Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Angemessenheit der Unterkunftskosten. selbst genutzte Eigentumswohnung. Instandhaltungsrücklage und Kabelfernsehgebühr
Leitsatz (amtlich)
Ist der Arbeitsuchende als Eigentümer einer Eigentumswohnung Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft, sind auf ihn umgelegte und nicht abwendbare Kosten einer Instandhaltungsrücklage und eines Kabelanschlusses als Kosten der Unterkunft nach § 22 SGB 2 zu übernehmen.
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 28.5.2008 sowie die Bescheide der Beklagten vom 2.12.2004 und 2.5.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.6.2006 abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin weitere Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 1.1. bis 30.9.2005 in Höhe von 38,97 € monatlich zu gewähren.
2. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten beider Instanzen zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Umstritten ist die Höhe des Anspruchs der Klägerin auf Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 1.1. bis 30.9.2005. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte Kosten einer Instandhaltungsrücklage sowie des Kabelanschlusses als Kosten der Unterkunft und Heizung zu übernehmen hat.
Die 1946 geborene alleinstehende Klägerin bewohnt eine Eigentumswohnung. Sie musste im Jahr 2005 an die Eigentümergemeinschaft u.a. eine jährliche Instandhaltungsrücklage von 355,57 € sowie Kabelanschlusskosten von 112,08 € zahlen. Die Beklagte bewilligte ihr durch Bescheide vom 2.12.2004 (für den Zeitraum vom 1.1.2005 bis zum 30.6.2005) und 2.5.2005 (für den Zeitraum vom 1.7.2005 bis 30.9.2005) Leistungen nach dem SGB II, wobei sie weder die Instandhaltungsrücklage noch die Gebühr für den Kabelanschluss als Kosten der Unterkunft und Heizung berücksichtigte. Den hiergegen von der Klägerin eingelegten Widerspruch wies sie durch Widerspruchsbescheid vom 23.6.2006 zurück. Zur Begründung führte sie aus: Die Kosten für die Instandhaltungsrücklage und den Kabelanschluss seien nach den Vorschriften des SGB II nicht erstattungsfähig. Die Instandsetzungsrücklage diene nicht der Deckung eines aktuellen Unterkunftsbedarfs, sondern der Ansparung für den Erhaltungsaufwand. Sie habe insoweit vermögensbildenden Charakter und sei daher nicht als Unterkunftsbedarf zu berücksichtigen. Die Kosten für die Nutzung eines Breitbandkabelanschlusses zählten allenfalls bei Mietwohnungen zu den berücksichtungsfähigen Aufwendungen für die Unterkunft, sofern es dem Hilfebedürftigen nicht möglich sei, die Übernahme dieser Nebenkosten vertraglich auszuschließen (Hinweis auf Verwaltungsgerichtshof - VGH - Baden-Württemberg 16.2.2001 - 7 S 2253/99). Bei Eigenheimen und Eigentumswohnungen liege es in der Hand des Eigentümers, den Breitbandkabelanschluss seines Hauses oder seiner Wohnung an das Kabelnetz durch den Einbau einer Filter- oder Sperrdose zu blockieren und so diese Kosten zu vermeiden.
Mit ihrer am 10.8.2006 erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Das Sozialgericht (SG) hat die Klage durch Urteil vom 28.5.2008 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Klägerin habe keinen Anspruch auf höhere Leistungen. Bei Eigentumswohnungen gehörten zu den vom SGB II-Träger zu übernehmenden Aufwendungen jedenfalls die in § 7 Abs 2 Nr 1 bis 5 der Verordnung zu § 76 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) genannten Ausgaben. Eine Instandhaltungsrücklage zähle hierzu nicht, da diese der Bildung eines zweckbestimmten Vermögens diene und Leistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge, zu denen auch die Leistungen nach dem SGB II gehörten, nicht zu einer Vermögensbildung führen dürften. Die Kosten eines Kabelanschlusses seien nur erstattungsfähig, wenn sie im Mietvertrag fest an die Miete der Wohnung gekoppelt seien und nicht vermieden oder verringert werden könnten. Ausgehend davon seien diese Kosten nicht übernahmefähig.
Gegen dieses ihr am 16.6.2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 20.6.2008 Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Der Senat hat durch Beschluss vom 26.2.2009 die Berufung zugelassen.
Die Klägerin trägt vor: Eine Rücklage für Instandhaltungskosten sei Teil der Unterkunftskosten (Hinweis auf Landessozialgericht - LSG - Baden-Württemberg 26.1.2007 - L 12 AS 3932/06; Sozialgericht - SG - Lüneburg 21.7.2005 - S 25 AS 311/05). Die Instandhaltungsrücklage stehe nicht zur Disposition des einzelnen Wohnungseigentümers, sondern werde nach § 21 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) durch die Wohnungseigentümerversammlung bindend für sämtliche Wohnungseigentümer beschlossen. Auch die Kabelfernsehgebühren seien vom SGB II-Träger zu übernehmen (Hinweis auf Bundesverwaltungsgericht - BVerwG 12.12.1995 - 5 C 28/93; SG Freiburg 9.11.2007 - S 12 AS 567/07). Das von ihr bewohnte Haus verfüge nicht über eine Gemeinschaftsantenne. Sie könne nicht frei entscheiden, ob sie den Kabelanschluss haben wolle, weshalb sie die Anschlussgebühr nicht vermeiden könne.
Die ...