Verfahrensgang

SG Mainz (Urteil vom 12.02.1982; Aktenzeichen S 1 Ar 93/81)

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 12.04.1984; Aktenzeichen 7 RAr 27/83)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 12. Februar 1982 abgeändert:

Der Bescheid des Arbeitsamts Bielefeld vom 8. Mai 1981 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. August 1981 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger für die am 1. April 1981 begonnene Ausbildung zum Masseur und medizinischen Bademeister berufsfördernde Leistungen zur Rehabilitation zu gewähren.

2. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.

 

Tatbestand

Mit der Berufung begehrt der Kläger weiterhin die Förderung seiner Ausbildung zum Masseur und medizinischen Bademeister nach den Vorschriften über berufsfördernde Leistungen zur Rehabilitation. Die streitige Maßnahme hat am 1. April 1981 in der Rehabilitations- und Ausbildungsstätte für Massage in M. Gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung, begonnen. Inzwischen wird sie seit April 1982 in einer Praxis für physikalische Therapie in H. fortgesetzt.

Der 1959 geborene Kläger ist von Geburt an erheblich sehbehindert. Bei einer Untersuchung durch die Vertrauensärztliche Dienststelle der Landesversicherungsanstalt (LVA) Westfalen am 11. Juli 1977 betrug die Sehkraft beiderseits nur 5 %. Inzwischen hat sich das Leiden noch weiter verschlimmert. Nach der Hauptschule besuchte der Kläger ab 1. September 1975 eine Handelsschule, die er jedoch vorzeitig verlassen mußte, weil er nicht mitkam. Ab August 1976 arbeitete er zunächst als Spuleneinleger in einer Frottierweberei. Diese Tätigkeit erwies sich jedoch schon bald als zu gefährlich für ihn. Nach einer Beratung im Berufsförderungswerk Düren im Dezember 1977 entschloß er sich deshalb, sich zum Masseur ausbilden zu lassen. Zu diesem Zweck nahm er in der Zeit vom 13. März 1978 bis 24. März 1979 an einer blindentechnischen Grundausbildung und einer Vorschulung für die beabsichtigte Ausbildung teil. Die damals erstmalig am 2. April 1979 ebenfalls in der Rehabilitations- und Ausbildungsstätte für Massage in M. begonnene Ausbildung zum Masseur und medizinischen Bademeister mußte er wegen eines Meniskusschadens bereits am 17. Mai 1979 wieder abbrechen. Auch die danach im Juli 1979 im Berufsförderungswerk D. eingeleitete Ausbildung zum Telefonisten konnte er aus gesundheitlichen Gründer nicht beenden. Kostenträger für diese Maßnahmen war stets die LVA Westfalen.

Nach Wiederherstellung seiner Arbeitsfähigkeit nahm der Kläger im Februar 1900 eine Tätigkeit als Kneter in einer Süßwarenfabrik auf. Da ihm diese Tätigkeit zusagte und er glaubte, einen Dauerarbeitsplatz gefunden zu haben, verzichtete er zunächst auf weitere berufsfördernde Maßnahmen. Das Arbeitsverhältnis wurde vom Arbeitgeber zum Ende der Probezeit von sechs Monaten gekündigt. Es wurde zwar darüber hinaus noch einige Zeit befristet fortgesetzt. Dem Kläger wurde aber vom behandelnden Arzt nach einem Betriebsunfall geraten, die Tätigkeit als Kneter aufzugeben. Deshalb beantragte er am 15. August 1980 die nunmehr streitige erneute Förderung einer Masseurausbildung. Mit Schreiben vom 14. Oktober und Bescheid vom 20. Oktober 1980 lehnte die LVA Westfalen die erneute Förderung ab und verwies den Kläger an die Beklagte. Da der Kläger die nunmehr gemäß § 1236 Abs. 1 a der Reichsversicherungsordnung (RTO) geforderten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfülle, sei sie für die erneute Förderung nicht mehr zuständig.

Daraufhin übernahm der Kreis … als örtlich zuständiger Sozialhilfeträger die Ausbildungskosten von täglich 77,40 DM. Daneben erhielt der Kläger aber aus Mitteln der Sozialhilfe kein Übergangsgeld, sondern lediglich ein Taschengeld von monatlich 85,– DM sowie Kostenerstattung für eine Familienheimfahrt im Monat.

Mit Bescheid vom 8. Mai 1981 und Widerspruchsbescheid vom 4. August 1981 lehnte das Arbeitsamt Bielefeld die vom Kläger begehrte Förderung der Masseurausbildung mit Gewährung von Übergangsgeld durch die Beklagte ab. Nach der gemäß § 58 Abs. 2 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG) erlassenen Anordnung ihres Verwaltungsrats über die Arbeits- und Berufsförderung Behinderter (A-Reha) habe die Beklagte keine Möglichkeit, die erstmalige Ausbildung eines Behinderten zum Masseur zu fördern. Die vom Kläger erstrebte Ausbildung als Masseur und medizinischer Bademeister erfülle keine der in § 15 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a bis c: A-Reha geforderten Voraussetzungen. Es handele sich dabei nicht um eins betriebliche oder überbetriebliche, sondern um eine schulische Ausbildung, die von der Beklagten nach § 15 Abs. 2 A-Reha nicht zu fördern sei. Darüber hinaus gehöre der Beruf des Masseurs und medizinischen Bademeisters nicht zu den nach § 15 Abs. 1 A-Reha allein zu fördernden Berufen. Es handele sich um einen durch besonderes Bundesgesetz geregelten Beruf, nicht aber um einen anerkannten Ausbildungsberuf, ein Gewerbe, einen Ausbildungsgang oder ei...

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