Entscheidungsstichwort (Thema)
Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs. Bezug einer anderen Sozialleistung. Rente wegen voller Erwerbsminderung. Vergleichbarkeit der französischen Invaliditätsrente der Kategorie 2
Orientierungssatz
Bei einer französischen Invaliditätsrente der 2. Kategorie handelt es sich um einen vergleichbaren Anspruch auf eine andere Sozialleistung iS des § 142 Abs 1 S 1 Nr 3 iVm Abs 3 SGB 3, die zum Ruhen des Arbeitslosengeldanspruchs führt.
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Speyer vom 25.06.2012 - S 4 AL 252/10 - aufgehoben und die Klage abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Arbeitslosengeld (Alg) bei gleichzeitigem Bezug einer französischen Invaliditätsrente (pension d'invalidite) der Kategorie 2.
Der 1953 geborene Kläger ist im Elsass wohnhaft. Seit 1974 war er als Maschineneinrichter in W versicherungspflichtig beschäftigt. Ab März 2008 war er arbeitsunfähig erkrankt und bezog Krankengeld bis 09.09.2009.
Der Kläger erhält seit 09.09.2009 eine französische "Arbeitsunfähigkeitsrente" (Invalidenrente) in Höhe von (iHv) monatlich 262,75 €. Es handelt sich um eine Rente der Kategorie 2 mit einem Berechnungssatz von 50 %. Ausweislich des vorgelegten Titels über die Arbeitsunfähigkeitsrente vom 18.09.2009 beruht die Rentengewährung darauf, dass der Kläger nach Ansicht der zuständigen französischen Krankenversicherung (C ) eine Arbeitsunfähigkeit aufweise, die seine Arbeits- bzw Verdienstfähigkeit um mindestens 2/3 reduziere.
Ein parallel in Deutschland geführtes Rentenverfahren war aus Sicht des Klägers zunächst erfolglos. Mit Bescheid vom 02.09.2009 und Widerspruchsbescheid vom 24.06.2010 lehnte die Deutsche Rentenversicherung Rheinland-Pfalz die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ab. Der Kläger könne noch leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung zu ebener Erde und in geschlossenen Räumen vollschichtig verrichten. Er sei nicht außer Stande gewesen, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Im anschließenden Verfahren vor dem Sozialgericht Speyer wurde dem Kläger im Urteil vom 13.06.2012 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 01.09.2011 befristet für die Dauer von 3 Jahren aufgrund einer Verschlossenheit des Arbeitsmarktes zuerkannt (S 17 R 739).
Nach dem Bezug von Krankengeld meldete sich der Kläger am 06.08.2009 mit Wirkung zum 10.09.2009 bei der Beklagten arbeitslos und arbeitsuchend und beantragte Alg.
Mit Bescheid vom 29.01.2010 und Widerspruchsbescheid vom 17.02.2010 lehnte die Beklagte den Antrag auf Zahlung von Alg ab. Der Anspruch des Klägers ruhe, weil er Rente wegen voller Erwerbsminderung erhalte (§ 142 Abs 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III)). Wegen des Ruhens dürfe Alg nicht gezahlt werden. Dem Kläger sei von einem französischen Sozialleistungsträger Rente der Kategorie 2 zuerkannt worden. Französische Renten der Kategorien 2 und 3 an Invalide, die keine Erwerbstätigkeit ausüben könnten, seien mit der in Deutschland zu gewährenden Erwerbsunfähigkeitsrente vergleichbar. Der Anspruch auf Alg ruhe daher wegen dieser ausländischen Sozialleistung.
Hiergegen hat der Kläger am 14.05.2010 bei dem Sozialgericht Speyer (SG) Klage erhoben.
Er hat zur Begründung vorgetragen, dass der französische Versicherungsträger gerade nicht festgestellt habe, dass er gar keine Erwerbstätigkeit mehr ausüben könne, sondern vielmehr dass seine Erwerbsfähigkeit um mindestens 2/3 reduziert sei. Schon aus der Dienstanweisung der Beklagten zu § 142 SGB III gehe hervor, dass ausländische Renten wegen Erwerbsminderung stets mit der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung vergleichbar seien, sofern sich aus den Besonderheiten der Leistung keine Vergleichbarkeit mit der Rente wegen voller Erwerbsminderung ergebe. Eine solche Vergleichbarkeit setze voraus, dass ein besonders hohes Maß an Invalidität festgestellt und/oder auf eine gegenüber der Regelleistung erhöhte Rente erkannt worden sei. Eine Invaliditätsrente iHv brutto 262,75 € monatlich nach einem rund 35-jährigen Arbeitsleben sei allenfalls mit einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung gleichzusetzen. Er weise weder ein besonders hohes Maß an Invalidität auf, noch beziehe er eine gegenüber der Regelleistung erhöhte Rente.
Die Beklagte hat demgegenüber darauf hingewiesen, dass es unerheblich sei, in welcher Höhe die ausländische Sozialleistung gezahlt werde. Bei der französischen Invalidenrente der Kategorie 2 handele es sich um eine der Deutschen Rente wegen voller Erwerbsminderung konzeptionell und funktional vergleichbare Sozialleistung. Denn diese setze voraus, dass keine Erwerbstätigkeit mehr ausgeübt werden könne.
Das SG hat mit Urteil vom 25.06.2012 den Bescheid der Beklagten vom 29.01.2010 in der Gestalt des Widerspruchsb...