Intensivstation beginne im Sommer ein berufsbegleite...

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